„Es hat viele Vorteile, Autodidakt zu sein. Die Qualität des Unterrichts gehört nicht dazu,“ sagt Ted Leeson in The Habit of Rivers: Reflections on Trout Streams and Fly Fishing. Genau aus dem Grund bin ich froh, dass ich vor beinahe 20 Jahren von meiner Frau einen Fliegenfischerkurs geschenkt bekommen hatte, nachdem ich andeutete, gerne mit dem Fliegenfischen zu beginnen. Wer hat als Erwachsener schon das Glück, von einem Mentor bei den ersten Schritten begleitet zu werden? Einer der seit Jahrzehnten Neulinge in unsere gemeinsame Faszination einführt, ist der Baden-Württemberger Peter Ebert, der in Langenargen eine Fliegenfischerschule betreibt. Im Gespräch erzählt er, worauf es ihm als Kursanbieter ankommt.
F&Ä: Du bist Inhaber der Fliegenfischerschule Ebert. Das hört sich sehr formell an. Was unterscheidet Dein Angebot von anderen Kursangeboten?
Mit den Angeboten anderer setzte ich mich weniger auseinander und deren Kursangebote zu beurteilen liegt mir fern. Als FFI (Flyfishers International) zertifizierter Wurflehrer seit 1999 dachte ich, es stehe mir zu, meinem Kursangebot einen etwas formelleren Titel geben zu dürfen. Damit möchte ich die Seriosität unterstreichen, mit der ich mein Kursprogramm aufbaue und abhalte. Aus den Rückmeldungen meiner Kunden und Kundinnen über die Jahrzehnte schließe ich, dass man mir vertraut. Zudem kommt es sehr gut an, dass ich mich sehr persönlich um jeden einzelnen Kursteilnehmer kümmere. Das gelingt mir, da ich nicht zu viele Teilnehmer pro Kurs aufnehme (max. 7-8 Personen), um das Optimale an Wissen in einem Wochenende zu vermitteln. Das spricht sich scheinbar rum, denn ich habe guten Zulauf und große Nachfrage. Ich setze 12 Kurse pro Jahr an und betreue mit den Eins-zu-Eins Coachings die ich ebenfalls abhalte 120 – 130 Teilnehmer in der Zeit.
F&Ä: Wie lange fischst Du schon? Wie lange gibst Du schon Kurse?
Mit dem Fliegenfischen habe ich im Alter von 15 Jahren an der Murg im Schwarzwald begonnen. Die war damals voll mit Äschen. Ich sah einem Kurgast zu, der mit der Fliegenrute fischte. Die Anmut seiner Art zu angeln und dass er uns Wurm- und Madenangler zudem in Grund und Boden fischte, nahm ich als Initialzündung. Ich wollte verstehen, warum es ihm so viel besser gelang diese tollen Fische zu fangen. Zu der Zeit wusste man noch sehr wenig von AFTMA usw. und so ging ich nach dem Motto vor, das für mich heute noch zählt: “Mach ne Fliege und geh’ fischen”. Zum Glück entstamme ich einem Angelverein in Stuttgart, wo die Jugendnachmittage aus dem Casting Sport bestanden. So lieh ich mir Castinggerät und fing an auf Ziele und auf Distanz zu werfen. Schon bald kaufte ich mir eine Fliegenrute aus Glasfaser, denn Gespließte Ruten waren für mich als Auszubildenden einfach unerschwinglich. Der Rest ist Geschichte, wie man sagt.
F&Ä: Welche Ausbildung hast Du vorzuweisen, um Dich qualifiziert zu erachten, Kurse zu geben?
Seit 1988 halte ich Wurf- und Fliegenfischerkurse ab. 1999 absolvierte ich in den Niederlanden im Rahmen einer Flyfishing Show die Prüfung/Test zum FFFE (Federation of Fly Fishers Europe) Instruktor. Heute heißt die Organisation nach einer Umbenennung FFI (Fly Fishers International). Zuvor absolvierte ich eine ca. einjährige Vorbereitungszeit bei Günter Feuerstein in der Schweiz und bei Sepp Fuchs in Holland, um mich auf den Instruktorentest vorzubereiten. Die FFI Instructions basieren auf einem Lehrplan, wie man das Fliegenwerfen am besten unterrichtet. Denn Fliegenwerfen unterrichten ist nicht gleichzusetzen mit jemandem das Fliegenfischen zu zeigen. In meinen Kursen unterrichteich zu ca.60% das Fliegenwerfen und ca. 40% entfallen auf die Fliegenfischerei. Weil erst das Rüstzeug der Technik, nämlich das Fliegenwerfen, dazu führt, dass man auch ein sehr guter Fliegenfischer werden kann. In dem Ansatz sehe ich auch eine große Übereinstimmung zu Christoper Rownes in seinem kürzlich herausgebrachten Buch Line Poetry. Die 5 Essentials entsprechen genau dem FFI Schema. Das ist aus meiner Sicht die beste Methodik, wie man heutzutage Fliegenwerfen unterrichten kann. Wenn du das richtig rüberbringst, sind die Leute auch sehr begeistert, denn sie haben etwas zum Anfassen, das man lernen kann.
F&Ä: Sollte aus Deiner Sicht eine ‘formelle’ Qualifizierung Voraussetzung sein, um Kurse abzuhalten?
Nein, nicht unbedingt. Wenn ich aber meinen leider mittlerweile verstorbenen Freund Johann “Hansi” Aigner zitieren darf: “Man muss es ja nicht haben, aber es schadet auch nicht, wenn man es hat.”
F&Ä: Was lernt ein Neuling in einem Kurs von Dir?
Zuerst die Gesamtheit und die Ethik des Fliegenfischens: Wie man mit der Natur umgeht und sich in der Natur bewegt. Danach wie man einen Fisch anspricht und ihm etwas präsentiert. Kursteilnehmer sollen verstehen lernen, was ein Fisch überhaupt frisst. In erster Linie lernt er also die Unterwasserwelt der hier gängigen Flüsse und Seen kennen, die doch 70% der Nahrungsaufnahme ausmachen. Auf die Bedeutung der Landinsekten als Nahrungsquelle gehe ich natürlich auch ein. Ein Kursteilnehmer soll in der Lage sein, die Nahrungsgrundlage bestimmter Flossenträger zu definieren. Danach zeige ich den Neulingen, die meist vom Spinnfischen kommen, wie sie durch Bewegung von Rute und Schnur, ein filigranes Teilchen das man Fliege nennt und dass meist kein Wurfgewicht aufweist, auf Distanz bringen und einem Fisch optimal präsentieren kann. Zu guter Letzt vermittle ich ihnen entsprechenden Techniken, um ihre Fliegen in der Strömung oder der Drift so zu präsentieren, dass ein Fisch diese als echt erachtet und nimmt.
F&Ä: Wenn Du mehrtägige Kurse anbietest, sorgst Du für Unterkunft und Abendprogramm?
Eher nicht mehr. Als ich 1988 anfing, hielt ich noch 5 bis 6 Tage Kurse ab und die waren voll. Die Kursteilnehmer und ich kamen abends zusammen, um gemeinsam zu essen und zu trinken. Mir scheint, dass Leute heutzutage bei einem Kurs nicht mehr so am Gemeinschaftlichen interessiert sind. Kursteilnehmer die etwas weiter anreisen müssen, organisieren sich ganz gerne selbst ihre Unterkünfte, habe ich festgestellt. Klar waren die Leute damals noch mit weniger Freizeitangeboten abgelenkt. Heute kann man Angebote derart nur noch mit einem geeigneten Rahmenprogramm z.B. Fischereiwoche veranstalten, an denen Partner mitkommen können, ohne selbst Fischen zu müssen.
F&Ä: Wo und an welchen Gewässern werden die Kurse abgehalten?
Nahe Sigmaringen an der Oberen Donau ca 50km weg vom Ursprung, oder in Tettnang an der Argen einem schönen Voralpenfluss der in den Bodensee mündet und an dem manchmal ein schöner Seeforellenaufstieg stattfindet.
F&Ä: Was ist das Einzugsgebiet Deiner Schule?
Der Großteil der Kunden kommt von der Süddeutschen Grenze (Baden-Württemberg und Bayern) und 20% der Teilnehmer sind aus der Schweiz.
F&Ä: Was sollte erreicht werden, damit Du das Gefühl hast, einen erfolgreichen Kurs abgehalten zu haben?
Wenn die Leute nach dem Kurs in der Lage sind, sich selbst zu korrigieren und auf dem Erlernten aufzubauen, habe ich meine Aufgabe erfüllt. Wenn ich ihnen dieses Rüstzeug vermitteln kann, bin ich zufrieden. Hin und wieder finden sich Bewegungstalente ein, die vielleicht auch nicht zum ersten Mal eine Fliegenrute in der Hand hielten. Wenn die zufrieden nach Hause gehen und das Gefühl haben: “Ok, das war ein guter Kurs und ich glaube, jetzt am Wasser gut alleine zurecht zu kommen”, dann habe ich meinen Job gut gemacht. Viel mehr ist an zwei Kurstagen eigentlich nicht zu erreichen. Die Vertiefung und Verfeinerung muss letztlich von selbst erfolgen.
F&Ä: Stellst Du Ausrüstung bereit bei Deinen Kursen?
Ich stelle gute Leihgeräte der gehobenen Mittelklasse bereit. Meine Erfahrung zeigt, dass wenn du Kunden gut ausstattest, kaufen sie höchstwahrscheinlich später auch etwas Besseres. Man muss nicht das Teuerste kaufen, aber man sollte gutes Gerät auswählen, mit dem man Freude hat.
F&Ä: Was empfiehlst Du Kursteilnehmern, die ihre eigene Ausrüstung mitnehmen wollen?
Viele bringen tatsächlich eigenes Gerät mit, dass sie im Internet erworben haben. Anfänglich sage ich nichts dazu, sondern wir bauen das gemeinsam auf und urteilen ob das Gerät gut aufeinander abgestimmt ist. Wenn ich merke, dass die Qualität des Mitgebrachten eher hinderlich an Freude und Erfolg ist, biete ich an, Leihgerät von mir zu testen. Ich würde nie jemandem sagen, das Mitgebrachte taugt nicht. Die Möglichkeit den Unterschied kennenzulernen, möchte ich aber gerne anbieten. Meine Schule ist aber nicht darauf ausgerichtet, im Nachgang an den Kurs Geräte zu verkaufen.
F&Ä: Wie gehst Du vor bei unterschiedlichem Können und Talent der Kursteilnehmer?
Gleich zu Anfang erkläre ich, dass Fliegenwerfen kein Kraftsport ist. Fliegenwerfen ist wie ein Tanz. Man synchronisiert Bewegungsabläufe durch die eine rhythmische Bewegung entsteht. Letztlich ist es natürlich eine Sache des Talents und des Ehrgeizes. Ich kann nicht jedem sagen, du musst ein perfekter Werfer werden, weil sich das für dich gut anfühlt und es gut aussieht. Wenn jemand zufrieden ist, seine Fische auch mit bescheidenen Wurfkenntnissen zu fangen, akzeptiere ich das. Ich setze keinen Teilnehmer unter Zwang, sondern nehme mir wie ein Tanzlehrer die Leute zur Hand und vermittle ihnen den Tanz mit der Rute so, dass die Kursteilnehmer zufrieden sind. Gute Tanzlehrer lassen ihre Schüler auch nicht den Grad des Talents erkennen, sondern vermitteln ihnen die Schritte auf eine Art, dass sich die Schüler bei der Ausübung gut fühlen.
F&Ä: Hältst Du Kurse ab für unterschiedliche Leistungsstufen (Anfänger/Fortgeschrittene/ Vertiefungskurse/ Casting Kliniken)?
Ich biete auch Kurse für gehobenes Niveau an, wofür die Nachfrage, verglichen mit den Anfängerkursen, aber nicht so groß ist. Gern besucht hingegen sind die Intensivwochenenden z.B. an der Gmundner Traun, wo die Fischerei zwar im Vordergrund steht, aber viele Teilnehmer die Möglichkeit in Anspruch nehmen, das Gelernte zu vertiefen oder sich andere Techniken oder Würfe zeigen zu lassen.
F&Ä: Mit welcher Einstellung/Erwartung sollen Neulinge/Fortgeschrittene in einen Kurs gehen/nicht gehen?
Leider haben durch den modernen Medienkonsum viele Menschen zu hohe Erwartungen und meinen, nach einem zweitägigen Kurs das Fliegenfischen in seinen Facetten beherrschen zu können. Die Erwartungshaltung entspricht oft bei jüngeren Leuten weniger dem Motto, eine Sprache zu lernen, sondern Action und Spaß zu haben und so schnell wie möglich Fische zu fangen. Wenn du aber keine Grammatik und Vokabeln lernst und deine Hausaufgaben nicht machst, wirst du nur schwer in die Tiefe der Faszination des Fliegenfischens eintauchen. Wem das zu langweilig ist, der wird auch kein Fliegenfischer. Ich kann am Ende eines Kurses ganz gut einschätzen, ob wer vom Fieber gepackt wurde, oder sich sagt: ”OK, jetzt habe ich einen Kurs gemacht, dass ist aber wahrscheinlich nichts für mich.” Auf rund 30-40% meiner Schüler trifft das vermutlich auch zu.
F&Ä: Deiner Erfahrung nach zu urteilen, scheinst Du viele technische Entwicklungen durchlebt zu haben. Hat sich das Fliegenfischen, aber auch die Einstellung Deiner Kursteilnehmer dazu, während der letzten Jahrzehnte fundamental geändert?
Die Angelei ist heute schwieriger als in der Vergangenheit. Klimawandel, Befischungs- und Prädatorendruck macht es den Gewässern und Fischen nicht leicht. Man muss viel spezielles Wissen haben über Insektenkunde, Gewässerbiologie, Fressverhalten in einem sich auch für Fische ständig wechselndem Umfeld: sprich Hochwasser, große Temperaturunterschiede in den Gewässern zu unterschiedlichen Jahreszeiten, usw. das man sich in der Praxis erarbeiten muss. Da gehört auch viel Gefühl dazu. Es war früher definitiv etwas einfacher Fische zu fangen.
Die Ausrüstung hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Die teuren Geräte werden leider für immer weniger Menschen erschwinglich, dafür sind aber die günstigen Geräte qualitativ viel besser geworden. Früher waren nur die teuren Geräte gut und die billigen waren durchwegs schlecht. Das kann man heute einfach nicht mehr sagen. Eine 1000€ Rute muss nicht mehr zwingend um Klassen besser sein als eine um 300€. Das ist erstaunlich. Die Unterschiede bei Schnüren sind noch immer deutlicher, auch wenn ich die Meinung vertrete, dass sie oftmals überteuert und zu spezialisiert sind. Eine Standardschnur der WF Klasse mit einer 9m Keule ist für viele Bedürfnisse ausreichend. Zudem ist es einem Anfänger schwer zu vermitteln, dass eine Schnur 150€ kosten kann.
F&Ä: Vielen Dank für das interessante Gespräch. Ich hoffe, dass der ein oder andere wertvolle Information daraus mitnimmt – egal ob möglicher Kursteilnehmer, oder als angehender Kursanbieter.
Peter Ebert hält seit 36 Jahren Fliegenfischerseminare in der Nähe von Sigmaringen an der Oberen Donau und am schönen Voralpenfluss Argen nahe Tettnang ab. Seit 1999 ist er FFF Certified Fly Casting Instructor und unterrichtet Anfänger und Fortgeschrittene in nahezu allen Belangen erfolgreicher und effektiver Fliegenfischer- Techniken. Seit 1988 besucht er die Gmundner Traun und ihre Freunde. Dorthin verschlägt es ihn noch immer ein- bis zweimal jährlich mit einer Handvoll an Gästen für eine Intensivwoche. Das umfassende Kursprogramm kannst Du auf der Seite Fliegenfischerschule Ebert kennenlernen
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