Winterzeit – Zeit der Träume als auch der Reflexion. Mehr noch als die Erinnerung an tolle Ausflüge, Bisse und der schöne Anblick von Fischen, beschäftigen mich die Tage an denen die Fänge ausblieben. Schlimmer als die Erinnerung an Fische die sich letztendlich nicht in meine Hände führen liessen, wiegen die Nachwirkungen der Momente an denen Forelle & Äsche sich nicht zum Anbiss verführen liessen. Nach erfolglosen Tagen am Wasser bin ich geneigt, äußere Umstände hinten an zu stellen und meine Taktik und technisches Können zu hinterfragen. Und so nehme ich ein Buch aus meiner kontinuierlich wachsenden Sammlung an Unterhaltungs- als auch Anleitungsliteratur zur Hand, um mein Praxiswissen um einen weiteren Aspekt zu bereichern. Um auch in schwierigen Situationen den richtigen Standplatz, eine weitere Anbietetechnik, gegebenenfalls eine andere Fliege zu wählen.
Vor zwei Wochen stand Michael Zeman Rede und Antwort zu den Fragen, wie es ein unabhängiger kleiner Verlag schafft, seit den wenigen Jahren des Bestehens einen dominanten Platz in der Reihe Angelreiseführer für die deutsche Ostsee einzunehmen. Unabhängig von der Energie den das Team um North Guiding aufbringt – um in einem rasanten, beinahe unheimlich erscheinendem Tempo – eine Veröffentlichung nach der anderen auf den Markt zu bringen, steht und fällt der Verlagserfolg mit der Qualität seiner Bucherscheinungen. Die Alleinstellungs Merkmale der Angelführer für die Ostsee,beschrieb Michael Zeman im Gespräch mit Forelle & Äsche ausführlich. Mein Augenmerk möchte ich darum auf die Praxisbücher und internationalen Reiseführer richten.
Meerforelle an der Küste I: Beutetiere, Fressverhalten, Fliegenimitationen – Thomas Vinge (2012)
Die Pioniere des Meerforellen Küstenfischens bedienten sich hauptsächlich an bekannten Reizfliegen der Fischerei auf Lachs und Regenbogenforellen. Provokante Muster die nicht wenige Meerforellen zum Anbiss verleiteten. Dem Dänen Thomas Vinge reichte dieser Ansatz nicht mehr, nachdem die Mageninhalte von Meerforellen aus verschiedensten Küstengebieten – gefangen zu unterschiedlichsten Jahreszeiten – genauestens studiert und verglichen wurden. Ungleich wie die Beschaffenheit des Küstenbodens, stellte sich die Zusammensetzung der Nahrung von Blankfischen zu Absteigern heraus.
Angetan von der Bereitschaft des Forellenfischers an Flüssen, zyklische Veränderungen des Futtervorkommens bei der Köderwahl in Betracht zu ziehen, setzte sich Thomas Vinge das Ziel, die Nahrungsgrundlage von Meerforelle – ob Fische, Seewürmer, Garnelen – mit Hilfe von Meeresbiologen zu dokumentieren. Um sich ein besseres Verständnis zu verschaffen, welche Habitatsansprüche und Verhaltensweisen die natürliche Beute von Meerforellen stellt. Fundiertes Wissen, dass den Fliegenfischer bei der Wahl des erfolgversprechendsten Musters maßgeblich unterstützen soll. Thomas Vinge stand mit diesem Anspruch nicht alleine und traf auf gleichgesinnte skandinavische Küstenfliegenfischer, die denselben Ansatz in ihren Bindekreationen verfolgten.
Somit widmet sich dieses Buch nicht einzig dem Auftreten und Verhalten der Hauptnahrungsquellen, sondern in detailliertem Maß der Imitation des natürlichen Futtervorkommens. Zum Teil sehr anspruchsvoll zu bindende Muster und deren Materialzusammensetzung werden dem natürlichen Vorbild zugeordnet. Wenn auch nicht in dem Ausmaß wie in ‘Meerforelle an der Küste II – 250 Muster, Bindeanleitung & Materialien’.
Wer sich zur Fangoptimierung einzig dem zweiten Teil dieses Buches widmet, dem entgeht mit Sicherheit sehr viel Hintergrundwissen, welchen Einfluss Begebenheiten des Terrains auf das Vorkommen der Beute von Meerforellen ausüben. Dieses Buch ist der Killer schlechthin, verleiht faszinierende Einsichten in die Welt der Meerforelle und zählt zu den fesselndsten Büchern die ich besitze.
Küsten-Strategie Meerforellen: Biologie, Verhalten, Strategien – Michael Zeman, Heiko Döbler (2010)
Kurz bevor ich aus England nach Deutschland zog, wurde mir zum ersten Mal das Ausmaß der Begeisterung für das Küstenfischen auf Meerforellen bewusst. An der Küste – so dachte ich – findet man Brandungsangler die es auf die köstlichen Plattfische abgesehen hatten. Als ich mich dann ernsthaft mit einem Ausflug zum Meerforellenfischen an die Ostsee auseinander setzte, stellte ich fest das dieser speziellen Form des Fliegenfischens wenig öffentlich zugängliches Material gewidmet wurde. So wurde meine erste Anlaufstelle das prächtige Forum Leidenschaft Meerforelle. Oft wünschte ich mir, das dortige Wissen aller Protagonisten wäre in einer Publikation zusammen geführt, die es verträgt in Rucksäcke gestopft zu werden und auch zugänglich ist wenn der 3G Empfang mal nicht so richtig klappt.
Als wären mein Flehen erhört worden, erschien dann im Mai 2010 ‘Küsten Strategie Meerforelle‘, eine Autoren Zusammenarbeit zwischen Michael Zeman und Heiko Döbler. Zweiterer fischt mit der Fliege seit fünfundzwanzig Jahren auf Meerforellen in Deutschland, Dänemark und Schweden und betreibt unter dem Namen Nord-Guiding Reisen und Seminare an der südjütländischen Küste. Die geistige als auch zwischenmenschliche Nähe beider Autoren, drückt sich nicht nur in der ähnlichen Namensgebung für Verlag und Guiding Service aus. Wenig überraschend somit, dass beide ihr über Jahrzehnte angehäuftes Wissen kombinierten, um Einsteigern als auch Fortgeschrittenen die sich eigenständig das Meerforellenfischen erarbeiten möchten, kräftige Unterstützung zu liefern.
Strukturiert und besonders detailtief werden alle wesentlichen Aspekte der Fischwaid auf Meerforellen thematisiert. Beginnend bei der Biologie der Fische – einem nicht zu missachtenden Kapitel zur Identifikation von laichbereiten oder laicherschöpften Meerforellen – über Nahrungsquellen und Imitation, jahreszeitlich angepassten Strategieansätzen, bis zur passendsten Geräte Zusammenstellung und allgemeinen Hinweisen zum Waten in Gezeiten unterworfenen Gewässern. Die ausführlichen Kapitel sind gut gegliedert und erleichtern dadurch das gezielte Nachschlagen relevanter Themen für den jeweiligen Ausflug. Aufgelockert wird das theoretische Material mit vielen Fotografien, die die Fantasie hinsichtlich der Möglichkeiten des Meerforellen Fischens an der Ostsee beflügeln, das Warten auf den nächsten Ausflug aber sicherlich nicht vereinfachen. Welch Glück, auf diesen Titel gestossen zu sein!
Fluss-Strategie Meerforellen: Biologie, Verhalten, Strategien – Michael Zeman, Heiko Döbler (2010)
In ähnliche Kerbe wie der Vorgängertitel schlägt ‘Fluss-Strategie Meerforelle‘. Mit diesem Ansatz sah ich mich viel vertrauter, denn dem Flussfischen auf Meerforelle widmet sich im UK eine leidenschaftliche Gruppe an Anglern. Nichts wird sehnlicher erwartet als der alljährliche Laichaufstieg der Meerforellen. Erstaunlicherweise widmet sich nach Aussagen der Autoren eine noch relativ kleine Gruppe an Fliegenfischern diesem Lebensraum der Meerforelle. Mag vielleicht auch damit zu tun haben, dass die Flussfischerei im Gegensatz zu der im Meer, bedingt durch Besitzverhältnisse nicht so einfach zu realisieren ist.
Auch auf diesem Gebiet unterstreichen Michael Zeman und Heiko Döbler ihre Pionierstellung und liefern ähnlich wie mit dem Vorgänger ‘Küsten-Strategie’ ein Erstlingswerk im deutschsprachigen Raum, worauf sicher nicht wenige gewartet haben. Formal weist ‘Fluss-Strategie Meerforelle‘ dieselben Qualitäten auf wie bereits das Erstlingswerk. Klare Übersicht der thematisch ineinander über gehenden Kapitel, Unterscheidungsmerkmale zu anderen Salmoniden in Flüssen und sehr detaillierte Strukturbeschreibungen des Lebensraums Niederungs- und Heidefluss. Von den Erläuterungen zu den Eigenschaftern typischer Standplätze kann jeder Flussangler profitieren, egal ob an Niederungs- oder Gebirgsflüssen.
Wie im Schwestertitel ‘Küsten-Strategie‘ überzeugt auch an diesem Buch, das fundierte Wissen beider Autoren, das in die Kapitel Strategie und Umsetzung einfliesst. Um das verschriftlichte Können bildhaft abzurunden, wird auch in diesem Titel nicht mit stimmungsvoller, bildhafter Unterstreichung der atemberaubenden Möglichkeiten beim Meerforellenfischen in Flüssen gegeizt. Wer sich mit Kind und Kegel oder auch ohne, zur Sommerzeit an der Küste befindet und dafür sorgen möchte, seine Fliege nicht im Schwert eines gierigen Hornhechts wieder zu finden, sollte es in den Flüssen Norddeutschlands oder Dänemark auf einen Versuch ankommen lassen. Das nötige Gerüst dazu, verschafft ‘Fluss-Strategie Meerforellen: Biologie, Verhalten, Strategien‘.
Island: Fliegenfischen auf Lachs und co. – Hartmut Kloss (2011)
Lange bevor ich ernsthaft mit dem Gedanken spielte eine Anglerreise nach Island zu unternehmen, drängte sich die Insel als Top Reiseziel auf. Irgendwie schaffte es Island, sich bei weitem stärker ins Bewusstsein zu drängen als andere skandinavische Länder. Vulkane, Geysire, Freiluftthermalbäder, Sugarcubes, Björk und Sigur Rós haben das ihre dazu beigetragen. Der Hauptgrund der die Erfüllung dieses Vorhabens schwierig erschienen liess, waren die beträchtlichen Kosten der Anreise, Unterkunft und Verpflegung mit dem einen oder anderen Tropfen Alkohol. Seit der Begeisterung für das Fliegenfischen gesellten sich zu den Gründen der nicht ganz einfachen Reisefinanzierung, die ausufernden Kosten für das Fliegenfischen. Wenn eine Reise ans andere Ende der Welt günstiger erscheint als der Besuch eines nordeuropäischen Landes, erwägt man sein Reiseziel genau.
Hartmut Kloss, Autor von Fliegenfischen auf Lachs und co. räumt in seinem Angelführer mit der Unerschwinglichkeit einer Islandreise gehörig auf. Seit Jahren schon bereist Kloss Island und sah sich vor ähnlichen Sorgen und Nöten, wie viele unter uns die sich mal aus Interesse erkundigten, wie heftig sich eine Islandreise auf das Bankkonto auswirkt. Doch mit der Faszination Islands erst in Berührung gekommen, strebte er Jahr für Jahr erneut die Herausforderung an, der Sucht nach Island – unverbrauchte Natur, vergleichsweise hohe Fischdichte – nach zu geben. Mit Kreativität wurde nach Alternativen geforscht.
Alternativen zum sündhaft teurem Lachsfischen, Ausweichmöglichkeiten bei Anreise und Unterkunft, Lösungen das teure 4×4 Ausleihen zu umgehen – warum nicht bei Besitz eines eigenen Allradwagens und ausreichend Zeit mit der Fähre anreisen? Und plötzlich tut sich bereits auf den ersten Seiten dieses Angelreiseführers ein Fenster auf, das vorsichtig einen Schimmer der Hoffnung ins eigene Bewusstsein dringen lässt. Mit guter Budgetplanung kann man sich auch mit geringeren Mitteln dieses Abenteuer ermöglichen.
Und so lässt uns Hartmut Kloss teilhaben an seinem unerschöpflichen Wissen zu Bedingungen und Regularien – die Einreise, Ausflüge und Fischereirechte in einem fernen Land so mit sich bringen. Formalitäten abgehakt, dringt das Buch zu den wesentlichen Entscheidungen vor, die auch vom Bankkonto mitbestimmt werden. Muss es Lachs sein, oder tun es Bach- und Meerforelle und Saibling auch? Und so ergeben sich Reisemöglichkeiten in einer Budgetspanne zwischen €50-1.000 pro Tag. Und plötzlich erscheint der Traum der Islandreise schon nicht mehr ganz so unerschwinglich.
Detaillierte Kartenangaben und Revierbeschreibungen von Flüssen, Seen und Küstenabschnitten, als auch stimmige Fotografien verschaffen den Eindruck, die Islandreise auch ohne Guide und Lodge, nach eigenen Vorstellungen gestalten zu können. Abgerundet wird die Auflistung der vielen Möglichkeiten durch Erlebnisberichte von Islandreisenden unterschiedlichster Ausrichtung und sozialer Herkunft. Einen tut sie alle das Gleiche – der Wunsch eine am nördlichen Zipfel Europas gelegene Insel mit einzigartiger Naturbelassenheit zu befischen. Es fällt schwer diesen Angelreiseführer aus der Hand zu legen.
Michael Zeman und seinem Team an Autoren ist aufrichtigst zu gratulieren zu einer Reihe an gut recherchierten, hochwertig gestalteten Veröffentlichungen, die eine wichtige Lücke schliessen. Die Angelführer Ostsee, Reiseführer Skandinavien und die Titel zur Strategie für küstennahe Zielfische sind eine große Bereicherung meiner Bibliothek, an die ich selbst hohe Ansprüche stelle. Danke – weiter so!
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