The Fly Fisher: The Essence and Essentials of Fly Fishing
Vor zwei Monaten erreichte mich unerwartete Mail des Berliner Verlags “Gestalten”. Einem Herausgeber feiner, hochwertig designter, reich bebilderter Buchbände wie man sie aus Läden kennt, die modernen zeitgenössischen Museen angeschlossen sind. Oder aus Läden die sich dem Design und der Ästhetik von Dingen widmen. Oder dem kleinen Geschäft um die Ecke, wo in minimalistisch eingerichteten Verkaufs- und Arbeitsflächen junge und junggebliebene Menschen arbeiten, die sich nicht selten den verächtlichen Blicken und Beschimpfungen der zynischen Neidgesellschaft ausgesetzt sehen, wenn sie versuchen das Traditionelle mit dem Modernen zu verknüpfen. Egal ob in Pfefferboutiquen, dem biologisch kontrollierten Metzger, oder der Kneipe die Abends verkauft, was tagsüber im Hinterhof selbst und trickreich gebraut wird. Es muss mal gesagt werden – Hipster Bashing ist sowas von daneben und Ausdruck von Missgunst und mangelnder Reflexion.
Bereits die erste Zeile der Nachricht ließ mich hellhörig werden. Jan Blumentritt, Fliegenfischer und Art- und Kreativdirektor, und Thorsten Strüben, EFFA zertifizierter Wurflehrer und Loop Markenbotschafter, stecken in Zusammenarbeit mit dem Verlag hinter dem ambitioniertem Buch – The Fly Fisher: The Essence and Essentials of Flyfishing.
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Seit langem bedaure ich es, dass es dem deutschsprachigen Fachverlag für Fliegenfischen, scheinbar etwas an Kreativität und Sinn für das Schöne mangelt. Das Form und Gestaltung eines Buchs, dem Inhalt untergeordnet sind unterschreibe ich bedingungslos. Das ein makelloses Äusseres und die Haptik ein Buch aufwerten und das Wesentliche des Inhalts dadurch elegant freisetzen, ist jedoch mindestens genauso richtig. Besonders bei einer Leidenschaft deren vielen Facetten – die Beute, die Landschaft, die Eleganz des Wurfs, die Detailfreude beim Fliegenbinden, Angelgerät an sich – selbst auch nicht mit Ästhetik geizen. Auch wenn der Sinn für das Anmutende manchmal in den Niederungen der sozialen Medien verloren zu gehen scheint.
Obwohl gerade auch dort DIE Menschen zu finden sind, für die Fliegenfischen mit einem besonderen Lebensgefühl oder sogar einer Lebensaufgabe verknüpft ist. Einige der Macher und Gestalter, für die diese Begeisterung weit mehr verkörpert als nur der Fang von Fischen, werden in ausführlichen Portraits in The Fly Fisher vorgestellt. Nur schade werden jetzt einige raunen, dass selbst unter Einbeziehung einiger deutschsprachiger Protagonisten der Titel auf englisch erschien. Verlagsseitig blickt man wohl auf einen globalen Markt, was mit zunehmender Vernetzung der weltweiten Community Sinn macht.
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Zumal der Fliegenfischer von heute seine Beute nicht nur bei sich zu Hause sucht – trotz des begrüßenswerten und auch in diesem Buch nicht zu kurz kommenden Trends auf die Besinnung der Schätze vor der Haustüre. Und mögen diese auch unter jahrzehntelanger Misshandlung gelitten haben. Wie viele andere Outdoors Aktivitäten bieten schon die Gelegenheit, sich intensiver in die Wirkungsstätte seiner Leidenschaft einzufühlen. Für sich zu klären, welchen ökologischen Fussabdruck das eigene Handeln hinterlässt – bei sich zu Hause und auf Fernreisen? Wie bringe ich mich ein in die Erhaltung eines Naturbereichs, der durch eigene und Fremdnutzung unter Druck gerät?
Wo ist es noch nachhaltig seinen Fisch auch für die Gruppe zu entnehmen? Wo hingegen schade ich einem fragilen Ökosystem? Wenige Bücher zum Fliegenfischen beschäftigen sich mit diesen philosophischen Fragen. Auch wenn der Charakter dieses Buches dazu keine Antworten geben kann, so liefert es Denkanstöße, die eigene Rolle im Biotop Fliegenfischen zu hinterfragen. Egal ob zum Verhalten gegenüber Frauen in einem noch immer männlich dominierten Sport, oder der Bedeutung von Familie und Freundschaft in einer zunehmend fragmentierten Gesellschaft.
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Fliegenfischen ist seit den ersten überlieferten Aufzeichnungen von vor 2000 Jahren einen weiten Weg gekommen. Einen, der die Leidenschaft in der Zwischenzeit in alle Winkel dieser Erde trägt. Auf Fischarten, die vielen unserer Vorgänger wahrscheinlich nicht bekannt waren. Egal ob auf Golden Dorado in Bolivien, Tigerfish in Tanzania oder auf Permit im Golf von Mexico. Dieser Bogen wird in dem Buch überzeugend gespannt. Sind dann alle wichtigen fischereilichen Meilensteine zusammen gefasst, die begehrten Sammlerobjekte abgelichtet und die wichtigsten Grundkenntnisse für den Beginn in eine meist lebenslange Verbundenheit zusammen getragen wird klar: The Fly Fisher ist nicht nur eine Aufeinanderfolge preisverdächtiger Naturfotos. Auch wenn ohne Zweifel der ehrenwerteste Platz dieses Buchs der Coffee Table ist.
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Als ‘Aus der Mitte entspringt ein Fluss’ Anfang der 1990er ins Kino kam, war den Produzenten mit Sicherheit nicht ganz bewusst, für welche Zuwachsraten an Interessierten und Einsteigern der Film sorgen würde. Jetzt ist die Bühne für Bücher im allgemeinen nicht so breit aufgestellt, wie die des Kinos aus Hollywood. Dennoch halte ich es für möglich, dass das Image des Fliegenfischens durch The Fly Fisher eine revitalisierende Injektion erfahren dürfte. Wenn einem breiteren Publikum, egal ob outdoor-, fotografie- oder naturinteressiert, dieser ästhetische Bildband über das Fliegenfischen eine Welt zeigt, die tief in der Tradition verankert ist und zugleich darum ringt, sich neu zu erfinden. Eine neue Generation begeisterter Jungs und Mädels – mit ihren Eigentümlichkeiten, Idealen wie auch Fehlbarkeiten – ist drauf und dran, das Bild des Fliegenfischers neu zu gestalten. Wie gut dass dabei The Fly Fisher: The Essence and Essentials of Fly Fishing beiseite steht.
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Andree Ludwig says
Hallo,bin neu hier!Ich wollte etwas zu dem Buch
“The Fly Fisher” sagen.Ich habe dieses Buch bei
“The Rise” gewonnen und war sehr überrascht
was ich da ergattert habe.Man braucht nicht ständig ein neues Buch,aber dieses hier macht süchtig und begeistert durch eine tolle Aufmachung! Allererste Sahne! Das meine ich auch so.Auf der EWF hane ich per Zufall den Autor kennengelernt(Grafikdesigner) undmir war vieles klar.Ein sehr feinerTyp,wir hatten eine sehr nette Unterhaltung!!
Tankred Rinder says
Hallo André,
willkommen auf Forelle & Äsche. Ich gratuliere Dir zum Gewinn des Buches und bin begeistert von Deiner Rückmeldung dazu. Wusste ich es doch, dass ich mit meiner Meinung zu „The Fly Fisher“ nicht alleine bin.
Beste Grüße, Tankred
Tankred Rinder says
Hallo Darius,
diesen Schritt wirst Du nicht bereuen. Ist ein sehr gelungenes Buch, dessen bestechende Fotografie Sehnsüchte weckt.
Viel Spaß damit und beste Grüße
Tankred
Darius says
Hallo Tankred,
ich bin bereits über das Buch irgendwo im Netz gestolpert. Dank deiner gute Rezension und obwohl in Englisch verfasst, werde ich mir “The Fly Fisher” holen.
Gruß
Darius
Herbeck Andreas says
Es ist ganz einfach – ein wunderbares Buch, dass leider im deutschsprachigem Raum, niemals sein volles Potential darlegen kann. Allein schon deshalb nicht, weil der tiefere Sinn des Buches verschlossen bleibt, ist man der englischen Sprache nicht sehr gut mächtig.
Nicht jeder kann so gut english.
Tankred Rinder says
Begrüße Dich Andreas,
danke für Deinen Kommentar, der die Wahrheit in wenige Sätze verpackt. Noch mehr Feedback dieser Art und der Verlag lässt sich vielleicht wirklich zu einer deutschen Ausgabe ermutigen.
Beste Grüße
Tankred
Tankred Rinder says
Grüß Euch ihr beiden,
bin gespannt ob die Verkaufszahlen in D-A-CH euer Ressentiments wieder geben. Da gestehe ich Betriebsblindheit ein, denn meine Bibliothek ist voll mit englischen Titeln jedes Genres. Wer weiß schon – mehr Feedback dieser Art und die nächste Ausgabe ist vielleicht wirklich bilingual.
Wünsche Euch einen schönen Tag
Tankred
Thorsten K. says
Ich kann mich meinem Vorschreiber nur anschließen.
Eine bilinguale Ausgabe wäre wünschenswert.
Blog@fliegenfischen-deutschland.de says
“The Flyfisher – The Essence and Essentials” ist sicher kein schlechtes Buch….die Illustration sucht bisweilen seines Gleichen……aber warum, zum Teufel, erscheint das Buch alleinig in Englisch. Klar….man erhofft sich (und erreicht bisweilen) ein breiteres Publikum. Somit steigert man die Chancen für eine umsatzstarke und erfolgreiche Auflage.
Kein Zweifel….das Buch ist gut und gespickt mit tollen Bildern – dennoch hätte ich mir tatsächlich eine zweigleisige Vorgehensweise (Splittung in Englisch und Deutsch) gewünscht.
Ein bisschen trübt auch der tendenzielle Hang zu einer schwedischen Marke den doch ansonsten sehr guten Gesamteindruck.
Alles in allem kann ich das Buch schon allein als reinen Bildband wärmstens empfehlen!
Das gute Potenzial, vor allem Hinsichtlich des deutschsprachigen Raums (D-A-Ch) wurde jedoch weit unterschätzt. Zumindest die Hälfte der Auflage hätte ich dann doch in Deutsch vertrieben!!
Aber vielleicht folgt ja noch eine deutsche Version.