Erzähle ich unbedarften Bekannten vom Fliegenfischen an der Rur, ernte ich zumeist ungläubige Blicke, hochgezogene Augenbrauen, ein Runzeln der Stirn. Fällt doch den meisten zuallererst der phonetisch gleich lautende Fluss des größten europäischen Industriegebiets ein. Und auch wenn man in deren Oberlauf im Hochsauerland, wo das Gewässer einem typischen Mittelgebirgsgewässer entspricht, eine durchaus attraktive Fischwaid vorfinden kann, so komme ich nicht umhin zu betonen, dass mein Ausflug mich in die Eifel an die Rur ohne ‘h’ zog. Diese orthografische Unterscheidung zwischen den beiden Flüssen wurde erst um ungefähr 1900 vollzogen, um die Abgrenzung der Eifel-Rur auch in Schrift zu verdeutlichen.
Die Rur entspringt im deutsch-belgischen Grenzgebiet Hohes Venn. Einer Heide- und Moorlandschaft rauen Klimas, die von Herbst bis Winter überdurchschnittlich hohe Schnee- und Regenfälle verzeichnet. Das Hochmoor und sein für die Region typische Torfmoos, sorgte durch seine Fähigkeit ein zehnfaches des Eigengewichts an Wasser zu speichern, für einen konstanten Wasserabfluss auch während der klimatisch bedingten, sehr trockenen Frühsommern. Das durch Bodentrockenlegungen und Torfabbau seit dem 18. Jahrhundert geschädigte Moor, wird seit dem Jahr 2000 wieder mühevoll durch das Langzeitunterfangen LIFE Projekt Hohes Venn renaturiert. Und dennoch kann es durchaus noch immer vorkommen, dass dem Fliegenfischer der Wasserstand der Rur, insbesondere im Frühjahr gering vorkommt. Selbst wenn der jährliche Niederschlag in Monschau, sich im oberen Zehntel der erfassten Werte des Deutschen Wetterdienst befindet.
Das idyllische Eifelstädtchen Monschau erreicht die Rur nach einem Verlauf von ungefähr 15km, durchquert danach den Nationallpark Eifel und schlängelt sich weiter in Richtung Rurstausee, dem zweitgrößten Stausee Deutschlands. Danach macht sich die Rur weiter auf ihren insgesamt 248km langen Weg, der im holländischen Roermond in der Maas endet. Im Mittellauf des Flusses zwischen Monschau und Hammer – viele Eifelorte erinnern an die ehemals reichen Eisenerzvorkommen der Eifel – befinden sich zugleich die einzigen mit Tageskarten befischbaren Abschnitte der Eifel-Rur, dieses ansonst durchgehend in Privatbesitz und Vereinshand befindlichen Gewässers. Dort hat die Rur auch noch ihre von den Torfen und Eisenerz Vorkommen der Eifel verursachte, typische dunkle, bräunliche Färbung beibehalten. Bei der Farbwahl der Fliegen sollte man diesen Umstand bedenken. Fliegen mit farblichen Andeutungen in orange, beige, rot oder gelb brachten zumindest mir mehr Erfolg, als Muster in typischeren Kunstfliegenfarben wie olive, braun oder grau.
Seit kurzem ist die Rurstrecke in Monschau, wieder die einzige der Öffentlichkeit zur Verfügung stehende Strecke zum Fang von Forelle & Äsche. Geschätzte 2/3 der 3km langen Strecke befinden sich unmittelbar im verbauten Stadtgebiet. Inmitten des von Fachwerkbauten gesäumten und mit zahlreichen kleinen Brücken verbundenen Stadtkerns, muss man eine der wenigen Treppen die direkt ins Wasser führen suchen, um seine Fliege den zahlreichen Fischen vorsetzten zu können. Der Fluss im Stadtgebiet ist nicht besonders tief, doch der ungleichmäßige Verlauf des Flussbetts mit seinen zahlreichen Löchern, bietet reichlich Standplätze, verlangt aber Aufmerksamkeit und Vorsicht beim Waten.
Das prächtige Monschau, als historisch gut erhaltenes und einst sehr wohlhabendes Eifelstädtchen, ist ein sehr beliebtes Ausflugsziel. Dem nach Ruhe und Abgeschiedenheit suchenden Fischer wahrscheinlich somit nicht gänzlich entsprechend. Steht man erst im Fluss, befindet man sich unter ständiger Beobachtung interessierter Ausflügler, die auf den Geländern der Brücken ihre Videokameras und Photoapparate platzieren, um das elegante Schwingen der Fliegenschnur festzuhalten. Fängt man einen Fisch, erhebt sich Applaus auf den Brücken, wenn dieser nach dem Drill im Kescher landet. Und den Kescher braucht man in Monschau, den die Forellen wachsen zu stattlicher Größe heran. Pommer Frites machen nicht nur Menschen dick!
Für wen sich unter diesem Treiben – die gefühlte Beschattung, Erkundigung nach dem Handeln, die sicherlich gut gemeinten Ratschläge – partout nicht das Gefühl vom Einklang mit der Natur einstellen möchte, der wird wohl oder übel auf die verbleibenden Abschnitte unter, als auch oberhalb der Stadt ausweichen müssen. Streckenteile die von Besuchern mit der Rute gelegentlich gemieden werden, da diese mehr Watgeschick und kürzere Ruten verlangen. Da diese Abschnitte nicht so häufig aufgesucht werden, lohnt es sich jedoch sein Glück an diesen Stellen zu versuchen. Für den Ganztagesausflug sind die beiden kurzen Strecken ausserhalb der Stadtmitte, wahrscheinlich jedoch zu kurz bemessen.
Musste man noch bis ins Jahr 2012 der Einsamkeit Adieu sagen, wenn man die Rur auf Basis von Tageskarten befischen wollte, so gesellte sich in diesem Jahr ein weiterer 4km langer Abschnitt zum Angebot. Beinahe anschliessend an die Streckengrenze befand sich eine weitere bewirtschaftete Strecke, die genau die Qualitäten aufweist, welche sich bestimmt viele Fliegenfischer von einer Perle der Eifel wünschten. Ein abwechslungsreicher, ungezähmter Flussverlauf mit starkem Gefälle, flotten Läufen, zahlreiche tiefe Gumpen unterschiedlicher Größe, unterspülte Baumwurzeln und massig Gestein. Bis auf einen fischereilich ausgezeichneten kilometerlangen Abschnitt an der Untergrenze bei Hammer, an dem die Bundesstrasse am Ufer entlang verläuft, fand der besonders auf Natur bedachte Fliegenfischer ein Juwel eines ruhestiftenden Tagesausflugs vor.
Das Waten an diesem Flussstück, stellte eine größere Herausforderung dar als die zuvor beschriebene Strecke in Monschau und der zerklüftete Schiefergrund hat mich mehrmals bereits nahe an ein Vollbad gebracht. Dem Äschenbestand schien hier, im zum Teil stark bewachsenen Flussverlauf, weniger Schaden zugefügt worden zu sein als in Monschau. Konnte ich doch bei meinen bisherigen Ausflügen ausgiebig Äschen erbeuten. Zuletzt vor wenigen Wochen an einem heißen Juliwochenende sogar zwei in schöner Größe (35cm) auf die Trockenfliege, der stets verlässlichen Klinkhammer. Die scheuen Forellen, die an ständige menschliche Präsenz nicht gewohnt sind, erreichen vielleicht auch aufgrund fehlender Lebensmittelreste, nicht zur Gänze die Größe wie in Monschau. Doch auch hier sind ansehliche Trutten in guter Zahl vorhanden.
Die Rur zählt für mich zu den anspruchsvollsten und idyllischsten Strecken von NRW, mit einem guten Bestand an einheimischer Forelle & Äsche. Wer die Rur gerne mal in Begleitung eines erfahrenen Fischers besuchen möchte, tut gut daran Alexander Keus aka Flybei zu kontaktieren. Über die Kosten einer guided Tour kann ich keine Auskünfte geben, kann jedoch bezeugen dass Alex nicht nur eine hohe Anzahl echt großer Fische aus der Rur holt, sondern auch Freunde und Gäste wie mich und Euch zielsicher an Ausnahmefische heranführt.
Tageskartenausgabe:
Strecke Monschau
Hirsch-Cafe / Cafe Oebel (Mo-So: ab 7:30)
Markt, 52156 Monschau
Tel.: 02472/940858
Preis: 15€
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Theo says
Very fascinating piece, Tankred… link now added from Urbantrout for all your UK readers!
Tankred Rinder says
Hi Theo,
thank you very much for your feedback and for linking back to Forelle & Äsche. The River Rur in Monschau is a truly fantastic piece of water which I urge you and your readers to visit if you happen to be anyway near it i.e. Aachen, Mastricht, Liège, Spa, Cologne, Bonn
All the best and tight lines,
Tankred
Anonymous says
Hallo Tankred,
man ist es einfach gewohnt gute und ausführlich Berichte
von dir zu lesen… Ob Stadtgebiet oder im grünen Tunnel,
mir gefällt beides und da NRW gleich neben Niedersachsen
liegt ist es eine Überlegung wert nächstes Jahr mal eine
Reise dorthin zu unternehmen…
Top Bericht… Danke…
Gruß Jürgen
Tankred Rinder says
Hallo Jürgen,
herzlichen Dank für Dein Kompliment zur Qualität meiner Beiträge. Eine Reise in die Eifel lohnt sich in vieler Hinsicht. Einzigartige Landschaft, feine Köstlichkeiten und erfolgversprechende fischereiliche Möglichkeiten. Lass mich und die Leser von Forelle & Äsche dann wissen, wie es Dir an den Tagen an der Rur, Kyll, Urft oder Ahr erging.
Beste Grüße
Tankred