Der Wind als nicht zu unterschätzender Faktor bei der Standortsuche von Fischen, beeinflusst maßgeblich den Lebens- und Entwicklungszyklus von Forellen in Seen und Stauseen. Ihn als Gehilfe beim Aufspüren ihres Vorkommens zu verstehen, erhöht die Chancen, an strukturundurchsichtigen Gewässern den richtigen Platz zu wählen.
STRÖMUNGEN
Anhaltende Winde setzen Wasser in Bewegung. Starker, über Tage wehender Wind erzeugt Treibströmungen die unglaubliche Wassermengen bewegen und ungebrochen mehrere Tage am Stück anhalten können. Winde sind auch für Uferströmungen verantwortlich, die ihren Weg entlang von Ufern suchen. Unterwasserströmungen und Rippströmungen die sich unter den Wellen formen und in sich in entgegen gesetzte Richtungen bewegen, bilden sich an Landspitzen und Zungen, an windwärts gerichteten Buchen und kurvigen Dammmauern. Wer bereits in Seen geschwommen ist, erinnert sich vielleicht an das Phänomen des plötzlich auftretenden kühlen Wassers, das die Beine umspült. Um Unterwasserströmungen wahr zu nehmen, beobachtet eure Fliegenschnur – insbesondere langsam sinkende Schnüre und deren Abdriften wenn nicht aktiv bewegt.
Abhängig von der Bodenbeschaffenheit, kann anhaltender Wind Sand und Schlamm aufwirbeln. Die aufgespülten Partikel sammeln sich in einer Strömungsbahn, der sich wie ein dunkler Streifen ausbreitet und gut sichtbar ist. Wer regelmäßig denselben See oder Stausee besucht, tut gut daran sich diese Bahnen merken. Denn mäßige Winde – die fast immer wehen – erzielen denselben Strömungseffekt, auch wenn sich das Wasser dabei nicht verfärbt. Besatzforellen werden in von Fließwasser durchströmten Becken geboren und aufgezogen. Strömungen ziehen diese Forellen auch in ihrem späteren Leben noch an. Zumal die Bewegung des Wassers vor anderen Organismen wie aufsteigenden Zuckmücken und Wasserflöhen nicht Halt macht und diese einfach mitschwemmt.
In garstigen Winden halten sich Fische gerne auch in geschützten Bereichen des Sees auf. In der Regel bevorzugen Forellen aber durchbrochene/ gekräuselte Wasseroberflächen (ripple) – von den Abendstunden mal abgesehen. Zum einen aus Schutz vor Prädation, zum anderen da aufsteigende Insekten, ebenfalls eine leicht bewegte Oberfläche schätzen. Deren geringere Spannung erleichtert Insekten, beim Schlupf den Oberflächenfilm zu durchbrechen. Sich oberflächennah ernährende Forellen findet man deshalb, häufig in dieser Randzone zwischen ruhigem und etwas bewegtem Wasser.
Um Fische in Seen zu finden, schadet es nicht sich Gedanken zu machen, in welchen Wasserverhältnissen sich diese wohl fühlen. Gut temperiertes Wasser zwischen 10-20° ist ideal, da es für Fische die besten Voraussetzungen schafft für die Nahrungsaufnahme, Verdauung und das Wachstum. Um diesen Idealzustand konstant aufrecht zu erhalten, sind Fische sehr sensibel und suchen Regionen auf, die diesen Anforderungen entsprechen.
SAISONALE WINDE
Zu Jahresbeginn wenn Seen und Stauseen noch immer winterliche Wassertemperaturen führen, zielen wir Fischer Plätze an, an denen Erwärmung als erstes stattfindet. Flachwasserregionen allgemein und Ufergebiete, die von milden West- und Südwinden getroffen werden. Die allmählich an Temperatur zunehmende obere Wasserschicht wird an das Ufer gespült und die am Ufer stattfindende Umschichtung des Wassers, erwärmt diese Regionen zuerst. Pflanzenwuchs und Insektenleben wird dadurch gefördert und es dauert nicht lange bis andere Lebewesen, diesem Erblühen der Natur folgen. Forellen finden sich zu dieser Jahreszeit vermehrt in den ufernahen Regionen ein. Weht ein Wind, dessen Temperatur niedriger liegt als die des Wassers, treten sie ebenso rasch ihren Rückzug an in tiefere Seeregionen, wo sie wieder auf konstantere Verhältnisse treffen.
Große Seen und Stauseen erwärmen sich selbst in heißen Sommern relativ langsam, aufgrund der großen Wassermasse. Erreichen die Uferregionen Temperaturen mit mehr als 20° suchen Forellen wieder den Weg in größere Tiefen, wo nun auch durch intensivere Sonnenbestrahlung mehr Nahrung vorzufinden ist. Zudem verlegen sich die Hauptnahrungszeiten von Forellen in die Abend- und Morgenstunden, an denen die Wassertemperaturen der Tagesmitte, in den Randzonen wieder leicht abnehmen. Mit beginnenden Herbst und seinen kühleren Nächten, kehrt sich der durch Winde ausgelöste Effekt wieder um. Windabwärts gelegene Stellen nehmen nun das aus tieferen Schichten umgekehrte Wasser auf und Forellen finden sich wieder in den üppigeren Uferregionen ein. Dort treffen sie nun auf einen reich gedeckten Tisch an hauptsächlich heran wachsender Fischbrut, die in ufernahen Krautfeldern Nahrung und Unterschlupf finden.
WOHER DER WIND WEHT
Die Richtung aus der Winde wehen, beeinflusst Fliegenfischer in zweierlei Hinsicht. Wie besprochen, wirkt sich Wind auf Wassertemperatur und Strömungsverhältnisse aus. Darüber hinaus haben Winde Einfluss auf die Wurffähigkeit unserer Fliegenschnur und bestimmen maßgeblich die geeignete Schnurwahl und angewandte Taktik. Forellen fühlen sich in klarem, bewegtem, erwärmten, – jedoch nicht warmen – Wasser am wohlsten. Bedauerlicherweise werden diese Verhältnisse nicht immer an Ufern angetroffen, die den Wurf der Fliegenschnur begünstigen. Nicht selten finden sich Forellen dort ein, wo windbedingt die Wurffähigkeit der Fliegenschnur am meisten eingeschränkt ist. Mut schöpfen wir aus dem Umstand, dass an windaufwärtigen Stellen kürzere Würfe oft ausreichen, unsere Fliegen inmitten eines Forellentrupps zu befördern.
Stellt man sich einem direkt auflandigen Wind, verlangt diese Situation nach einer Intermediate oder Slow-Sink Schnur. Der geringere Durchmesser von Sinkschnüren unterstützt dabei, mit dem Wurf gegen den Wind anzukämpfen. Mehr noch, die Sinkschnur dringt unter die aufgepeitschten Wellen ein und bessere Kontrolle über die Schnurführung wird dadurch ermöglicht. Schwimmschnüre würden auf der Oberfläche aufliegen und unkontrolliert durch den Wellengang zum Fliegenfischer hingetrieben werden.
Landzungen sind beliebte Spots sowohl von Forellen als auch Fliegenfischern. Der Fliegenfischer kann einem auflandigen Wind entgegenwirken und Ausbuchtungen anwerfen und befischen. Windbedingte Unterwasserströmungen bewegen sich entlang der Uferregion und erfrischen und kühlen, wärmere Wasserzonen. Treffen Kehrströmungen aufeinander konzentrieren die Turbulenzen angespülte Fischnahrung an diesen Stellen. Schwimmschnüre mit Nymphen am Ende des Vorfachs eignen sich in diesen Situationen am besten, naturgetreu die Hauptnahrung von Forellen zu präsentieren. Mit wenig eigenem Zutun, überlässt man dem Wellengang die Nymphen durch das Wasser zu treiben.
Mehr zum Thema gibt es im Buch: ‚Nymphenfischen – Geheimnisse entlarvt‘
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Walter Reisinger says
Ich möchte hier etwas ergänzen was wir auch in unserem Buch Ent.f.FF erwähnen. Die Summer Mayfly (Siphlonurus lacustris) und andere Arten aus dieser Familie konzentrieren sich als schlupfreife Nymphen im Uferbereich der Buchten und kriechen zum Schlupf aus dem Wasser. Bei hohem Wellengang und Wind verunglücken viele und werden vom Wellenschlag aufs Wasser gespült. Diese Stillborns driften im Uferbereich – vorausgesetz die Strömung stimmt – als Nahrung für die Fische. Auch der Wind weht viele frisch geschlüpfte Tiere aufs Wasser, allerdings nur der ablandige Wind. Bei auflandigem Wind hingegen macht es nur dann Sinn mit entsprechenden Mustern zu fischen, wenn das gegenüberliegende Ufer nicht weit entfernt ist. Da hat man dann wieder das Problem das man gegen den Wind werfen muss. Das Erkennen und Umsetzen von solchen Situationen ist allerdings nicht einfach.
Walter Reisinger
Tankred Rinder says
Hallo Walter,
herzlichen Danke für die interessante Bereicherung des Beitrags. Und genau, da ‘das Erkennen und Umsetzen von solchen Situationen nicht einfach ist’, sprechen wir von fischen und nicht von fangen. Freue mich bereits auf Deine/Eure nächste Buchveröffentlichung.
Liebe Grüße, Tankred