Flächendeckender NSA Abhörskandal, militärische Absetzung des ägyptischen Präsidenten, gewaltsame Niederschlagung der Proteste im Istanbuler Gezi Park. So jagte ein erschütterndes Ereignis in den letzten Wochen das andere. Und egal wie sehr diese Vorkommnisse uns an unsere Bildschirme fesseln, das unersättliche Verlangen einer nach ständig neuer Stimulation gierenden Mediamaschinerie, lässt uns von einer Tragödie zur nächsten Not zappen. Und die Opfer der schrecklichen Erlebnisse lösen sich dabei aus unseren Gedächtnissen auf, wie morgendliche Dunstschwaden in der sich erwärmenden Frühsommersonne. Zieht der Tross der Berichterstatter einmal ab, bleibt wenig davon in Erinnerung – zumindest für den Beobachter aus der Ferne.
Denn nach der Bewältigung der akuten Probleme, richtet sich die Aufmerksamkeit einer betroffenen Öffentlichkeit bereits auf die nächste Katastrophe. Zurück bleiben die Betroffenen, vor den Ruinen ihres Daseins und im Gefecht mit weiteren zerstörerischen Kräften, die sich im Zerren zwischen Hilfestellung und Wiederaufbau den Ball der Verantwortungsübernahme gegenseitig zuschieben. Für den medialen Betrachter mögen diese Geschehnisse rasch aus dem Sinn sein. Für die Opfer schließen sich die Wunden langsam und hinterlassen den Anblick einer grässlichen Narbe, die nur langsam verheilt.
So auch für Raffaela Hönel, deren feine Fliegenfischerboutique gleichen Namens vor wenigen Wochen weggespült wurde, von den verheerenden Unwettern in Zentral- und Osteuropa dessen Hochwässer zwei Dutzend Leben auslöschten und zehntausende an den finanziellen Abgrund trieben. Ihr erinnert Euch?
Vor acht Jahren hatte Raffaela die Idee, ihre beiden Leidenschaften zu verbinden. Für die gelernte Modedesignerin – die sich seit dem Beginn der Ausübung ihres Hobbies darüber wunderte, dass Fischerei – und Watbekleidung von und für Männer gemacht ist, ohne Rücksicht auf die wachsende Zahl an Fliegenfischerinnen und deren Kleidungsästhetik – lag der Schritt nahe funktionelle Kleidung zu entwerfen, die auch modische Vorstellungen erfüllte. So wurde eine Kollektion an Jacken, Westen und Hosen entworfen, die sich zum einen an europäischen Damengrößen orientierte und vielleicht noch wichtiger, an Chic und Eleganz etwas hergab.
Das Modelabel RH Style war geboren und ergänzte das Sortiment an Fliegen, das bislang online gehandelt wurde. Der Erfolg ließ dabei nicht lange auf sich warten und der Traum der eigenen Verkaufsräume mit einem Sortiment an femininen Bekleidungsartikeln, erschwinglichen Ruten, Rollen und Zubehör wurde zur Realität. Mit Elan und Ehrgeiz wurde ein Ladenlokal aufgebaut und Raffaelas gewinnende Art, Kundenorientierung und Netzwerkfähigkeit zog über die Jahre eine stetig wachsende Kundschaft an. Das Ziel, dass zweite Standbein zur Haupteinkommensquelle werden zu lassen, schien greifbar.
Wickelte Raffaela keine Käufe ab, entwarf sie keine neue Kollektion, oder zeichnete sie sich nicht als leitende Angestellte im Kössener „Institut für Modedesign und Technik” verantwortlich, dann wurden Rute, Rolle und Kescher in die Hand genommen und Forelle & Äsche in der Großache nachgestellt.
Jener Großache, einem 79km langen Fluß der an drei aufeinander folgenden Tagen von 31.05. – 02.06. 2013 in der Tiroler Gemeinde Kössen in jeweils 24 Stunden 200 Liter Regen pro Quadratmeter aufnehmen wird. Mitte der 90’er Jahre noch wurde die Flusssohle der Großache im 30km südlich von Kössen gelegenem Kirchdorf, um beinahe zwei Meter gesenkt und die durchschnittliche Breite des Flusses von 20-40 Metern über eine Strecke von fast sieben Kilometern verdreifacht. Das Ziel dabei war es für Jahrhunderthochwasser gerüstet zu sein und einen raschen Abfluss bei Hochwässern zu ermöglichen.
Und so schob sich das von einhundert Hangrutschen und Muren, schlammig verfärbte und mit Treibgut gefüllte Gewässer rasant auf die bayrische Chiemgauer Entenlochklamm zu. Die Verklausung jedoch an dieser idyllischen Engstelle, sorgte für den gefürchteten Rückstau und gebannt mussten die Bewohner Kössens beobachten, wie der Wasserpegel rapide anstieg. Felder, Strassen und das Ortsgebiet und zugleich alles was sich der über die Ufer tretenden Großache in den Weg stellte wurde begraben.
Auch der Traum, den florierenden Handel von Raffaela Hönel Flyfishing weiter auszubauen, das Sortiment mit weiterer frauenfreundlicher Watbekleidung zu ergänzen und Fliegenfischerinnen im In- und Ausland mit Ware zu versorgen, die nicht nur funktionell sondern auch bequem und schick ist. Im rasch von der Außenwelt abgeschnittenen Kössen füllten sich der Keller und die Räumlichkeiten des Geschäfts und begrub Ausstattung und Ware unter sich. Verlieh die eiligst herbeigeilte Hilfe öffentlicher als auch privater Natur Hoffnung, die geretteten Artikel in einem Sonderkauf im nur in wenigen Wochen renovierten Laden wieder anzubieten, wurde diese Zuversicht durch die Inspektion eines Sachverständigen zu Nichte gemacht. Der Substanzschaden am einhundertzwanzig Jahre alten Gebäude, das den liebevoll gestalteten Laden beherbergt, muss nun von Grund auf behoben werden.
Der schleunigst eingerichtete Katastrophenfonds wird nicht im Eiltempo sein Füllhorn über die privat, als auch gewerblich geschädigten Kössener ausgießen. Und der ebenfalls erheblich in Mitleidenschaft gezogene Privatbesitz von Raffaela Hönel verfügt nun auch nicht mehr über die Kapazität, die geretteten Ruten und Bekleidung, mit all den anderen den Fluten in letzter Minute entrissenen Sachwerten zu beherbergen. Und Versicherungen? Nun ja, die Mühlen der Finanzdienstleister mahlen gelegentlich langsam, wie man so hört.
Wer nun also spontan und unbürokratische einer Zunftskollegin in ihrer Not beistehen möchte und sich für stark reduzierte Ruten – seit der Katastrophe getrocknet und fein säuberlich gereinigt – und ähnliches interessiert, der findet unter Raffaela Hönel Flyfishing, eine große Auswahl an Abverkaufsware.
Ach, habe ich schon erwähnt, dass die gesamte Infrastruktur des über tagelang überschwemmten Kössen, stark beschädigt wurde? Ergo, Bestellungen der Ware nach Besichtigung des oben stehenden, um seine Kaufabwicklung beraubten Shop Links, bitte persönlich an: raffaela_hoenel[at]abst-institut.de
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Völker Krause says
Es freut mich sehr, dass Du Dich für Michaela einsetzt! Sie kann es wirklich brauchen! Man kann sich kaum vorstellen, was so ein Unglück bedeutet!
Gruß Volker
Tankred Rinder says
Hallo Volker,
Raffaelas Aufruf zur Unterstützung aufzugreifen war selbstverständlich. Mer kenne uns, mer helfe uns!
VG Tankred