© Matthew Eastham – North Country Angler
Zum Abschluss der Serie zum klassischen flussauf Nymphenfischen, entmystifiziert North Country Angler Matthew Eastham die Besonderheiten dieser erfolgreichen Suchtaktik zum Aufspüren von Forelle & Äsche. Vom Wahl der Rute, Vorfachzusammenstellungen, Schnurführung zu Wattechniken.
Flussaufwärts Nymphenfischen – ein Fazit by Matthew Eastham
Generell ist mein Set-up und die Herangehensweise für das stromauf Nymphenfischen während der kompletten Saison sehr einfach. Ich mag etwas längere Ruten, auch wenn ich kein Fan der 11′ Gerten bin, die am extremen Ende der einarmigen Fliegenruten in Mode gekommen sind. Seit dem letzten Jahr hat es mir die Vielseitigkeit der Greys Streamflex XF2 angetan. Einer 9’6″ Rute der Gewichtsklasse 3 welche durch ein 6″ Verlängerungsstück – dass bei Nichtgebrauch im Handteil untergebracht wird – und durch das Anstecken zwischen den beiden unteren Rutenteilen, zu einer etwas weicheren 10′ Rute verlängert werden kann. Anfänglich hatte ich diese Rute und insbesondere das Verlängern durch das Extrateil als Gimmick abgetan. Nach einem ausführlichen Test war ich aber sofort von ihr begeistert. Somit deckt diese, zusammen mit einer eher kräftigeren Sage XP 9′ der Gewichtsklasse 3 meine Anforderungen, um aufs Beste auf alle Eventualitäten des Nymphenfischens vorbereitet zu sein.
In der Regel mache ich ein Vorfach von eineinhalb Rutenlängen und verwende dabei durchgängig und unverjüngt Stroft ABR (0.12-0.18mm abhängig von der jeweiligen Situation, zumeist jedoch 0.14mm). Diesem Set-up füge ich einen Springer ungefähr 50-60cm vor der Vorfachspitze hinzu. Ein Duo kleiner Nymphen vervollständigt die Montage. Nach dem Entfetten des Vorfachs und dem Einfetten der Schnurspitze mit etwas Mucilin, bin ich startbereit. Selbstverständlich bedarf es gegebenenfalls dazu Anpassungen: höhere Wasserstände oder tiefere Gumpen bieten sich an, eine dritte Nymphe anzuknoten; bei stark flussabgerichtetem Wind oder räumlichen Begrenzungen schränke ich die Montage auf eine Nymphe ein und baue in das Vorfach einen 1.50m langen verjüngten Leader ein. Doch die anfangs beschriebene Montage reicht für die meisten Verhältnisse während der Forelle & Äsche Saison aus.
Die elementare Vorraussetzung ist einfach: werft die Nymphen an kurzer Schnur stromauf, verfolgt den Verlauf der Schnur und achtet auf ungewöhnliche kleine Bewegungen – Stöße, Zuckungen, ein langer Zug, das ‘Stehenbleiben’ oder Spannen der Schnur – sozusagen jeder Ablauf der vom gleichmäßigen Abtreiben der Schnur abweicht. Auf jede dieser Unregelmäßigkeiten muss man mit einem Anhieb reagieren. Häufig werdet ihr einen Hänger an einem Hindernis feststellen und dennoch muss auf jede Anomalie im Schnurverlauf eingegangen werden als wäre es der Biss eines Fisches – denn in der Mehrzahl der Fälle sind tatsächlich Forelle & Äsche dafür verantwortlich. Hält man sich mit wenigen Würfen an der selben Stelle auf bewegt sich zügig dabei flussauf, wird man die Topographie des Flussbetts kennen lernen und dabei die Stellen ausmachen an denen sich Forelle & Äsche aufhalten, wenn sich diese nicht an der Oberfläche zeigen lassen. Zudem überlistet man den ein oder anderen Fisch, während man gespannt Ausschau auf die ersten Anzeichen eines Schlupf hält. Dieser Prozess – sich ständig in Bewegung zu halten – mag auf den ersten Anschein fremd erscheinen. Doch mit einiger Übung geht er in Fleisch und Blut über und weite Abschnitte können dabei in kurzer Zeit zurück gelegt werden. Die Methode ist sichtlich einfacher zu demonstrieren als zu beschreiben, aber die unten angeführten Punkte werden dabei behilflich sein, die Aspekte zu verdeutlichen die mir anfangs schwer fielen. Führt man sich diese Punkte vor Augen und übt man diese Techniken, dann wird das stromauf Nymphenfischen schnell zur selbstverständlichsten und erfolgreichsten Suchmethode im eigenen Repertoire.
1. Kurze Schnur…..nein, noch kürzer!!
Auf die Schnurkontrolle kommt es an. Werft fischträchtige Stellen nicht an, sondern watet vorsichtig an diese Spots ran und präsentiert die Nymphen an kurzer, kontrollierter Schnur innerhalb eines 5m Radius sofern möglich. Sicherlich nicht weiter als 10m. Typischerweise befindet sich eine Rutenlänge ausserhalb des letzten Rutenrings, vielleicht zwei, unter Umständen sogar weniger. Bedarf es des Schnureinholens während diese flussab treibt, wird diese mit Achterschlaufen der Schnurhand aufgenommen. Der Wurf mag durchaus so kurz sein, um praktisch mit einer ‘fixed line’ zu fischen und die Kontrolle der Schnur sowie den Kontakt zur Fliege mit Heben der Rutenspitze zu ermöglichen.
2. Hoch mit der Rutenspitze
Kommt man vom Stillwasserfischen zum Flussfischen, kann das Begreifen dieses Konzepts gewöhnungsbedürftig sein. Auf alle Fälle war es das für mich, als auch einige meiner Freunde die ebenfalls ihre Erfahrungen zuerst am Stillwasser sammelten. Instinktiv neigen Neulinge am Fluss, ihre Ruten in Richtung Wasseroberfläche wie man es typischerweise von Nymphen- oder Streamer Techniken an Seen und Talsperren kennt. Der Flussangler macht das selten, egal welche Technik angewandt wird. Der Schlüssel zum Verständnis hierzu ist abermals in der Schnurkontrolle zu suchen, um die abtreibende Schnur vor den Kräften sich abwechselnder Strömungen an der Wasseroberfläche zu schützen. Sobald die Nymphen auf das Wasser auftreffen, sollte der Fischer die Rutenspitze in einer gleichmäßig zunehmenden Bewegung aufrichten, damit die Spannung – ganz leichte Spannung – beibehalten und der geringste Kontakt eines Fisches mit einem Anhieb begegnet wird.
3. Der abtreibenden Schnur zuvorkommen
Damit meine ich, dass das Einholen der Schnur oder das Anheben der Rutenspitze, zumindest an die Fliessgeschwindigkeit angepasst werden muss. Kommt man beim Einholen der Schnur nicht mit der Geschwindigkeit des Flusses mit, kräuselt sich die Schnur und treibt unterhalb des Rutenarms. Der Verlust über die Spannung und die Kontrolle der Schnur geht häufig einher mit der Haltung der Rutenspitze und kann nur schwer vermieden werden, wenn die Rute zu flach geführt wird. In anderen Worten, achtet auf die Spannung der durchhängenden Schnur und verliert nicht den Anschluss mit der Fliessgeschwindigkeit. Das bedeutet vielleicht, schnelles permanentes Werfen, harte Arbeit und einiges an Kopfzerbrechen in zügig fliessenden, von vielen Strömungen gebrochenen Flüssen – willkommen zum flussauf Nymphenfischen!
4. Bewegt euch, macht Strecke
Neulinge am Flussfischen, die vom Stillwasser oder anderen Disziplinen kamen, aber auch einige erfahrenen Flussfischer die es eigentlich besser wissen sollten, vergessen gerne darauf. Flussauf Nymphenfischen ist eine Suchtaktik, bei der man viel Weg zurück legt und auf opportunistische Fische abzielt. Mehr als zwei, drei Würfe an die exakt selbe Stelle zu platzieren erreicht wenig. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit ständig in Bewegung zu sein und dabei Stück für Stück den Fluss für sich zu erschliessen, die Nymphen in jeden erdenklichen Winkel zu befördern, beharrlich sich dem Strom des Flusses entgegen zu setzen, zu werfen, beobachten und Konzentration bewahren. Mir wurde einmal mitgeteilt: “egal wie schnell du denkst am Fluss voran zu kommen, durchkämme ihn zwei mal so schnell und du näherst dich einer optimalen Produktivitätsphase.” Was nicht heissen soll, sich wie ein Verrückter flussauf zu bewegen. Es bedeutet nicht mehr und nicht weniger als konsequent voran zu kommen, fächergleich seine Würfe in alle nur erdenklich Standorte zu platzieren, flächendeckend das vorgefundene Gewässer zu befischen während man zielstrebig stromauf pirscht. Macht es nicht dem Reiher gleich, bleibt in Bewegung.
5. Konzentration
Unter Einsatz aller bislang genannten Aspekte, mag das flussauf Nymphenfischen wie ‘zu viel Augenmerk zur selben Zeit’ erscheinen. Mir erging es anfangs jedenfalls so. Euer Konzentrationsvermögen wird am allermeisten leiden. Es kann nicht verleugnet werden, dass das Waten flussauf auf unebenem Grund, gegen die rasche Strömung, physisch als auch mental herausfordernd sein kann. Sich auf die Schnur und kleinste Bewegungen in dieser zu konzentrieren, kann unter geeigneten Vorraussetzungen schwierig genug sein. Somit erscheint es anfangs beinahe unmöglich, das gesamte Wissen um diese Besonderheiten anzuwenden…zumindest so lange bis das Muskelgedächtnis sich mit den vorgefundenen Bodenstrukturen instinktiv zurecht findet. Und dennoch, manchen Fischern entgehen etliche Bisse da sie sich nicht entsprechend auf das funktionale Ende der Montage konzentrieren. Ich stand einst neben einem Fischer der vier oder fünf Bisse übersah, weil er auf einen unübersehbaren Zug stromauf seiner Schnur wartete. Passt auf wie ein Schiesshund und hebt die Rute zum Anhieb, beim kleinsten noch so subtilem Hinweis – und schickt euch an überraschen zu lassen. Natürlich könntet ihr euch das Leben einfacher machen und mit einem Duo aus Nymphe und Trockenfliege fischen, oder sogar einen Bissanzeiger am Vorfach anbringen – doch darum geht’s euch wohl nicht oder? Ist man erst geübt, fällt es leicht die volle Konzentration auf die Schnurspitze zu richten und dabei zwischen den Würfen Ausschau zu halten, nach kleinen Vorkommnissen an der Wasseroberfläche, die den Hinweis geben auf Veränderung im Tagesgeschehen und den daraus resultierenden Anlass die Methode für den Fang von Forelle & Äsche zu ändern.
6. Macht euch Gedanken wie und woher die Bisse kommen
Abschliessend sei gesagt, dass sobald die ersten Fische am Haken enden, können die Umstände unter denen ihr diese an den Haken bekommen habt, nützliche Hinweise für das weitere Vorgehen sein. Es ist erstaunlich wie oft Forelle & Äsche sich zu bestimmten Zeiten aus einer ‘Mikro-Umgebung’ eines Pools fangen lassen. Wenn man z.B. sich durch einen Pool fischt und alle Bisse aus dem Gumpenauslauf stammen, kann man sich so gut wie darauf verlassen, im nächsten Pool mit ähnlicher Tiefe und Fliessgeschwindigkeit, ebenso dort seine Fänge zu erzielen. Erfolgen die Bisse kurz nach dem Eintauchen der Nymphe ist das ein Hinweis, das die Fische zu Bewegung bereit sind (‘on the fin’) und darauf eingestellt sind sich zu ihrer Beute hinzubewegen. Ein Wechsel zu leichteren Nymphen wäre in diesem Fall sinnvoll, insbesondere wenn die Bisse auf die Springerfliege erfolgen. Natürlich gilt auch im umgekehrten Fall und das selbst im Sommer. Es mag dann erforderlich sein mehr Tiefe zu erlangen und seine Nymphe zwischen die Steine zu bringen, wenn Forelle & Äsche am Grund stehend nicht gewillt sind, nur einige Zentimeter davon abzurücken. Wenn ihr – wie ich es gerne betreibe – eine Kombination aus einer eintönigen Nymphe und einer farbenfroheren mit ein wenig Glanz fischt, achtet ihr darauf welche der beiden besseren Anklang findet? Lässt die Färbung des Wassers Rückschlüsse auf diese Wahl zu? War es die Form des Musters, oder die Position am Vorfach die dafür ausschlaggebend waren? Schlüpfen in erster Linie Baetide, Caddis, Heptagenide oder andere und passt ihr die Form der gewählten Nymphe an die auftretenden Insekten an? Darüber muss sich der Nymphenfischer Gedanken machen, dazu muss er sich Fragen stellen.
Ich hoffe die im Beitrag angeführten Hinweise sind für den beginnenden Nymphenfischer von Hilfe. Ich bin mir dessen bewusst, dass Nymphenfischen ein weitreichendes Feld mit vielen Unterbereichen und Eigenheiten ist. Die im ‘Von Nymphen und Nymphenfischen I-IV‘ vorgestellten Prinzipien werden Euch jedoch mit einem guten Grundgerüst der elementaren Kenntnisse dazu ausstatten und den Neuling mit einem guten Maß Selbstvertrauen ausstatten, wenn sich die Frage nach der Richtigkeit der Anwendung stellt. Den besten Tip den ich jedoch geben kann, ist sich in die Hände und Kurse erfahrener Fischer zu begeben. Leistet euch einen Guide – eine gute Investition, glaubt mir!
Eine weitere nützliche Quelle ist Oliver Edwards fein gestaltete DVD Serie ‘Essential Skills’. Die Videos sind eine erstklassige Einführung in alle Flussfischen Anwendungen – Trocken, Nass, Nymphe, Streamer – , ein Einstieg in die Entomologie und ein Lehrwerk für naturalistisches Fliegenbinden. Ein Muss für den angehenden Flussfischer.
Unser Buch ‚Nymphenfischen – Geheimnisse entlarvt‘ ist ab sofort erhältlich
Von Nymphen und Nymphenfischen – pt. 3
Von Nymphen und Nymphenfischen – pt. 2
Von Nymphen und Nymphenfischen – pt. 1
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Stefan says
Hallo Tankred,
wirklich interessanter Beitrag zum Nymphenfischen, ich bin erst kürzlich darauf gestoßen.
Eine Frage hätte ich noch zur Greys “Streamflex” Plus. Wie wirft sich denn die Rute ohne Verlängerungsstück auf kurze und mittlere Distanzen? Bin noch auf der Suche nach einer Rute, die sowohl zum Trockenfliegenfischen als auch zum Nymphenfischen auf kurze Distanz geeignet ist, da ich nach Möglichkeit nicht immer zwei Ruten mitschleppen mag.
Grüße,
Stefan
Tankred Rinder says
Hallo Stefan,
danke für das Kompliment zu diesem Beitrag. Ich fische keine “Streamflex” Plus – der von Dir gelesene Beitrag wurde mir zur Übersetzung zur Verfügung gestellt. Somit kann Dich nur zu Produktbesprechungen weiterleiten, denen ich als Käufer absolut vertrauen würde. Von Greys Ruten bin ich allgemein sehr begeistert – im Grunde genommen Hardy Ruten für etwas kleinere Budgets, die es aber in vieler Hinsicht mit teureren Material, egal welches Herstellers oft aufnehmen und nicht selten sogar überbieten können.
Interessant, dass sich die Rutenaktion durch das extra Teil verändert und sich dadurch für zwei unterschiedliche Anwendungen eignet. Eine schnellere Aktion für das Werfen von Fliegenschnur und eine etwas weichere Aktion für das Fischen unter der Rutenspitze. Siehe dazu die Produktbeschreibung eines Händlers meines Vertrauens.
https://www.johnnorris.co.uk/shop/ty_130-fishing-rods/9762-greys-xf2-streamflex-plus-fly-rods-3362.html
Hier ein Testbericht aus Flyfishing & Flytying, dass ich seit Jahren im Abo habe.
http://flyfishing-and-flytying.co.uk/reviews/view/greys_xf2_streamflex_plus_9ft_6in_5_41pce/
Und der Testbericht eines mir gut vertrauten englischen Fliegenfischers – er ist zwar ein Pro Team Mitglied von Hardy Greys, sein Urteil ist aber sicherlich ausgewogen.
http://yorkshiredalesflyfishing.blogspot.de/2013/01/unsuitable-tackle.html
Ich hoffe Dir ein wenig weitergeholfen zu haben und wünsche Dir viel Erfolg bei der Wahl Deiner Rute.
Tight lines
Tankred
Stefan says
Hallo Tankred,
vielen Dank für deine schnelle Antwort. Auf den verlinkten Seiten wird die Rute durchweg positiv bewertet, ich werde sie mir wohl mal genauer anschauen, da ich das Konzept schon recht interessant finde.
Grüße,
Stefan
Veit Dresmann says
Hi Tankred,
wir haben uns kürzlich in der Nachbarschaft kennen gelernt und hatten uns darauf verständigt, mal ein Bierchen zusammen zu trinken. Ich hätte heute Zeit und Lust dazu, nur habe ich leider ich Deine Nummer verschlunzt. Wenn Du diese Nachricht früh genug liest und ebenfalls ambitioniert bist, dann ruf mich doch kurz an.
Viele Grüße und hoffentlich bis gleich
Veit
Tankred Rinder says
Hi Veit,
heute kommt mir leider nicht gelegen; bin mit Arbeitskollegen im Grätzel unterwegs. Ich schicke Dir gleich eine SMS, sodass wir an einem anderen gemütlichen Abend übers Fliegenfischen in der Eiffel quatschen können. Viele Grüße, tankred
Hans says
Hallo Tankred,
sehr guter und ausführlicher Bericht, Klasse!
Gruß
Hans
Tankred Rinder says
Hallo Hans, freut mich dass Du daraus etwas mitnehmen konntest. Liebe Grüße, Tankred