Prophetisch – vielleicht auch nur realistisch – schienen meine Gedanken, als ich zu Fronleichnam, diese schöne Bachforelle in meinen Händen hielt. Drei Tage an der Rur in Monschau würden wohl meine letzten Ausflüge ans Wasser für eine lange Zeit werden dachte ich mir. Eine Ausnahmesituation wenn ich die letzten Jahre zum Vergleich heranziehe. An denen ich zumindest in den sieben Monaten der Forellensaison mindestens einmal die Woche die Fahrt an ein Gewässer in meiner Nähe antrat. An denen selbst im Urlaub egal wohin, Rute und Rolle eingepackt wurde.
Dass ich von den Erlebnissen dieser Tage lange zehren müsste, war mir bewusst als ich mit meinen Freunden Tobias und Heinze, unsere Zelte direkt am Ufer der Rur aufbaute. Das sanfte Gurgeln und Glucksen des Flusses in den Ohren, als wir unsere Heringe in die Erde trieben. Meine Gedanken bereits bei einem Ereignis, das die kommenden Monate bestimmen würden. Eine Woche vor dem mehrtägigen Ausflug, hatten meine Frau und ich den Vertrag für eine neue Wohnung unterzeichnet. Um vieles größer als die vorherige, mit einem Garten und fußläufig keine zehn Minuten vom Rhein entfernt.
Worin liegt das Problem werden sich manche fragen? Warum nicht die verbleibenden Wochenenden nutzen, bis man sich mit Wohnungsumbau, Gartenpflege, Renovierung der Altwohnung und Geldflussengpässen herumschlägt?
Ebenso zufällig wie sich unser neues Heim aus dem Nichts aufdrängte – ungeplant und lapidar den Kölner Wohnungsmarkt recherchiert und ohne zu Zögern die Gunst der Stunde genutzt – gleichwohl ungeplant erreichte mich der Anruf eines Headhunters mit einem verlockenden Jobangebot. Im Nu also den Lebenslauf aktualisiert, mich einem langwierigen Bewerbungsprozess gestellt, bis ich schliesslich vor vierzehn Tagen die Zusage für eine neue Stelle erhielt. Die Freude über die Zusage für eine neue berufliche Rolle – zwar an ambitionierte Ziele geknüpft, jedoch signifikant besser bezahlt und vom Home-Office aus zu verrichten, da sich die deutsche Hauptniederlassung des amerikanischen Konzerns in München befindet – liess beinahe eine Woche auf sich warten. Zu abgekämpft fühlte ich mich durch die angespannten Wochen des Wartens, auf eine Entscheidung meiner zukünftigen Vorgesetzten bis zur nächsten.
Doch jetzt, schön langsam macht sich die Erkenntnis breit, was könnte besser sein! Nun ja könnte man unken, an einem Fluss der Forellen- & Äschenregion zu wohnen, seinen Lebensunterhalt mit dem Fliegenfischen zu bestreiten zum Beispiel. Wie wahr! Doch wie nannte es Curtis Mayfield so schön in ‘Move on up’: take nothing less than the second best, do not obey what most people say, and you will pass the test. Ein Song aus der Blütezeit des Souls, gespickt mit Lebensweisheiten zur Erreichung persönlicher Ziele.
Und so sitze ich in meinem neuen Arbeitszimmer, umgeben von Büro- und Bindematerial, den Blick auf mir unbekannte in Blüte befindliche Büsche gerichtet, alle Bücher zum Fliegenfischen in Griffweite und das kleine Aufnahmestudio einsatzbereit. Ein Relikt längst vergangener Zeiten, dass sich vielleicht irgendwann ebenso wieder in mein Leben drängen wird, wie vor wenigen Jahren mit Rute in der Hand ans Wasser zu gehen. Fürs Erste werde ich mich wohl aber mit den Feinheiten der Gartenpflege beschäftigen müssen. Und die letzten Renovierungsarbeiten an der Altwohnung – drei Monate doppelte Miete tun weh – und den letzten Einrichtungsfeinschliff im neuen Heim vornehmen. Schliesslich möchten die Drucke von Oliver Edwards Fliegen einen gebührenden Platz finden.
Mein zukünftiger Arbeitsalltag wird sich also ab November zudem ohne lästige Anfahrtszeit ins Büro gestalten. Zeit in der ich bisher auf meinem im morgend- und abendlichen Kölner Stau hinundher flitzte. Zugegebenermaßen dabei aber nicht selten gute Ideen für Beiträge fand. Zeit die ich jetzt aber trotzdem lieber dazu nutze, das Reiseangebot von Forelle & Äsche auszubauen. Ein Angebot, dass mir in diesem Jahr die ersten zufriedenen Gäste bescherte, die sich vom Fliegenfischen im englischen Norden und Schottland verzücken liessen. Wer schon immer mal die Lust verspürte ins Mutterland des Fliegenfischens zu reisen, um sich im in unseren Breiten wenig ausgeübten Loch Style Fishing zu probieren, oder in gewohnter Manier durch Flüsse zu waten, an denen C&R seit vielen Jahren ermutigt wird und diese somit über sehr hohe Dichte an wilden Bachforellen aufweisen, ist herzlich dazu eingeladen ein unverbindliches Angebot einzuholen.
Gute Freunde trösteten mich während der letzten Wochen, indem sie mir versicherten, dass mein Zeitpunkt der fischereilichen Auszeit nicht besser gewählt hätte sein können. Doch auch wenn Hitze und niedrige Wasserstände mich zur Zeit noch daran hindern, meine Aufmerksamkeit endlich wieder den getupften Flossenträgern zu widmen, verspüre ich von Tag zu Tag zunehmende Unzufriedenheit über meine fischereiliche Auszeit. Zumindest fühle ich mich inspiriert und verfüge über ausreichend Zeit, meine Gedanken wieder niederzuschreiben. Dreieinhalb Jahre des Blogs/Portals Forelle & Äsche erlebten keinen Zeitpunkt, an dem ich mich für länger als eine Woche vom Schreiben abhalten lassen ließ. Es sei mir verziehen bitte!
Weit schmerzvoller als die Wochen des unregelmäßigen Schreibens, wiegen aber zwei Monate während denen ich kein einziges Mal eine Fliege ans Vorfach knüpfte. Und nachdem ich also endlich wieder ein schriftliches Lebenszeichen von mir gebe, bin ich der Meinung es ist Zeit endlich wieder ans Wasser zu kommen. Welche Faszination auf mich der Rhein ausübt, hatte ich bereits in einigen Beiträgen hier beschrieben. Auch wenn die Aussichten Salmoniden im Rhein zu fangen eher gering – wenn auch nicht unmöglich – eingeschätzt werden müssen, so verfügt der Vater aller Flüsse in Deutschland über einen reichen Fischbestand. Fliegenfischer die sich für andere Fischarten begeistern können und aus der Not, kein klassisches Salmonidengewässer vor ihrer Haustüre zu finden eine Tugend machen, finden schliesslich an jedem Gewässer die Möglichkeit und damit auch viel Freude einen Fisch an der Fliege zu überlisten. Seien es karpfenartige, Weißfische, Zander, Barsch, Hecht oder Rapfen.
Mal sehen ob der Rhein zu mir heute Abend ebenso großzügig sein wird wie im Herbst vor zwei Jahren. Wir hören von jetzt in gewohnter Manier wieder wöchentlich von einander. Tight lines Euch allen da draußen!
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SvenOstermann says
Tja, wie das Leben eben so spielt ;-)
Eine Gewissheit hat man jedoch, auf die man sich verlassen darf: Nach einer schlechten Periode folgt immer wieder eine gute; irgendwann ;-)
Tight lines and dry socks
Sven
Tankred Rinder says
Weise Worte Sven – aber dry socks? Auf dem Weg zum Rhein soeben. Wet Wading in Converse Turnschuhen. Empfehlungen für Flats Shoes?
LG Tankred