Fliegenfischen ist eine facettenreiche Betätigung und der Erfolg dabei ruht auf vielen Säulen. In unbestimmter Reihenfolge sind das: Methodik – auf oder unter der Oberfläche, um die unterschiedlichen Techniken vereinfacht zusammenzufassen. Nahrungskunde – um die Angelei mit Streamern miteinzuschließen und Rivercraft – also die Überlegungen zu Bewegung am und im Wasser, Strukturen und Gewässer lesen, Präsentations- und Schnurmanipulationstechniken. Dieser Säule des Erfolgs wird meiner Meinung nach, leider viel zu wenig Beachtung über Erfolg und Nichterfolg beim Fliegenfischen beigemessen. Und seitdem ich regelmäßig an einem großen Fluss fische, muss ich erkennen, dass das Beherrschen vielseitiger Fliegenwürfe ohne Zweifel zu den wichtigsten Erfolgskriterien zählt.
Es reicht mir nicht mehr, von Pocket zu Pocket zu laufen, mich mit vorsichtigem Waten Rinne um Rinne zu nähern. Die vielversprechendsten Stellen, das vorsichtige Steigen eines Fisches, sie lassen sich selbst mit überlegten und geübten Waten plötzlich aufgrund der Weite und der Tiefe des Flusses plötzlich nicht mehr erreichen. Das gab mir zu denken. Ich fühlte und fühle mich eine der Erfolgssäulen betreffend unterqualifiziert. Natürlich könnte ich einfach weiterlaufen an einen ‘Parcours’, der meinen Fähigkeiten entspricht. Dieses Gefühl der Beschränkung, aufgrund meiner fehlenden Fähigkeiten, mochte ich aber nicht mehr länger abschütteln. So habe ich begonnen, mich mehr und mehr mit erweiterten Wurfkenntnissen zu beschäftigen und vor allem die ernsthafte Absicht unterstrichen: üben, üben, üben. Denn wie sagte mir einst Hannes Höbarth, seines Zeichens Guide an Roman Mosers Ager-Abschnitt, beim Ausdruck meiner Bewunderung für sein Können: G’lernt is G’lernt!
Fliegenfischen wird auch gerne als Kunst bezeichnet. Und Kunst kommt von Können. Absurderweise ist der Fang von Fischen, das größte Hindernis für das Erlangen von Können. Denn im Gegensatz zu anderen Freizeitbeschäftigungen, die man zudem vielleicht auch erst im Erwachsenenalter beginnt, stellt sich selbst mit bescheidener Übung doch auch bald, und zudem relativ regelmäßig, Erfolg im Sinne eines gefangenen Fisches ein. Beim Golf, beim Tennis oder beim Billard reift im Ausübenden schnell die Erkenntnis: Um wirklich Spaß an der Sache zu haben, wird man fleißiger üben gehen müssen. Vermutlich gibt es darum auch mehr Jäger als Tontaubenschützen – der Schweisshund wird es schon richten, um es vorsichtig, und ohne jede Absicht die Jagd zu diskreditieren, auszudrücken.
Es mag vielen Fliegenfischern reichen, und das ist legitim und nicht weniger ehrenhaft, mit gewisser Regelmäßigkeit egal wie Fische zu fangen. In meiner ganz persönlichen Entwicklung bin ich jedoch an einem Punkt angelangt, an dem das ‘Wie’ des Fangs wichtiger ist als der Fang selbst. Das betrifft für mich nicht die Entscheidung zwischen Trocken vs. Nass, sehr wohl aber das Befischen von Stellen im Fluss, die aufgrund von Strukturen oder Hindernissen gerne gemieden werden. Aus genau dem selbem Grund liebe ich den Gewässerabschnitt unserer Pächtergemeinschaft, an dem wir komplett auf Besatz verzichten. Viel lieber arbeiten wir gemeinschaftlich daran, Bedingungen zu schaffen, die es unseren Forellen und Äschen erlauben, ausreichend Unterstand und Schutz sowie Gelegenheit fürs Laichgeschäft zu finden. Hege- und Pflege wie wir es verstehen. Und für die gelegentliche Mitnahme wandern ausreichend Fische aus darüberliegende Abschnitten ein, oder ziehen gelegentlich aus dem weiter unten liegenden See hoch.
Um aber an die etwas schwieriger zu erreichenden, vielleicht auch etwas scheueren Fische zu gelangen, muss ich ohne Zweifel aber an meinem Können den Fliegenwurf betreffend arbeiten. Mich von beengten Räumen nicht mehr einschüchtern zu lassen, mich von Hindernissen in Form von Bäumen, Sträuchern, Felswänden oder hohen Bänken nicht länger einschränken zu lassen. Und der Weg dorthin um das zu Erreichen, ist neben der regelmäßigen Übung allgemein, das Erlernen der ‘Gefängnis-Frei-Würfe’ unter den Fliegenwürfen: Spey Casts mit der Einhandrute.
Benannt ist das Spey Casting nach den Wurftechniken die am schottischen River Spey für das Lachsfischen Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde. Findige Fliegenfischer, oder vermutlich -werfer, der letzten Jahre erkannten aber, dass Spey Casts, wovon es eine Reihe gibt – Single, Spey, Double Spey, Snap-T, Snake Roll etc. – im Grunde genommen Richtungswechselwürfe sind. Mit einer einzigen durchgehenden Bewegung lässt sich also die Richtung des Wurfes ändern. Wie oft ist es mir schon passiert, dass beim Fischen plötzlich hinter mir, oder unter der Position an der ich mich eben befinde, ein Fisch steigt. Schnell darauf zu reagieren und ohne viele Rückwürfe die Richtung des Wurfes zu ändern, kann darüber entscheidend sein, ob ich meine Fliege ins Gesichtsfeld des Fisches bringe, oder eben nicht.
(Rhein-) geschnuppert ins Spey Casting hatte ich schon vor längerer Zeit, als ich mir eine Zweihandrute fürs Huchenfischen zulegte. Ohne sich wiederholenden Anlass – der Weg in die steirische Heimat an die Mur ist doch ein weiter – überwinde ich leider meinen inneren Schweinehund doch oft zu wenig, um mich ernsthaft mit dem Erlernen dieser Wurftechnik zu beschäftigen. Da beneide ich die echten Wurf-Cracks, die aus der Handlung des Werfens selbst, aus diesem ästhetischem Bewegungsablauf, egal ob mit der Zweihand- oder der Einhandrute, ausreichend Zufriedenheit schöpfen, immer und immer wieder die Schnur durch die Luft zu befördern, um in der gewünschten Form an einem bestimmten Punkt am Wasser abzulegen. So lernt man’s!
Denkt man an das Lachsfischen mit der Zweihandrute, drängen sich natürlich Bilder großer, offener Flüsse auf. Aber gerade an kleinen, beengten Flüssen spielt Spey Casting seine immensen Vorteile auch aus. Denn überall dort wo Uferbewuchs Rückwürfe einschränkt oder gänzlich unterbindet, bleibt uns Fischern der Roll-Cast oder der Switch-Cast als einzige Möglichkeit die Fliege überhaupt auszuwerfen. Beide der genannten Würfe sind übrigens ein Zwischenstopp beim Erlernen der Single Spey Casts. Beide ermöglichen aber keinen Richtungswechsel. Beherrscht man also einen der beiden, ist man schon auf halbem Weg zum Spey Casting mit der Einhandrute und der damit verbundenen Möglichkeit, seine Fliege mit einem einzigen durchgehenden Bewegungsablauf an jeder beliebigen Stelle in beengten Situationen auszuwerfen.
Der seit Jahrzehnten im deutschsprachigen Raum lebende englische Wurflehrer Christopher Rownes, einer der begabtesten Fliegenfischer hierzulande, wie seine Social-Media Kanäle belegen, sprach mich im richtigen Moment mit seiner Buchidee an. Denn über die Adaptierung dieser klassischen Würfe, die erst in den letzten Jahren so richtig an Fahrt gewonnen hat, gibt es im deutschsprachigen Raum relativ wenig Information. Genau das möchte er mit seinem Buch Line Poetry: Spey Casting mit der Einhandrute ändern.
Das scheinbar nicht nur wir beide uns auf dieses Buch freuen, beweist die überwältigende Unterstützung für die von mir ins Leben gerufene Crowdfunding-Kampagne zur Umsetzung unseres Buchprojekts. Die Mindestfinanzierungssumme dafür ist längst erreicht und Line Poetry: Spey Casting mit der Einhandrute wird ohne Wenn und Aber im April 2024 veröffentlicht werden. Das soll aber niemanden davon abhalten, die Kampagne nicht weiterhin zu unterstützen, falls das noch nicht geschehen ist. Jede Vorbestellung hilft dabei, die Auflagenhöhe besser einzuschätzen. Zudem gibt es nur während der Kampagne die Möglichkeit, Extras zu erwerben, eine signierte Ausgabe zu erhalten, oder als Unterstützer im Buch namentlich erwähnt zu werden.
Solltest Du also noch nicht die Gelegenheit gehabt haben, Dir schon jetzt ein Exemplar zu sichern, mache das, indem Du noch bis spätestens zum 4.12. unsere Kampagne unterstützt.
An die bis jetzt beinahe 150 Unterstützer, die die Realisierung dieses Buches erst ermöglicht haben, möchte ich meine vom Herzen kommende, tiefe Dankbarkeit ausdrücken. Ihr seid der absolute Wahnsinn!
Tight lines and tight loops, Tankred Rinder – Forelle & Äsche Verlag
Discover more from Forelle & Äsche | Fliegenfischen | Fliegenbinden
Subscribe to get the latest posts sent to your email.
Leave a Reply