“Spielst Du Golf, gehst du einmal die Woche zur Driving Range deinen Abschlag üben, am Freitag triffst du dich mit deinen Sportsfreunden zum Putten und auf ein Glas Gin Tonic, am Samstag gehst Du zum Golfplatz, um eine komplette Runde zu spielen. Und Fliegenfischer? Gehen am Wochenende ans Wasser und hoffen, die schönsten Forellen an den schwierigsten Stellen anzuwerfen.” Diese Worte hallten sehr lange nach, als vor zwei Wochenenden der unheimlich begabte und obendrauf wahnsinnig sympathische Fliegenfischer und Wurflehrer Christopher Rownes, während eines Kurzbesuches in Köln mit mir an die Eifeler Rur kam.
Wir hatten geschäftliches zu erledigen. Doch ich wollte die Chance nicht ungenutzt lassen, für meine Kollegen aus der Pächtergemeinschaft – und auch mich – einen Wurfkurs zu organisieren. Schließlich lebt Christopher Rownes, nebst seiner Vertriebstätigkeit für Guideline, von Wurfkursen die er landauf, landab quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz gibt. Das kann er deshalb, weil er anders als ich von Anfang an, seinen Kindesbeinen sozusagen, sich nicht nur mit fischereilicher Taktik, Insekten und ihren Nachahmungen, Strömungen und Präsentation beschäftigte, sondern unbeschreibliche Freude und Genuss am Halten einer meterlangen Schnur in der Luft, sowie dem Ablegen eines kleinen Wollbüschels an den unmöglichsten Punkten empfand. Darin unterscheidet er sich grundsätzlich von mir – weshalb ich auch nicht annähernd so ein erfolgreicher Fliegenfischer bin wie er.
Das soll nicht heißen, dass ich nie, mit der Absicht Wurfübungen zu machen, das Haus verlasse. Ganz im Gegenteil. Den gravierenden Fehler den ich dabei mache? Mit dieser Intention ans Wasser zu gehen, anstatt mir Trockenübungen vorzunehmen. Kaum am Wasser angekommen, möchte ich nur Fische fangen und das Vorhaben, bestimmte Wurfübungen zu praktizieren, verfliegt in dem Moment an dem ich an eine Stelle gelange an der ich einen guten Fisch vermute. Wollbüschel ab – Fliege ran. So bringt man sich durchaus auch essentielle Dinge für den Fang von Fischen bei. Was man aber nur mäßig dabei verbessert, sind die eigenen Wurfkenntnisse. Nicht dass ich davor zurückscheue, es auch an den unmöglichsten Stellen zu probieren. So viel Sportsgeist bringe ich mit. Und gelegentlich landet die Fliege sogar dort, an dieser schwierigen Stelle, an der ich sie haben wollte. Im Unterschied zu mir gelingt es geübten Castern aber, die Fliege dort nicht nur einmal zu platzieren, sondern fünfmal, zehnmal oder noch öfter, immer wieder hintereinander an dieselbe Stelle.
Dabei sind die Übungen die es verlangt, um das eigene Muskelgedächtnis (Zellgedächtnis) aufzubauen, denkbar einfach. Nur 5-10 min Wurftraining im Trockenen pro Tag reichen aus, um elementare Aspekte des Fliegenwurfs zu verinnerlichen: Handgelenkshaltung, Beschleunigung beim Anheben der Rute, Stopppunkte bei Rück- und Vorwurf, Arbeitsweg der Rute, Einsatz der Schnurhand usw. Und der Fokus dieser Übungen liegt einzig und alleine am Wurf und seinen mechanischen Abläufen. So zumindest wurde es von Christopher Rownes beschrieben, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Denn schließlich habe ich mitgemacht am Kurs, und nicht Notizen für diesen Beitrag geschrieben.
Mit diesem Appell, es den Golfern gleich zu tun und für das Üben des Fliegenwurfs genau so viel Zeit und Energie aufzubringen, wie für die Recherche zu den neuesten Ausrüstungsgegenständen, fischereilichen Taktiken, oder den wichtigsten ‘Killer-Fliegen’ ging es nach 30 Minuten Theorie, an der Chris seine Präzision auf engsten Raum demonstrierte, dann ans Wasser. Dort widmeten wir uns dem Erlernen des Switch-Casts, als vorbereitenden Schritt auf die Wurftechnik, die wir uns eigentlich zeigen lassen wollten: Spey Casting mit der Einhandrute. Den ’Gefängnis-Frei’ Würfen unter den Fliegenwürfen für überall dort – beengte und hindernisreiche Gewässer – an denen der Überkopfwurf nicht möglich ist.
Was es mit Spey Casting mit der Einhandrute auf sich hat – elegante, effiziente Würfen mit durchgehendem Bewegungsablauf, die eine Richtungsänderung ermöglichen – darüber wird es hier auf Forelle & Äsche bald mehr zu erfahren geben. Kurz vorweggenommen möchte ich nur sagen, dass der halbtägige Kurs den Christopher Rownes in seiner unnachahmlichen Art abhielt, so große Begeisterung auslöste, dass unsere Pächtergemeinschaft beschloss, ihn für ein weiteres komplettes Wochenende anreisen zu lassen. Bis dahin wollen wir uns alle den eingangs angeführten Hinweis zu Herzen nehmen – auch wenn es durchaus schwer fällt, im Park oder auf dem Sportplatz die erstaunten Blicken und doofen Kommentare, ob man schon etwas gefangen hätte, an sich abprallen zu lassen.
Vor meinem ersten Versuch mit der Fliegenrute vor vielen, vielen Jahren, hatte ich tatsächlich einen Kurs besucht, der mir Grundkenntnisse über das Fliegenfischen und Fliegenwerfen vermittelte. Ich wünschte mir aber, dass ich kein Gewässer vor der Haustüre gehabt hätte, an dem ich sofort erste rudimentäre Schritte im Fangen von Fischen hätte vornehmen können. Denn die Freude und Genugtuung darüber, seine Fliege gekonnt an Stellen zu platzieren, die von vielen Fliegenfischern aufgrund des Schwierigkeitsgrades ignoriert werden, ist mindestens genau so groß, wie einen stattlichen Fisch zu fangen.
Somit lohnt es sich auf jeden Fall einen Wurfkurs zu besuchen. Zum Glück gibt es im gesamten deutschsprachigen Raum doch eine beachtliche Anzahl an zertifizierten Wurflehrern, die ihr Können in Kursen oder privat weitergeben. Wem das in seiner unmittelbaren Nähe nicht möglich ist, kann sich der vielen Quellen bedienen, die im www bereitstehen. Und wer wirklich in aller Ruhe Wurftechniken und einzelne Schritte verstehen und verinnerlichen möchte, ohne ständig die Rückspultaste zu bedienen, kann dabei schon bald auf die Hilfe von Christopher Rownes und Forelle & Äsche Verlag zählen. Wie das zu verstehen ist? Dazu schon bald mehr…
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Peter Ebert says
Hallo Tankred,
Kenne den Chris seit 2002, als er die FFF Instructor Prüfung absolviert hat.
Wird sicher ein gutes Buch mit sehr hohem fachlichen Anspruch…
Tight Lines,
Peter
Tankred Rinder says
Hallo Peter,
über Deine Einschätzung freue ich mich sehr. Denn Du als Wurflehrer und Betreiber einer Fliegenfischerschule hast bestimmt ein besonders trainiertes Auge für sein Können. Ich freue mich schon sehr auf das Buch – so viel vorweg: die Fotos, Illustrationen und die Gestaltung sind gewaltig.
Grüße, Tankred
Hans Rudolf Schmidt says
Hallo, sehr gute Idee. Ich habe Christopher einmal in Berlin erlebt, super
Gruss
hrs
Tankred Rinder says
Hallo Hans Rudolf,
freut mich sehr, dass Du von der Idee begeistert bist. Dass schafft Zuversicht für das Gelingen.
Grüße nach Berlin, Tankred