Fischen ist so viel mehr – wäre das nicht der Fall, müsste es man fangen nennen. Diese Einstellung mitzubringen schadet nicht, wenn man sich dazu entschliesst einen der Dutzenden Seen in allen Größen im Lake District zu besuchen. Seen die sich in der letzten Eiszeit bildeten, die man zum Teil nach längerer Wanderung erreicht, die einen natürlichen Bestand von Forellen beherbergen und wo eine halbpfündige Bachforelle (Brown Trout) bereits einen sehr guten Fisch ausmacht. Was diese Forellen nicht an Gewicht mitbringen, machen sie allemal durch ihre Kampfkraft und Akrobatik wett.
Die Saison in der gebirgigen Region des englischen Lake Districts ist kurz. Nahrung tritt nicht in Massen auf und konzentriert sich auf die Rand-und Uferzonen, die sich in den mit dem Auto leicht erreichbaren, etwas niedriger gelegenen Seen erstaunlich früh erwärmen – dem Golfstrom sei Dank. Die höher gelegenen, einzig durch einen Fussmarsch erreichbaren, kleinen Seen kommen erst später im Frühjahr in die Gänge. Dafür bieten diese konstantes Fischen, wenn an den riesigen Seen in den Tälern, der sommerliche Sonnenschein die flachen Randgebiete zu stark erwärmt und die Forellen die Kühle der nahen Tiefen vorziehen. Und diese Tiefen finden sich häufig bereits nah um Ufer, wenn unerwartet der Grund an einer steilen Kante abbricht.
Der Lake District besticht durch seine bestechende Schönheit. Von Moosen in allen erdenklichen Braun- und Grüntönen bedeckt, unterscheidet sich diese Berglandschaft von den gebirgigen Gegenden die uns Mitteleuropäern bekannt sind. Keine Bäume, keine Weiden, keine Kühe – dafür jede Menge Schafe die mit dem geringen Pflanzenbewuchs ihr Auskommen finden. Und ähnlich zahlreich wie die Schafe sind auch Wanderer und Ausflügler. Denn spektakuläre Landschaften die dem verordneten Naturschutz unterliegen, kann man nur schwer für sich alleine behaupten.
Welch Glück, dass die für den Fliegenfischer besonders interessanten Seen im Osten und Norden des Lake Districts liegen, der eine geringere Dichte an Besuchern aufweist, als die zentrale Gegend um Lake Windermere. Doch unterliegt dabei keiner Illusion – alleine mit dem Fischadler und dem Hirsch, wird man sich nie befinden. Ausser man entscheidet sich – unter Beachtung aller dem Naturschutz dienlichen Regeln – sein Zelt über Nacht aufzuschlagen. Eine Option der ich selbst noch nicht nachgekommen bin. Schlage ich meine ‘Zelte’ doch immer im 30 Minuten entfernten River Eden im Eden Valley auf.
Wie immer in den Bergen, kann auch im Lake District das Wetter schnell umschlagen und sowohl bei Wanderungen als auch Zeltlager, sollte man sich der Gefahren bewusst sein, die die Nähe zum Atlantik so mitbringen kann. Heftige Winde, starke Regenfälle – und das in einer Minute zur anderen. Mag den Westösterreichern, Bayern und Schweizern die hügelartig erscheinende Gebirgslandschaft des Lake Districts lachhaft für die Bezeichnung ‘Berge’ erscheinen, so sind horizontale Niederschläge, Nebelsuppen und Sturmböen von 100km/h sicherlich alles andere, als gemütliche Bedingungen für die Zeit im Freien. Sich dieser Gefahren bewusst, kann jeder Mensch mittlerer Fitness, die hochgelegenen Forellenseen besuchen – Jause und Erfrischung im Gepäck, Rute und Rolle in der Hand, warme Kleidung als Backup.
Und für wen, wandern und kraxeln so nicht das richtige sind, der wird an den großen Seen mit seinen malerischen kleinen Ortschaften seine wahre Freude finden. Dem Strom der Besucher gerecht werdend – bedenkt, dass der Lake District zu den Top Ausflugszielen in England zählt – befinden sich ausreichend Parkplätze an den größeren, der in der Regel doch kleinen Ortschaften. Der eine oder andere Bootsverleih ist auch vorhanden, um das meiste aus einem Besuch an den atemberaubenden Seen zu machen. Und das Beste – die Angelei ist kostenfrei und bedarf einzig einer englischen ‘Rod License’. Doch sehen wir uns die fürs Fliegenfischen interessanten Seen einfach mal an.
ULLSWATER
Der wunderschöne, 9km lange und bloß 750m breite See Ullswater, ist wirklich das Kronjuwel unter den Seen des Lake Districts. Im zweitgrößten See des Gebiets gibt es Barsche, vereinzelt Hechte und als Überbleibsel der letzten Eiszeit, die gefährdeten und streng naturgeschützten Weissfische ‘schelly’. Und niemand müht sich auf Barsch oder Hecht zu fischen, denn die Hauptfischart in Ullswater ist die ‘Brown Trout’ oder Bachforelle.
Um das Beste aus der Fischerei an Ullswater zu machen, lohnt es sich ein Boot zu mieten oder gemeinsam mit einem erfahrenen Ghillie auf den See zu fahren. Der See ist nur an wenigen Stellen wirklich gut zugänglich – oder besser gesagt, der Zugang zum Ufer befindet sich oft in privater Hand. Zudem fallen die Seekanten unerwartet sehr steil ab, sodass es besonders Acht zu geben gilt, möchte man ohne Boot Ullswater befischen.
Traditionelles Loch Style fischen ist die produktivste Art den zahlreichen Forellen in Ullswater nach zu stellen. Die Topographie des Geländes im Auge zu behalten lohnt sich und die besten Drifts befinden sich dort, wo die Berge nicht zu steil in den See abfallen. Im Tiefen zu fischen ist wenig produktiv. Kann man den Grund nicht mehr unter sich sehen, fischt man bereits in zu tiefem Wasser. Die Einheimischen haben natürlich ihre eigenen bevorzugten Methoden und Muster, als Besucher jedoch kann man mit klassischen Nassfliegen wie Black Zulu, Connemara Black, Peter Ross, Black Pennell or Mallard and Claret nicht viel falsch machen.
Zum Saisonbeginn (15.März) stehen die Forellen zwar noch hauptsächlich am Seegrund und ernähren sich von Sedges und Wasserflöhen. Doch sind Ullswater Forellen mehr als willig die wenigen Meter an die Oberfläche zu steigen, um die klassischen Muster – entweder statisch oder durch die Wellen gezogen – abzufangen. Von April an gibt es einen ausgezeichneten Schlupf an kleinen schwarzen Buzzers. Ein Muster dieser Art und zwei weitere Spiders am Vorfach, können zu dieser Zeit besonders effektiv sein.
Unter idealen Bedingungen – wolkenbedeckter Himmel und eine leichte Brise die Kräuseln an der Wasseroberfläche hinterlässt – ist von März bis Juni die beste Jahreszeit zum Fliegenfischen. Von Mitte Mai bis Ende Juni ist oft ein guter Maifliegenschlupf anzutreffen, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie es der Fliegenfischer an den Loughs der irischen Westküste erwarten darf. In den Sommermonaten ziehen sich die Fische in die tieferen Seeregionen zurück und sind mit der Fliege kaum mehr zu überlisten. Der September zieht erneut die Forellen in die flachen Regionen des Sees zurück. Im Durchschnitt erreichen Ullswater Forellen eine Länge von 25-30cm, doch größere Exemplare um die 2-3 Pfund Marke sind keine Seltenheit.
HAYESWATER
Hayeswater erreicht man nach einem etwas mehr als einstündigen steilen Anstieg. Begleitet wird der Fussmarsch von einem Gebirgsbach zu seiner linken, dessen Wasser aus dem natürlichen See abläuft. Hayeswater fungiert zudem seit 1908 als Stausee und Wasserreservoir für das wenige Kilometer entfernte Penrith. Der beschwerliche Aufstieg lohnt sich aber allemal. Die Landschaft ist atemberaubend, Rehe und Hirsche zeigen sich gelegentlich auf den Hängen und mit etwas Glück kann man Steinadler dabei beobachten, wie diese majestätisch ihre Kreise ziehen.
Der Legende nach wurde Hayeswater vor 150 Jahren von einem englischen Adeligen mit Loch Leven Brown Trout besetzt. Jenen Forellen, die sich als widerstandsfähiger erwiesen als es darum ging die entferntesten Winkel der Welt mit europäischen Forellen zu besetzen. Die zugleich aber für diese Aufgabe ausgewählt wurden, aufgrund ihrer bestechend schönen Zeichnung und Färbung, als auch zuletzt für ihre überdurchschnittliche Größe.
So trifft es sich, das Hayeswater noch heute gewichtigere Forellen produziert als alle anderen Lake District Seen. Wie überall im Lake District ist es vorteilhaft einen wolkenverhangenen Himmel und eine leichte Brise vorzufinden, bevor man den langwierigen Fussmarsch antritt. Durch seine Höhenlage kommt Hayeswater etwas später in die Gänge als die sich in den Niederungen befindlichen Ullswater und Haweswater. Die besten Monate sind aber auch an diesem See Mai, Juni und September, wenn man mit einem guten Insektenschlupf rechnen darf.
Anders als an den meisten Seen im Lake District ist die Fischerei in Hayeswater nicht kostenfrei. Tickets sind aber einfach und unkompliziert in der Tourismusinformation Glennridding, gelegen am Südzipfel von Ullswater. Von dort ist es eine fünfminütige Autofahrt nach Hartsop am Fuß des Aufstiegs zu Hayeswater.
Jedem der sich eine einstündige, wenn auch körperlich anstrengende Wanderung zutraut, empfehle ich den steilen Anstieg hoch um sich ins sanfte Gras fallen zu lassen, die den See eingrenzenden Pässe zu bewundern und darauf zu hoffen eine der gelbbauchigen Forellen am Ende der Leine zu finden.
HAWESWATER
Ursprünglich ein vier Kilometer langer natürlicher See, wurde von 1929-1935 das damals sehr umstrittene Haweswater Reservoir aufgestaut, um das 150km entfernte Manchester mit Wasser zu versorgen. Dazu wurden die Bewohner zweier Ortschaften ausgebürgert und das Tal überflutet. Noch heute sind bei Wasserniedrigständen die Ortsreste erkennbar.
Auch Haweswater zeichnet sich durch seinen exzellenten Bestand an Wildforellen aus und der See kann lässt sich von allen Uferseiten sehr gut befischen. Wenn auch die Nordwestseite einen Spaziergang um den See erfordert. Die meisten Fischer begeben sich an den großen Parkplatz des Südufers – Ausgangspunkt für Wanderer – um dort einfach und unkompliziert die große, flache Bucht zu befischen. Jedoch anders als in besetzten Seen, ziehen die Forellen keine großen Kreise. Trifft man an einer Stelle auf keine Fische, heisst es den Rucksack zu schnüren und die nächste Bucht zu suchen.
Es ist unwahrscheinlich Größenrekorde in Haweswater zu brechen, doch bei idealen Bedingungen – bedeckt und leichter Wind – stürzen sich die wunderschön gezeichneten Forellen mit Gusto auf das Team an Nass- oder Trockenfliegen. Denn der Nahrungsmangel des tiefen Sees erlaubt es Haweswater Forellen nicht, besonders wählerisch bei der Nahrungsaufnahme zu sein. Stimmen die Vorraussetzungen werden ebenso viele Forellen verheftet wie gelandet. Ist die Wasseroberfläche erst durch den häufig auftretenden Wind mit kräftigen Wellen überzogen, muss man sich auch keine Sorgen über die Größe der Fliegen zu machen. Liegt der See still und klar, lohnt es sich auch hier die Trockenfliege ein oder zwei Größen geringer ausfallen zu lassen.
Wie eingangs beschrieben ist das Fischen im englischen Lake District geprägt von der Kombination einzigartiger Landschaften, wilder Forellen und der eigenen Bereitschaft mobil auf der Suche nach dem Fisch zu sein – sei es am Boot oder zu Fuß. Wer diese Einstellung mitbringt, sich an Natur erfreuen und sich über kleinere Forellen entzücken kann, der wird mit einem Urlaub im Lake District, beim Fliegenfischen in Ullswater, Hayeswater und Haweswater wahre Freude und Zufriedenheit entdecken. Und wenn FliegenfischerInnen dabei noch mit weniger Postkarten freundlichem Wetter als ich zuletzt vor zwei Wochen gesegnet sind, dann stehen die Karten gut selbst einen in fischereilicher Hinsicht unvergesslichen Urlaub zu erleben.
Wie üblich lohnt es sich an unbekannten Gewässern, die Erfahrung eines Guides für den Anfang heran zu ziehen. Aktuellste Hot Spots, Technik und Fliegen können an ein oder zwei Tagen sehr gut vermittelt werden und den Unterschied zwischen Enttäuschung und Euphorie bedeuten. The Eden Angler ist ein auf die Seen der Region spezialisierter qualifizierter Guide, der Euch bei Fragen gerne berät.
Für interessierte Leserinnen und Leser an einer Reise in den Lake District, bin ich bei Fragen jederzeit da. Gerne übernehme ich auch die Organisation der Reise – Info zu Anreise, Sehenswürdigkeiten und Freizeitaktivitäten, Buchung des Ferienhauses, Guide und Fischereilizenzen. Füllt bitte untenstehendes Formular aus und schlüsselt in einigen Worten auf: wie viele Personen, Zeitpunkt des Urlaubs und ich erstelle ein attraktives Angebot. Freue mich von Euch zu hören, tight lines.
Discover more from Forelle & Äsche | Fliegenfischen | Fliegenbinden
Subscribe to get the latest posts sent to your email.
Leave a Reply