© Werner Berens – Sven Ostermann streckt die Schnur
“Kontinuierliche Verbesserung” wird uns am Arbeitsplatz vermittelt, sei der einzige Weg Produkte und Dienstleistungen dauerhaft und nachhaltig erfolgreich am Weltmarkt zu positionieren. “Lebenslanges Lernen” – freiwillig, beständig und intrinsisch motiviert – der Schlüssel zu persönlichem Glück und Arbeitsplatzsicherung. Bei genauerer Überlegung sind beide Konzepte nicht nur für den Job relevant, sondern lassen sich ebensogut aufs Privatleben umlegen. Eine Menge neuen Stoff möchte ich mir bei meinem neuen Arbeitgeber beibringen. Warum also nicht den Schwung ins Hobby hinüber mitnehmen. Mich auf die nächste Wiese stellen, neugierige Hunde und süffisante Fragen ‘ob sie den heute beißen’ ignorieren und das vom Winter eingerostete Muskel Memory wieder stärken.
Die Wochenenden während der letzten zwei Monate waren wenig einladend Zeit draußen zu verbringen. Gedanklich eingestimmt aufs vergangene Wochenende, als ich endlich so gut es ging versuchte, enge Schlaufen entlang des Baumsaums unter der frühlingshaften Sonne durch die Luft zu ziehen, hatte ich mich mit diesem Beitrag von Sven Ostermann. Denn als EFFA zertifizierter Wurflehrer weiß er wovon er spricht. Texte, Fotos oder Videos sind natürlich kein Ersatz für das Erkennen wie es sich anfühlt, wenn beim Rückschwung die Schnur absackt, wenn die große Schlaufe Kraft und Schwung aus dem Wurf nimmt, wenn sich das Vorfach nicht wie gewünscht abrollt.
Wie wir aber ohne die Gelegenheit für eine Casting Clinic, alle unser gängigen Fehler selbst erkennen und korrigieren, wird Sven Ostermann in einem zweiteiligen Beitrag mit uns teilen.
Das Werfen mit der Fliegenrute ist meines Erachtens leichter, als vielfach angenommen. Der hat gut Reden, denken Sie jetzt vielleicht, aber nicht vergessen:
Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen
Drei wichtige Dinge sind für den Erfolg Voraussetzung.
1. üben
2. viel üben
3. noch mehr üben
Nur durch genügend Praxis und Beharrlichkeit gewöhnt sich die Muskulatur bzw. der ganze Körper an die zugegeben komplexen Bewegungen beim Werfen mit der Fliegenrute. Ich mache leider zu oft die Beobachtung, dass viele, die mit dem Fliegenwerfen beginnen zwei Arten von Fehlern begehen. Einerseits scheuen sie sich – in Erwartung unqualifizierter Kommentare – sich auf die grüne Wiese oder sonst wo hinzustellen und einfach zu werfen. Andererseits wird vielfach zu lange geübt. Das muss doch verflixt noch mal hinzubekommen sein. Falscher Ehrgeiz am falschen Platz kann ich da nur sagen. Gerade beim Anfänger ist die Gefahr von Verkrampfungen in der Muskulatur besonders groß. Die Folge ist, dass die Rute mehr oder weniger gefühllos hin- und hergepeitscht wird.
Fliegenwerfen ist jedoch Gefühlssache. Also, trainieren Sie oft, aber nicht zu lange. Zumindest am Anfang. Ja ich weiß wie schwer das ist, aber glauben Sie mir, ein viertel Stündchen jeden Tag oder zumindest größere Pausen zwischen den Übungssequenzen bringen mehr, als andauerndes Werfen bis zur Erschöpfung. Schließlich soll’s ja Spaß machen.
Werfen wir nun einen Blick auf die unergründlichen Geheimnisse, warum bei einem guten Werfer die Schnur mit dieser ach so beneidenswerten Leichtigkeit durch die Luft fliegt. Warum die Schnurschlaufe so eng und die Schnur so ruhig, wie mit dem Lineal gezogen, sich nach vorn und hinten ausstreckt. Warum die Schnur beim Schießenlassen wie ein geölter Blitz durch die Ringe zischt.
Ganz einfach: Der Werfer hat gelernt, die physikalischen Gesetze, denen wir alle unterliegen, zu meistern und sich zunutze zu machen.
Wenn man vielen “erfahrenen Werfern” so zuhört, verliert man leicht den Blick für das Wesentliche. Jeder gibt Tipps wie: Du musst die Rute so und nur so halten oder der rechte Fuß muss beim Stand hinten sein. Ein anderer meint, es ist besser, den rechten Fuß vorne zu haben und so weiter und so fort. Mein Vorschlag:
Bleiben Sie offen für alle Dinge die sie hören, sehen und lesen.
Probieren Sie selbst aus, was für Sie am besten ist, womit Sie zurechtkommen. Machen Sie nicht den Fehler und konzentrieren sich nur auf einen Stil, denn Sie werden ohnehin in ihrer Werferkarriere unterschiedliche Stile durchleben. Purismus hat leider mehr mit Engstirnigkeit als mit Können zu tun.
Sicherlich hat jeder Wurfstil seine Berechtigung und Vorteile, da er ja aus den jeweiligen Umständen heraus entstanden ist. Dazu fällt mir gerade ein kluger Satz ein, den ich von Heinz Weiland einmal hörte:
„Der beste Wurfstil ist der, den man beherrscht”
Alle Wurfstile haben jedoch gewisse Gemeinsamkeiten, unterliegen den gleichen Gesetzmäßigkeiten, die ich nachfolgend zusammenfassen möchte:
Lars Linden says
Im Text hat sich leider ein kleiner Fehler eingeschlichen. Es ist nämlich egal, ob die Rute einen konvexen oder konkaven Weg beschreitet, in beiden Fällen erzielt man eine “offene” Schlaufe. Die Birne bzw. das Tailing Loop entsteht bei einer kurzfristigen Abweichung von der Geraden, diese kann natürlich wiederum konkav / konvex sein.
Tankred Rinder says
Danke für den Hinweis – würde mich freuen, wenn der Autor den Diskussionsball aufgreift. Grüße, Tankred