There’s something in the water: nicht Fische, nicht Fliegen, nicht Schnüre jetzt mal fürs Erste. Diese gebräuliche Phrase im Englischen beschreibt etwas Unerklärliches, meist in Bezug auf ein Gruppenverhalten. Wie z.B. das ein Großteil der mir bekannten Grazer Freunde, Hamburg zu ihrer ersten Auswanderungsstation in Deutschland machten. Und so habe auch ich eine besondere Verbundenheit mit dieser weltoffenen, verruchten, reichen Perle des Nordens. Schon seit meiner Kindheit ist der HSV mein deutscher Lieblingsverein – der kettenrauchende Grantler Ernst Happel und die trällernde Locke Kevin Keegan hatten dabei wohl ihre Hand im Spiel. Horst Hrubesch ließ mich von großen Hechten träumen, Hans Albers lallte mir ins Ohr in der Ferne mein Glück zu suchen, Helmut Schmidt zeigte mir auf, dass Reichtum und Menschenliebe sich nicht ausschließen müssen.
Eine Bewunderung, Verbundenheit und Freundschaft die bis heute anhält. Und ohne viel Zutun, driften Stadt und Leute immer wieder in meine Umlaufbahn. So auch Marian Schultz, als mein damaliger Arbeitgeber mich mit der Rolle des Aufbaus der Vertriebsregion Nord beauftragte und ich nach dem Kundenbesuch bei einer norddeutschen Bank, fast entschuldigend mit Nadelstreif und Schlips bei K&HD stand. An einer seiner Wirkungsstätten als Fliegenbinder, wo Gelegenheits Ostsee-Fliegenfischer und andere Hobbyisten mit wenig Zeit fürs Binden, sich eindecken mit seinen Kreationen und Nachahmungen. Denn oh Boy – reizen seine Muster zum Zupacken. Und nicht nur die Meerforellen. Sauber und widerstandsfähig gebunden, gleicht eine Fliege aus einer Musterserie konstant der anderen. Eine Qualität der Arbeit die man sich nebst Talent, nur mit Beharrlichkeit und Ausdauer aneignet. Tugenden über die Marian Schultz schon verfügte, lange bevor er sich mit absoluter Hingabe Fellen und Federn, Ruten und Rollen verschrieb. Als deutscher Vertreter bei einer Karate WM, weiß er nämlich ein Stück oder zwei über Konzentration, Übung und noch einmal Übung und über Einsatzbereitschaft.
Mit der Besessenheit eines Braungurtträgers, machte der zum Angelsport spätberufene Marian sich daran, mit eiserner Disziplin sich das Fliegenfischen beizubringen. Und wenn viele sich damit zufrieden geben, die Fische vor den eigenen Füßen zu fangen – eine nicht zu unterschätzende Fangerfolgsformel egal ob in den Bergen oder an der Küste – wollte er weiter hinaus. Auf Distanz klar, aber nicht nur. Motorische Wurfabläufe in Fleisch und Blut übergehen zu lassen, mit der Technik von Würfen eins zu werden. Zen artige Bewusstseinszustände mit jedem Stopp der Rute, mit jedem sanften Zug der Leine am Rückschwung, mit jedem Ausrollen des Vorfachs erreichen. Nicht nur mit der Einhand, nein auch gleich mit der Zweihandrute. Bis die besten des Faches – von Hywel Morgan bis Henrik Mortensen – ihn als Kursteilnehmer fragten: “was soll ich Dir noch beibringen?”
Wer so hohe Ansprüche an sich selbst stellt, läuft natürlich Gefahr sich leicht in einen Zustand der Unzufriedenheit zu begeben. Eine rastlose Unruhe die sich nur durch eigenes Zutun ändern lässt. Als dann nämlich die ersten käuflich erworbenen Fliegen nach dem zweiten Biss in ihre Einzelteile zerfielen, war es Marian Schultz schnell klar, dass er sich Abhilfe verschaffen müsse. Durch ein Zeitschriften-Abo die erste Bindetasche mit Inhalt besorgt, wurde mit ähnlicher Leidenschaft wie zuvor beim Kampfsport und der Wurflehre, mit ungehemmter Energie der Plan umgesetzt, schon bald die ersten ‘herzeigbaren’ Fliegen zu gestalten. Solche die Ahhhss und Ohhhss unter Betrachtern auslösen. Sein Talent erkannt, bot ihm das 2012 geschlossene Jagd- und Angelsport Traditionshaus Hoerning in der Hamburger Altstadt eine Plattform für seinen Kreationskraft. Zum hausinternen Binder avanciert, perfektionierte er dort seine Kreationen, die schnell reißenden Absatz fanden.
Die Lehrjahre als Fliegenbinder dort gut genutzt, fand Marian nach der Schließung des traditionsreichen Händlers, bei der Hamburger Top-Adresse für Fliegenfischerbedarf K&HD ein neues zu Hause. Selbstverständlich finden seine Fliegen auch da viel Bewunderung. Wie auch auf der EWF und anderen Veranstaltungen zu denen Marian Schultz eingeladen wird, um küstennahen oder -fernen Interessierten seine Muster vorzubinden. Und wenn er nicht hinter dem Bindetisch sitzt so trifft man ihn vorm Verkaufstresen, wo er mit Verständnis und Kompetenz, Uneingeweihte in die feinen Unterschiede von Spey/Scandi/Skagit Schnüren einweiht. Er Ratsuchende durch den Dschungel von Slow-Tips, Mo-Tips, Grains und was es nicht so alles zu bedenken gibt führt, beim Kauf der geeigneten Zweihandrutenzusammenstellung. Denn diese zählen zu seinem absoluten Lieblingsgerät, selbst dann wenn die Benutzung einer Einhandrute einfacher, vielleicht sogar zielführender wäre. Aber hey – so hat jeder sein Steckenpferd und warum nicht mit der Switchrute losziehen, um gerüstet zu sein für die Momente, wenn tatsächlich mal Nymphen oder die Trockene die erste Wahl sein sollten.
Und so kam es zu einem dieser zufälligen Begegnungen in Hamburg, aus der sich nach mehrmaligem Mailaustausch und einigen Telefonaten eine gute Bekanntschaft entwickeln sollte. Da liege ich mit der nordischen Zurückhaltung auf einer Wellenlänge und benenne es einfach mal so. Als ich durch die Jungs von AlpineSpey zum winterlichen Huchenfischen angefixt wurde und ich mir nicht mehr länger Gerät ausleihen wollte, wen sonst sollte ich fragen, um mir bei der Zusammenstellung einer auf meine Bedürfnisse angepasste Zweihandrutenausrüstung zu helfen? Und um mir die Wahl so richtig leicht zu machen, ließ Marian es sich auch nicht nehmen, in seiner Rolle als ‘inoffizieller’ Vertreter des amerikanischen Rutenherstellers Echo, mir über Ostern einen Besuch zu erstatten. Rolle, Schußkopf und mehrere Ruten im Gepäck standen wir also im Rhein und testeten, welche Ausrüstung mir am ehesten zusagte. Eine Echo Glass Spey sollte es werden.
Und so stand ich dank Marians Hilfe in den letzten Wochen, bevor der Rhein wieder Hochwasser führte, 2-3 mal die Woche im Wasser und mühte mich ab, meine wurfgewohnte Rutenhand ruhen zu lassen und Schwung und Kraft aus der Rotation der Rute zu erzeugen. Dass ich davor in den Genuss kam, mir eine private Vorführung in das Binden küsten- und inlandtauglicher Streamers geben zu lassen, versüßte diese Stippvisite. Ob Marian jedem Besucher dieser Seite dieses Privileg gewährt kann ich natürlich nicht garantieren. Wofür ich aber einstehe, ist die Freundlichkeit und zeitnahe Kontaktaufnahme bei Anfragen, die Leser von Forelle & Äsche über Hanse-Fly stellen. Nur Mut – schließlich hat nicht jeder die Zeit, sich für den bevorstehende Angelausflug auf Lachs oder Meerforelle, vertrauensstiftende Fliegen zu binden. Dafür gibt es Marian Schultz.
Discover more from Forelle & Äsche | Fliegenfischen | Fliegenbinden
Subscribe to get the latest posts sent to your email.
Leave a Reply