Von langer Hand geplant, endlich umgesetzt. Unser jährlicher Trip nach Cumbria in Nord England an den River Eden, wurde in diesem Jahr zu einem Ro(a)dtrip durch die nördlichen – je nach dem wen man fragt – südlichen Grafschaften Großbritanniens. Ein großes Familientreffen zum Anlass zweier runder Geburtstage in Robin Hood’s Bay an der englischen Nordseeküste in North Yorkshire war Grund genug, einen großen Loop von Ost nach West zu ziehen. Gibt es doch neben dem von mir geliebten River Eden eine ganze Reihe an attraktiven Flüssen, denen ich endlich einen Besuch abstatten wollte.
Frühmorgens um fünf – SCALE Magazine Übersetzungen mussten noch fertig gestellt werden – auf die von der Ebbe freigelegten Landzungen in der Bucht des malerischen Fischerörtchens geblickt, wurde ich von Reue gepackt, meine Ausstattung für die Reise auf zwei leichte Ruten für das Nymphen- bzw. Trockenfliegenfischen beschränkt zu haben. An die freigelegten Rinnen zwischen den Gesteinspackungen, dorthin inmitten der verstreut liegenden Felsbrocken, müssten doch auch Wolfsbarsche und Seelachse bei ansteigendem Wasserspiegel ihren Weg nach Fressbarem finden. Denn die mehrere hundert Meter ins offene Meer ragende freigelegte Bucht, wird sich bei Flut bis an den unmittelbaren Rand des Ortes mit Wasser füllen. Und so kam ich den Flossenträgern nicht näher, als bis an die laut brutzelnde, bis oben hin mit Rinderfett gefüllte Fritteuse des lokalen Chippies. Gibt kein besseres Fast Food als Fish ‘n’ Chips – runtergespült mit einem kohlensäurenarmen, hopfenreichen Bitter der örtlichen Brauerei. Heutzutage nennt man das wohl Craft Beer. Mehr davon bitte auch hier in D/A/CH – nur her mit dem herrlichen Gesöff!
Nach drei Tagen Völlerei, Spaziergängen und Pubbesuchen war es an der Zeit die Nordseeküste hochzufahren zum nächsten Ziel unserer Rundreise – Edinburgh. Mit meiner nichtfischend Frau habe ich das Abkommen, dass gemeinsame Reisen eine ausgewogene Mischung aus unseren individuellen Interessen vereinbaren müssen. Amy’s Verständnis ist es zu verdanken, dass die Planung unserer Ausflüge tendenziell von ausgezeichneten Gewässern meiner Wunschliste ausgeht, eine Brücke zu den nächst größten Städten schlägt, attraktives Umland einschliesst und einen fine-dining Besuch beinhaltet. Für passionierte KöchInnen ist der Besuch von Food Tempeln – Verkosten, Einkaufen, Restaurantbesuch – genauso selbstverständlich, wie unsere Suche nach dem Angelgeschäft der fremden Stadt. Und so wie ich die Vorzüge teurer Ausrüstung schätze – auch wenn der Budgetsektor oftmals ausreicht um sein Hobby adäquat ausüben – ebenso begeistert bin ich von experimentierfreudig, vorzüglichst zum höchsten Standard und mit frischesten Zutaten zubereiteten Menüs, die eine Explosion der Sinne hervorrufen. Wen es nach Edinburgh verschlägt, dem empfehle ich einen Besuch von Cafe St Honoré – der Rochen mit Kapernbutter ein Traum, der Seehecht auf einem Zitronen-Kräuter Risotto ein Gedicht, die Käseplatte eine gelungene Vorstellung bester britischer Sorten und eine Weinliste die sich sehen lassen kann!
Dass die Autoreise nach Edinburgh an Alnwick, dem Gründungssitz der Firma Hardy vorbeiführen könnte, war mir vor dem Aufschlagen des Strassenatlas nicht klar. Hätten wir uns auf das Navi verlassen, so wären wir daran vorbei gelotst worden. Also kurz von der Autobahn abgefahren, mit der Absicht dem Hardy Fishing Tackle Museum einen Besuch abzustatten. Dass im shoppingfreundlichen Großbritannien ein Laden mit angeschlossenem Museum an einem Feiertag geschlossen hat, überraschte uns beide nicht wenig. Zählt Einkaufen doch zu den liebsten Wochenendbeschäftigungen – Sonn- und Feiertage miteingeschlossen – der Briten. Schade, da ich mir gerne eine original Bouglé von allen Seiten angesehen hätte. Meiner Brieftasche hat es mit Sicherheit nicht geschadet und so kam der Orvis Shop in Edinburgh in den Genuss meines obligaten Tackleshopbesuch einer fremden Stadt.
Nach kurzweiligen 24 Stunden in der schottischen Hauptstadt führt der Weg entlang des Pentland Hills Regional Parks – ihr wisst schon, jene Hügellandschaft in der die vier Jungs in Trainspotting die Unterschiede zwischen den Engländern und Schotten erarbeiten – in weniger als zwei Stunden, an das erste Hauptziel der Reise aus meiner Sicht. Die ehemalige bedeutende Wollhandel und Kurstadt Moffat am River Annan. Jenem Fluss an dem seit vielen Jahren durch konsequentes Management – C&R – Fische zu beachtlichem Gewicht heranwachsen. Bachforellenfänge von 5 Pfund sind keine Seltenheit, Äschen erreichen mit Leichtigkeit die 3 Pfund Marke und der Lachs und Meerforellenaufstieg zählt zu den besten in den Flüssen der englisch/schottiscen Lowlands. Eine detaillierte Beschreibung des Flusses und seiner Möglichkeiten zum Fliegenfischen stelle ich in den kommenden Wochen auf diesen Seiten ein.
Drei Tage an unterschiedlichen Flussabschnitten waren dem Besuch am River Annan gewidmet. Das passable Wetter zu Anfangs der Reise erlebte über Nacht einen brutalen Temperatursturz von 10° und die stürmischen Böen aus Nordost verhießen nichts Gutes. Der River Annan ist bekannt für seinen hervorragenden Oberflächensport und die Einheimischen fischen von Mai bis Oktober fast nur mit der Trockenfliege, von der sich ab einer bestimmten Größe selbst Meerforellen verführen lassen. So stand es geschrieben – von dieser Beschreibung liess ich mich anziehen. Die allgemeine Wetterlage liess mich aber am ersten Nachmittag doch zur Nymphenrute greifen. Die richtige Wahl angesichts jeglichen Ausbleibens eines Insektenschlupfs. Den Fluss etwas erkundet konnte ich auch schon bald eine schöne 40cm Bachforelle haken, die sich von der im Lift aufsteigenden Nymphe am Ende der Drift verführen liess. Das fängt gut an dachte ich mir – bis ein Freak Unglück meine gute Laune in meiner Magengrube versenkte. Mit der Rutenspitze der delikaten 3wt Rute einem überhängenden Zweig einen Schlag verpasst, liess das zarte Knacken keine Zweifel aufkommen, welcher der beiden Teile in der Berührung den kürzeren zog. Nun war ich wirklich auf das Trockenfliegenfischen gestellt.
In der kalten Brise stehend zogen aufgrund dieser Aussicht schwere Sorgenfalten auf. Es galt das Beste aus einer verfahrenen Situation zu machen – mit meiner 7ft 3wt Orvis Superfine Glass. Selten fühlte ich mich so unvorbereitet während eines Ausflugs. Lektion gelernt – auf Reisen eine Standardrute in 9ft als Back-up mitnehmen. Am nächsten Morgen gesellte sich zur Kälte noch ein dicht geschlossener Himmel, der sich unerbittlich über Dumfries & Galloway ergoß. Zu meiner Überraschung hielt sich der River Annan jedoch gut und das Wasser wies nur geringe Trübung auf. Meine Verwunderung wuchs ins Unermessliche als nach zwei Stunden am Wasser, der erste beachtliche Schlupf von Olive Uprights einsetzte. Wetter, Wind und Kälte konnten plötzlich die Forellen nicht mehr davon abhalten, ihre Nahrung oberflächennah zu sich zu nehmen. Die zuvor erfolglos eingesetzte leicht beschwerte Nymphe wurde gegen eine Klinkhammer getauscht und das Blatt begann sich bald zu wenden.
Oder sagen wir nach 90 Minuten, die es dauerte eine im Minutentakt steigende Forelle von meinem Angebot zu überzeugen. Wenig verwunderlich, dass Farbe und Größe eine derart wichtige Rolle spielten. Befand sich zu dem Zeitpunkt doch ein massiger Schlupf von Olive Uprights, Medium Olives, Iron Blues und kleinen Sedges, sowie Yellow Sallies im Gange – faszinierend! Nach acht Fischen auf die Trockene bei scheinbar widrigsten Umständen liess ich mich überglücklich von Amy am Fluss abholen. Der River Annan wurde seinem Ruf als vorzüglicher Oberflächensport Fluss gerecht – auch wenn die Giganten, für die er berüchtigt ist unter diesen Umständen noch ausblieben. Die beiden französischen Fliegenfischer denen ich am nächsten Tag begegnete, während sich die sehr kühlen Temperaturen in der selben Manier fortsetzten, konnten mit der tief geführten Nymphe jedoch von beachtlichen Fängen berichten – 52 und 46cm Fische sind eine beachtliche Beute.
Nach drei Tagen, an denen ich die Verzweiflung über die abgebrochene Spitze meiner Nymphenrute vergessen konnte, setze sich unsere Reise fort an mein spirituelles Zuhause – den River Eden. Kurz zum Lunch mit befreundeten Fliegenfischern getroffen, hiess es ab ans Wasser um einen Nachmittag lang den niedrigen Temperaturen zu trotzen. Während sich Victor und James mit Zweihandrute aufmachten, um sich den in diesem Jahr erstaunlich guten Aufstieg von Frühjahrslachsen zu widmen, bestückte ich meine zarte Gerte mit Olive Comparaduns in Größe 16. Und wie in den Tagen zuvor machte die Fischerei mit der Trockenfliege Spaß, trotz der widrigen Umstände der kühlen Temperaturen. Regelmäßig steigende Fische die man anwerfen konnte, die in den meisten Fällen sich von meinem Angebot überzeugen liessen. Sehr kurzweilige Fischerei also in wenigen Stunden, in denen ein halbes Dutzend Forellen am Haken endeten. Auch hier keine Riesen, aber gute Durchschnittsfische zwischen 25-35cm. Die Fische der besseren Größenordnung die ich bislang am Eden fangen konnte, drückten sich noch am Grund, warteten wohl auf bessere Verhältnisse um zu steigen.
Zum Abschluss meiner Reise ging es nach Yorkshire an den River Wharfe wo ich eine Verabredung mit Oliver Edwards hatte. Projekte in der Vergangenheit führten zu einem regen Austausch, sodass ein persönliches Kennenlernen vereinbart wurde. Selten habe ich mich auf einen Ausflug ähnlich gefreut, wie auf das Zusammentreffen mit einer absoluten Legende des Fliegenfischens und Fliegenbindens. Über unseren gemeinsamen Nachmittag, der wie in den Tagen zuvor unter stürmischen Böen und niedrigen Temperaturen stattfand, werde ich in den kommenden Wochen im Detail berichten. Nur soviel vorweg, als wir uns nach vier gemeinsamen Stunden verabschiedeten, während denen ich aufmerksam seinen Schilderungen folgte und wir sehr viel Spaß hatten stand es 1:1. Pfuuhh – noch einmal gut gegangen. Unserem nächsten Treffen steht nichts im Weg. River Annan, Eden, Wharfe – ich komme wieder!
Für interessierte Leserinnen und Leser an einer Reise an den River Annan, bin ich bei Fragen jederzeit da. Gerne übernehme ich auch die Organisation der Reise – Info zu Anreise, Sehenswürdigkeiten und Freizeitaktivitäten, Buchung des Ferienhauses, Guide und Fischereilizenzen. Füllt bitte untenstehendes Formular aus und schlüsselt in einigen Worten auf: wie viele Personen, Zeitpunkt des Urlaubs, Zielfische (z.B. Forelle, Äsche, Lachs) und ich erstelle ein attraktives Angebot. Freue mich von Euch zu hören!
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