Die manchmal am wenigsten analysierte Komponente der Ausrüstung eines Fliegenfischers scheint das Vorfach zu sein. Unzählige Recherchestunden und Euros werden für die Beschaffung von Ruten, Rollen und selbst Fliegenschnüren ausgegeben. Dem Ausrüstungsteil den Forelle & Äsche aber am nächsten kommen mit Ausnahme der Fliege, wird viel zu selten die Aufmerksamkeit geschenkt die für das erfolgreiche Fliegenfischen erforderlich ist. Woher beziehe ich diese Annahme?
Eine Suche im Fliegenfischer-Forum nach übergeordneten Ausrüstungsbegriffen wirft 1.149 Seiten für Ruten, 471 für Rollen und 253 für Vorfächer auf. Bevor ich mich aber dem durchaus komplexen Thema Vorfachzusammenstellung widme, möchte ich einen Blick auf unterschiedlichstes Vorfachmaterial werfen. Denn bereits das Wissen um Materialeigenschaften erlaubt einen Rückschluss auf das relevanteste Anwendungsgebiet.
Die am Markt befindlichen Vorfachmaterialien werden übergeordnet als Monofil bezeichnet. Also Garne oder Fäden bestehend aus einem einzigen Filament. Sowohl Nylon, als auch Fluorocarbon sind Monofile.
Gerne wird allgemein von Nylonvorfächern gesprochen, auch wenn Nylon ein Markenname der Firma DuPont ist und erstmals 1935 als synthetischer Faden, hergestellt aus Polyamid Bekanntheit erlangte. Ein entsprechendes Äquivalent wären die aus deutscher Erzeugung stammenden Perlon bzw. Dederon.
Neben Monofilen – bestehend aus einem Polyamid Filament – sind Copolymere als Vorfächer erhältlich. Diese sind Polyamide unter Beimischung eines oder mehrerer Zusatzstoffe. Die besten Polyamidschnüre werden heutzutage damit hergestellt.
Somit gibt es im Fachhandel drei geläufige Vorfachmaterialien: Nylon, Copolymer, Fluorocarbon. Preislich unterscheiden sich alle drei gehörig und die Auflistung entspricht dem Preisgefälle. Fluorocarbon befindet sich dabei am oberen Ende der Skala.
Worin unterschieden sich diese nun in ihren Eigenschaften und in welchem Hauptanwendungsgebiet kann das jeweilige Material überzeugen.
Nylon / Copolymer:
Über Jahrzehnte war dieses Material das vorherrschende Vorfach im Handel und wird auch heut noch fleißig vertrieben. Wer hauptsächlich mit der Trockenfliege oder oberflächennah fischt, wird auch in erster Linie auf dieses Vorfach zurückgreifen. Das Vorfach soll beim Trockenfliegenfischen so wenig als möglich sinken, abgesehen von der Vorfachspitze die man entfettet. Nylon / Copolymer überzeugt durch gute Schwimmfähigkeit, auch wenn es rascher Wasser aufsaugt als Fluorocarbon. Mit Nachfetten lässt sich dieser Nachteil aber kompensieren und die Schnur behält die gewünschte Schwimmfähigkeit bei.
Durch die größere Absorption von Wasser verschlechtert sich aber auch die Abriebfestigkeit rascher als bei anderen Schnüren. Dem Einfluss von UV Licht sind Nylonschnüre auch stärker ausgesetzt, wodurch dieses Vorfach bei schlechter Lagerung, etwas anfälliger für Schnurbrüche ist. Die höhere Dehnung von Nylon / Copolymer wiederum ist vorteilhaft beim Fischen auf geringere Distanz. Beim Anhieb wird ein Bruchteil der Energie dabei absorbiert und schützt somit vor Vorfachbrüchen.
Nylon / Copolymer sind zugfester als Fluorocarbon, weisen dafür aber etwas weniger Sensibilität auf. Was für die Primäranwendung – Oberflächen- bis Mittelwasserfischerei – von keiner großen Bedeutung ist. Eine feine Übertragung in die Fingerspitzen spielt bei dieser Form der Fischerei eine geringere Rolle.
Fluorocarbon:
Diesem Monofil wir ein ein eng gesteckter Einsatzbereich nachgesagt. Aus der Sicht eines Bach- und Flussfischers mag diese Betrachtungsweise auch zutreffend sein. In einigen Aspekten punktet Fluorocarbon jedoch besonders stark. Es weist eine höhere Dichte als Wasser auf und sinkt somit rasch unter die Oberfläche. Ein Vorteil für den Stillwasser- und Meeresfischer, der um das rasche Absinken des Vorfachs bemüht ist, um seine Beute auch in größeren Tiefen zu suchen. Natürlich sinken alle Vorfächer früher oder später, doch ein rasches Abtauchen ist z. B. beim Fischen vom treibenden Boot enorm vorteilhaft.
Zudem absorbiert Fluorocarbon kein Wasser und behält somit die angegebene Bruchfestigkeit. Durch seine geringe Dehnung eignet es sich auch besonders beim Distanzfischen und sorgt somit bei Bissen in großer Entfernung für ein sicheres Haken der Beute. Durch die härtere Beschichtung ist es auch weniger anfälliger für Abreiben an steinigem Untergrund oder Muschelbänken, UV-Einfluss oder Chemikalien.
Zu guter Letzt weist Fluorocarbon einen niedrigeren Lichtbrechungsindex auf als Nylon / Copolymer und erscheint Unterwasser beinahe unsichtbar – zumindest für das menschliche Auge. Ob diese Eigenschaft auf das Sichtvermögen von Fischen genau so umzulegen ist, wird noch immer von manchen Wissenschaftlern angezweifelt.
Eine Auswahl an Nylon / Copolymer und Fluorocarbon beim Ausflug ans Wasser mitzuführen ist somit sinnvoll. Widmet man sich der Oberflächen- und Mittelwasser Fischerei, ist ersteres das passendere Material, denn das Vorfach soll nicht tiefer im Wasser liegen als die Fliege. Der Nymphenfischer und Streamerangler wiederum wird die Sinkfähigkeit von Fluorocarbon zu schätzen wissen. Durch seine Sensibilität und geringe Dehnung spielt es auch beim Distanzfischen eine entscheidende Stärke aus.
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