Den populärsten Seen der Orkney Inseln – Loch Harray, Loch Swannay – widmete ich mich vor kurzem in einem Beitrag. Den Juwelen der orkadischen Gewässer. In der Bandbreite aller befischbaren Gewässern der Orkney Inseln, stellen diese beiden die meist besuchten Ziele dar. Gut erreichbar mit verlässlich produktiver Fischerei, trotz des gehobenen Anspruchs ans Können des Fliegenfischers. Darüberhinaus bieten die Inseln der Orkneys jedoch Möglichkeiten, die an den anderen Enden des weiten Spektrums der fischereilichen Expertise zu finden sind. Von Lochs für Einsteiger und Anfänger, über das Fliegenfischen auf Meerforellen an den weiten Stränden und tiefen Buchten, bis hin zu Kapitalfisch Gewässern – launische, nur mit Fähren erreichbare, stark wetterabhängige und selten befischte Lochs, mit geringer Fischbestandsdichte – Trophäenforellen bevorzugen nun mal einen anderen Speiseplan.
Loch of Boardhouse
Einer der kleineren Lochs auf den Orkney Inseln ist Boardhouse, der von Besuchern sehr geschätzt wird. Anders als Harray oder Swannay, ist Boardhouse frei von Schären und kann ohne Ortskenntnisse – insbesondere vom Boot – einfach befischt werden. In den ersten Monaten der Saison ist das Fischen vom Ufer sehr ertragreich und von Juni bis September lohnt es sich eine Drift von Ufer zu Ufer zu unternehmen. Fischerboote gibt es von Landwirten zu mieten, die sich die Beliebtheit der Orkney Inseln als Urlaubsziel für Fliegenfischer zu Nutze machen.
Meine Einführung in Boardhouse verdanke ich dem Vermieter der von mir und meiner Frau gewählten Unterkunft. Peter – eine illustre Persönlichkeit – verschlug es von seinem Job am Schreibtisch einer englischen Werft nach Schottland, um vom Frühjahr bis in den Herbst ein Bed & Breakfast zu leiten und im Winter in Tirol Skilehrer zu sein. Peter bot mir freudig an ihn nach Boardhouse zu begleiten. Dorthin wo er sich seine wöchentliche Ration an Fisch holt. C&R Puristen unter den Besuchern der Orkney Inseln dürfen nicht in Entsetzen verfallen, wenn Ghillie oder Bootspartner sich nicht der No-Kill Etikette verpflichtet fühlen. Die Versorgung mit frischen Forellen scheint ein wichtiges Element der Freude am Fliegenfischen auf den Orkneys zu sein.
Auch am Wettbewerbsfischen erfreut man sich sehr und die Teammitglieder der Orkney Trout Association messen gerne ihr Geschick, mit den fischenden Kollegen der nicht weit entfernten Shetland Inseln, sowie Teams in ganz Schottland und England. Diesem Wettbewerbseifer entspringen eine Reihe an kreativen Fliegenmustern, deren Design sich an Gewässern weit außerhalb der Orkneys behaupten konnten, z.B. Sedgehogs
Den kleinen Inseln entstammen eine Reihe exzellenter Fliegenbinder und Fliegenfischer, deren Bekanntheit über die Grenzen Schottlands hinausragt. Wer sich ernsthaft mit dem Loch-style Fliegenfischen vom Boot oder Ufer beschäftigen möchte, wird nicht umhin kommen sich das thematisch faszinierende als auch unterhaltsame Buch von Stan Headley – The Loch Style Bible, zu Gemüte zu führen. Wer bei Braveheart kräftige Sympathien für Mel Gibson’s Rolle William Wallace verspürt, wird an Stan Headleys gelegentlicher Persiflage fliegenfischender Kollegen südlich von – nun ja Inverness, bei viel Verständnis Edinburgh – seine Freude haben.
Die sich über Jahrtausende ständig wechselnde Besiedelung unterschiedlichster Volksgruppen – Pikten, Dänen, Norweger, Briten – muss aber zu einem gewissen Maß an Pragmatismus beigetragen haben. Denn fremden Einflüssen in technischer und praktischer Hinsicht zeigten sich die Fliegenfischer der Orkney Inseln weitgehend offen gegenüber. Und Sinkschnüre, Minilures, Blobs und anderen vom englischen Reservoir Fischen beeinflusste Praktiken und Fliegen, wurden auf den Orkneys mit Begeisterung aufgenommen. Greift das klassische Loch-style Fischen in erster Linie auf Schwimmschnüre zurück, liess man sich auf den Orkneys vom Erfolg und den Vorzügen von Sinkschnüren schnell begeistern.
Mein Bootpartner hingegen fühlte sich der Tradition des schottischen Loch-style Fischens verpflichtet. Setzte auf traditionelle Nassfliegen und fischte an kurzer Schnur, systematisch das vor ihm liegende Wasser ab. Ich hingegen, beflügelt vom Erfolg des Vortags und gewappnet mit viel angelesenem und theoretischem Know-how, sah meine Chancen in zeitgemäßen Fliegendesign und modernsten Taktiken. Nutzlos anzuführen, dass kein Angeltag dem anderen gleicht und das Erfolgsrezept vom Vortag, nicht und nicht seine Wirksamkeit zeigen wollte. Des Bootspartners ebenso mäßiger Erfolg zu dem Zeitpunkt, konnten mich genau so wenig davon überzeugen, seinem Rat zu folgen und drei klassische Nassfliegen anzuknüpfen – Black Zulu, Peter Ross, Butcher. Als sich nach Stunden in der Drift null Kontakt einstellte, griff ich aus Höflichkeit zum Vorfach mit den angeknüpften Fliegen. Es erübrigt sich die folgenden, auch für Peter überraschenden Stunden im Detail zu beschreiben. Fazit: Unterschätze niemals örtliches Wissen!
Loch of Hundland
Hundland gilt als das Schwester Loch von Boardhouse und weist mit diesem viele Ähnlichkeiten auf. Anders als dort ist das Wasser aber leicht torfhaltig und es verstecken sich viele Schären, die nicht immer leicht auszumachen sind. Höchste Achtsamkeit beim Waten als auch beim Bootsangeln ist angesagt. Durch seine geringe Wassertiefe tritt Befischungsdruck schneller ein. Sind bereits einige Boote auszumachen, empfiehlt es sich auf einen anderen Loch auszuweichen. Entgegen allgemeiner Weisheit wirkt sich Sonnenschein erstaunlich wenig auf Hundland aus und die Fischerei kann unter solchen Bedingungen überraschend erfolgreich sein. Üppiger Pflanzenbestand sorgt für einen reich gedeckten Tisch für Forellen, zieht aber die Konsequenz mit sich, das Sinkschnüre selten zum Einsatz kommen können und in der zweiten Jahreshälfte, selbst die Fischerei mit Schwimmschnüren durch den starken Pflanzenbewuchs erschwert sein kann.
Loch of Stennes
Stennes ist trotz seiner Größe, der am wenigsten befischte Loch der Orkneys. Geschuldet ist dieser Umstand den Schwierigkeiten auf die der Fliegenfischer dort trifft. Mit dem offenen Meer verbunden, weist Stennes einen leichten Salzgehalt auf und unterliegt sehr stark den Gezeiten. Wechselnde Salzwerte und Wassertiefen, haben sehr starken Einfluss auf seine Forellen Population. Begeisterte Stenness Angler fischen in der Regel vom Ufer, wenn der Loch seinen niedrigsten Wasserstand hat. Da Stenness praktisch Schären frei ist, finden sich Forellen mit Vorliebe in den flachen und weitrechenden Uferregionen ein und Forellen jagen oft in Wasser, das kaum ihre Rücken bedeckt. Eine Schwimmschnur oder Intermediate Schnur erfüllen alle Erfordernisse und das Einholen der Schnur bis an den Saum des Wasserhahnenfuß ist Pflicht.
Bootsverleih lässt wenige Angler auf Belly Boats zurückgreifen. Vielleicht auch weil diese von den vorkommenden Robben nicht immer freundlich aufgenommen werden. Mit nicht wenig Schmunzeln im Gesicht, konnte ich den überstürzten Rückzug eines fischenden Kollegen beobachten, dessen Belly Boat und Flossen von den Robben kräftig angestupst und angeknabbert wurde.
Stichlinge, Schwebegarnelen (Mysida), Wasserschnecken, Schlickkrebse, Garnelen machen das Tagesmenü der Forellen aus und Imitationen dieser natürlichen Vorbilder sind nicht verkehrt. Interessanterweise schätzen Stenness Forellen aber auch auffallende, grelle Muster, die am Ende der Schnur eines südenglischen Reservoir Fliegenfischers ebenso zu Hause sind. Das Gewicht der Forellen liegt in einer breiten Spanne zwischen der durchschnittlichen Größe von Orkney Forellen (300g) und dem ‚Heiligen Gral’, den gelb bauchigen Bachforellen (4 Pfund). Gelegentlich – in der Regel nach der Flut – macht der Fang von Meerforellen (1-2 Pfund) das Salz in der Suppe, eines Fischtag an Stenness aus.
Loch of Kirbister
Dieser relativ kleine Loch ist sehr beliebt bei Anglern die ihre Kinder in das Fliegenfischen einführen möchten, als auch allgemein bei Anfängern des Fliegenfischens. Der Loch ist voll mit steigfreudigen Forellen, die nicht ganz das Gewicht und die Größe der Fische in den anderen Lochs der Insel erreichen. Der Vergleich mit einem schottischen Highland Loch ist zutreffend und auch die Fliegenauswahl ähnelt der Fischerei am Festland. Große, buschige Fliegen die durch das Wasser furchen und lautstark um Aufmerksamkeit buhlen sind an der Tagesordnung. Forellen in Loch Kirbister sprechen selbst bei widrigsten Umständen auf diese gut an. Dieser Umstand und die Tatsache, dass der Loch sehr einfach zu bewaten sind, tragen maßgeblich dazu bei dass Kirbister ein idealer Platz ist, an dem Neulinge im Fliegenfischen ihre ersten Erfolgserlebnisse erzielen können.
Die nördlichen Inseln
In den späten 80er Jahren machte sich die Orkney Trout Association daran, die bis dahin fischfreien Lochs der Nordinseln zu besetzen. Man überliess den Besatz Mutter Natur und über die Jahre geriet die Maßnahme in Vergessenheit. Bis eines Tages sich einige Orkney Angler des Besatzprogramms erinnerten und sich daran machten festzustellen, ob die Initiative Spuren hinterließ. Nicht wenig überrascht registrierten die experimentierfreudigen Fischer, dass sich die ausgesetzten Forellen zu prächtigen Exemplaren entwickelten. Insbesondere Loch North und Loch Bea auf der Insel Sanday produzieren wahre Fische des Lebens. Man muss einfach Zeit für sie haben. Reger Verkehr kleiner Fähren ermöglicht den problemlosen Besuch der vorgelagerten Inseln.
Alle Lochs der Nordinseln sind anfällig für starke Algenbildung und der weiche, schlammige Boden erzeugt starke Verfärbung der Lochs während anhaltendem Wind – ein geografisch bedingter, häufiger Begleiter des Fischers auf den Orkneys. Letztgenannte Umstände, gepaart mit kräftigem Sonnenschein sind nicht die besten Voraussetzungen eine dieser kapitalen Forellen an die Schnur zu bekommen. Orkadische Fischer ziehen es deshalb vor die Lochs der Nordinseln nachts und früh morgens zu befischen, in der Hoffnung mit einer der Prachtforellen in Kontakt zu treten. Der angesprochene schlammige Boden ist sehr heimtückisch und vereinzelte Schlammlöcher, stellen eine nicht zu unterschätzende Gefahr für den Fischer dar.
Die Orkneys sind ein besonderes Reiseziel, dass mitreisenden Mitgliedern der Familie ebenso interessante, wie abwechslungsreiche Unterhaltung bietet. Monolithische Steinkreise, Jazzfestival im Sommer, Besichtigungsausflüge zu Robben und Vogelkolonien und für besonders mutige, das Tauchen zwischen den Wracks der selbstversenkten kaiserlichen Kriegsflotte aus dem Jahr 1919. Durch ihre besondere Lage am Rande des Golfstrom, weisen die Orkneys sehr moderate Temperaturen während des ganzen Jahres auf und die Inseln bestechen durch üppige Vegetation für ein Landgebiet im hohen Norden. Tourismus ist neben Fischerei, Landwirtschaft und Ölproduktion einer der Hauptwirtschaftszweige der Inseln. Somit ist es einfach Unterkünfte aller Qualitätsstandards, als auch Autos zu mieten. Wundert euch nur nicht wenn ihr gefragt werdet, den Mietwagen unversperrt am Parkplatz des winzigen Flughafens abzustellen. So ist ein Urlaub auf den Orkney Inseln nun mal – herzlich, beeindruckend und unvergesslich.
Für interessierte Leserinnen und Leser an einer Reise auf die Orkney Inseln, bin ich bei Fragen jederzeit da. Gerne übernehme ich auch die Organisation der Reise – Info zu Anreise, Sehenswürdigkeiten und Freizeitaktivitäten, Buchung des Ferienhauses, Ghillie und Fischereilizenzen . Füllt bitte untenstehendes Formular aus und schlüsselt in einigen Worten auf: wie viele Personen, Zeitpunkt des Urlaubs und ich erstelle ein attraktives Angebot. Freue mich von Euch zu hören, tight lines.
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