Passend zu den sonnigen, milden Tage dieser Woche die das beginnende Frühjahr und die kurz bevorstehende Forellensaison unüberhörbar einläuten, freut es mich nach längerer Abwesenheit, endlich wieder Walter Reisinger mit einem Beitrag begrüßen zu dürfen. Die ersten Vorboten des Frühlings sind in Gärten und Wäldern nicht mehr zu übersehen und Schneeglöckchen, Krokusse, Magnolien bringen wieder Farbe in unser Leben. Nichts erfüllt das Herz des Fliegenfischers aber mehr, als schon jetzt an den Ufern entlang zu spazieren um zu sehen, ob hier und da auch Insekten bereits ein Lebenszeichen von sich geben. Begeben wir uns also gemeinsam auf die Suche nach den bekannten, doch leicht verwechselbaren Märzbraunen.
Die Märzbraune(n) von Walter Reisinger
Sie ist im Frühjahr die am meisten gefischte Fliege, aber die wenigsten Fliegenfischer haben jemals die echte Märzbraune (Rhithrogena germanica) gesehen. Tatsächlich muss man von einer Gruppe, also mehreren Arten von Fliegen sprechen, die von unserer Märzbraunen imitiert werden. Ich möchte die einzelnen Arten beschreiben und mit Bildern eine Hilfestellung geben, wie man am Fischwasser mit noch guten Augen (ich brauche schon eine Vergrößerungshilfe) diese unterschiedlichen Arten bestimmen kann.
Beginnen wir mit der Echten Märzbraunen (Rhithrogena germanica). In meinem Heimatland Österreich ist sie eine ausgesprochen seltene Fliege. Massenauftreten ist mir nur von der Mur, interessanterweise im Stadtgebiet von Graz bekannt – wohl leider bald ein Phänomen der Vergangenheit, dank der Aufnahme der Bauarbeiten zur Staustufe Graz-Puntigam. Außerdem soll sie noch am Alpenrhein in Vorarlberg vorkommen. Auch in Deutschland sind nicht viele Gewässer bekannt, wo sie massenhaft auftritt. Ähnlich wie in Graz tritt sie an der Isar auch im Stadtgebiet von München auf. Franz Josef Schäfer, Autor der eingestellten Zeitschrift „Der Fliegenfischer“ hat sie vor vielen Jahren dort gefunden. Ob sie heute noch vorkommt ist mir nicht bekannt. Ferner soll es im Allgäu einige Flüsse mit Massenauftreten geben. Ähnlich in der Schweiz, wo es nur wenige Flüsse gibt wo die Art vorkommt. Aktuell wird Rhithrogena germanica in vielen roten Listen als bedrohte Art geführt.
Die Larven/Nymphen besiedeln mittlere bis große Flüsse mit steinigem Untergrund in Höhenlagen von 200 bis 700 Meter. In Mitteleuropa beginnt die Flugzeit Mitte Februar und endet Mitte März. Die schlupfreifen Nymphen schwimmen an die Wasseroberfläche und befreien sich dort von der Exuvie. Der Schlupf ist zwar kurz, manchmal nicht länger als eine halbe Stunde, aber spektakulär mit einem Massenauftreten um die Mittagszeit. Auffallend ist, dass trotz Massenschlupf die Fische nicht so aktiv werden, wie man es bei so reichhaltigem Futterangebot erwarten würde. So kann man beobachten, dass ein Fisch steigt, dann viele geschlüpfte Duns, Stillborns und Emerger über ihn driften, bis er wieder steigt. Die einzige vernünftige Erklärung für dieses Verhalten ist, dass auf Grund des kalten Wassers der Stoffwechsel der Fische so reduziert ist, dass sie die aufgenommene Nahrung nur verzögert verarbeiten können. Man kann ähnliches Verhalten auch im Spätherbst beim Äschenfischen erleben.
Märzbraune (March Brown) – Rhithrogena germanica, Subimago ♀
Körperlänge 13 – 16 mm
Vorderflügel 13 – 17 mm
Die Art ist unverwechselbar weil nur Baetis rhodani mit ihr gemeinsam auftreten kann. Diese hat jedoch einen anderen Hinterflügel und eine andere Flügelzeichnung und –farbe. Außerdem ist sie deutlich kleiner.
Flügelbild der Märzbraunen – Rhithrogena germanica,
Subimago.
Die schwärzlich angerauchten Adern sind ein deutliches
Bestimmungsmerkmal.
Der Hinterleib der Echten Märzbraunen ist dunkel graubraun mit einer deutlichen Segmentierung, ohne Hinterleibszeichnung.
Ab Mitte März schlüpft Rhithrogena gratianopolitana. Sie ist eine Schwesterfliege der echten Märzbraunen und wurde wissenschaftlich erst 1986 als eigene Art erkannt. Mit Sicherheit wurde sie in den Jahren davor und vermutlich auch in den letzten Jahren mit der echten Märzbraunen (Rh. germanica) verwechselt. Nachdem sie auf den britischen Inseln nicht vorkommt, hat sie auch keinen eigenen Anglernamen bekommen. Wir haben sie daher „Neglected March Brown“ genannt. Die Larven/Nymphen besiedeln kleinere aber auch größere Flüsse mit steinigem Untergrund in Höhenlagen von 200 bis 900 Metern.
Bestätigte Fundmeldungen gibt es aus dem gesamten Alpenraum, sowie aus Slowenien und Mazedonien. Auch von der Rur gibt es eine verlässliche Meldung, sodass man davon ausgehen kann, dass die Art weiter verbreitet ist als bisher bekannt. Schlupfverhalten und -zeitpunkt des Schlupfes sind gleich der echten Märzbraunen: Mitte März bis Mitte April, kann sich aber verschieben, von Ende März bis Ende April.
Neglected March Brown – Rhithrogena gratianopolitana, Subimago ♂
Körperlänge 11,5 – 12,5 mm
Vorderflügel 11 – 13 mm
Von der Flugzeit könnte sie sich mit der echten Märzbraunen überschneiden. Bisher gibt es jedoch keine Meldungen, dass die beiden Arten in gleichen Gewässern vorkommen, bzw. gemeinsam aufgetreten sind.
Flügelbild Neglected March Brown – Rhithrogena gratianopolitana,Subimago.
Die Flügel haben keine so deutlichen Adern wie bei der echten Märzbraunen und sind weitgehend einfärbig grau. Der Hinterflügel weist einen hellen (aschfarbenen) Rand auf. Der dunkle Hinterleib hat wie bei der Echten Märzbraunen keine Zeichnung, jedoch eine deutliche Segmentierung.
Die beiden letzten Fliegen die mit der echten Märzbraunen verwechselt werden können gehören zwar zur gleichen Familie allerdings zur Gattung Ecdyonurus. Sie sind wesentlich häufiger und weit verbreitet. Sie unterscheiden sich von der Gattung Rhithrogena dadurch, dass sie die Nymphenhülle nicht an der Wasseroberfläche abstreifen, sondern unter Wasser auf einer festen Unterlage. Von Arten dieser Gattung findet man auch nie leere Exuvien in der Drift an der Wasseroberfläche.
Die Falsche Märzbraune (False March Brown – Ecdyonurus venosus) ist wohl die häufigste Märzbraune und wurde in der Vergangenheit und wird vermutlich auch in der Zukunft mit der Echten Märzbraunen verwechselt. Die Larven kommen in allen Fliessgewässern mit steinigem Untergrund, bis in Höhenlagen von 800 m vor. Die höchste Dichte an Individuen wird in Höhenlagen von ca. 400 m erreicht.
Die schlüpfreifen Nymphen kriechen in Flachwasserzonen auf Steinen, die knapp unter die Wasseroberfläche ragen und befreien sie dort von der Nymphenhülle. Sie schlüpfen ab dem späten Vormittag über mehrere Stunden des Tages verteilt, ohne ausgeprägten Massenschlupf.
Eine Nymphe der Falschen Märzbraunen ist auf einen Stein, knapp unter der Wasseroberfläche geklettert und hat den Schlupf eingeleitet.
Die Fliege hat sich großteils aus der Nymphenhülle gezogen
Am Gewässergrund bleibt die leere Nymphenhülle zurück.
Die Flugzeit ist in Mitteleuropa von Mai (vereinzelt auch etwas früher) bis in den Herbst. Das Flugmaximum ist im späten Frühjahr. Die Falsche Märzbraune tritt nie gemeinsam mit der Echten Märzbraunen auf. Auch Flugzeitenüberschneidungen mit der Neglected March Brown sind die Ausnahme. Allerdings schwärmen ab Mai noch mehrere andere Eintagsfliegen aus verschiedenen Gattungen und Familien. Ecdyonurus venosus ist davon aber die häufigste. Die weiblichen Spinner sind die Grossen Rotspinner (Great Red Spinner) und können im späten Frühling bei der Eiablage am Nachmittag und anschliessend als Spinner/Spent im Oberflächenfilm, von Bedeutung sein.
False March Brown – Ecdyonurus venosus, Subimago ♀
Körperlänge 10 – 17 mm
Vorderflügel 10 – 16 mm
Flügelbild False March Brown – Ecdyonurus venosus, Subimago.
Von der Flügelzeichnung könnte man sie mit der Echten Märzbraunen verwechseln, sie hat jedoch keine schwärzlich angerauchten Adern.
Der Hinterleib der Falschen Märzbraunen ist hell und hat keine so deutliche Segmentierung wie die Echte Märzbraune. Dafür erkennt man eine deutliche Hinterleibszeichnung (dunkler Schrägstrich).
Ab Mitte April kann man auch die Large Brook Dun (Ecdyonurus torrentis) auf der Wasseroberfläche sitzen sehen. Sie schlüpft unter Wasser in jeder Wassertiefe. Die Nymphen befreien sich in ihrem Lebensraum von der Exuvie und steigen als geflügelte Subimago zur Wasseroberfläche empor. Der Schlupf beginnt am späten Vormittag bis abends ohne ausgeprägten Massenschlupf.
Die Flugzeit ist in Mitteleuropa von Mitte April bis Anfang Sommer. Ecdyonurus torrentis kommt in Bächen und Flüssen mit steinigem Untergrund, bis in Höhenlagen von 1.000 m vor. Sie tritt meist mit anderen Eintagsfliegen auf. Flugzeitenüberschneidungen mit der Neglected March Brown sind möglich, mit der False March Brown normal.
Die Spinner haben eine ähnliche Bedeutung wie bei der Falschen Märzbraunen und sind von dieser nur schwer zu unterscheiden.
Large Brook Dun – Ecdyonurus torrentis, Subimago ♀
Körperlänge 10 – 15 mm
Vorderflügel 10 – 14 mm
Der Hinterleib hat eine deutliche Körperzeichnung, ähnlich der
Falschen Märzbraunen.
Flügelbild Large Brook Dun – Ecdyonurus torrentis, Subimago
Sie hat ein sehr deutliches Zick-Zack-Muster als Flügelzeichnung. Deutlich erkennt man einen gelbbraunen Streifen am Flügelrand. Wissenschaftler bezeichnen so einen Farbstreifen am Vorderflügel als „Vitta“. Auch die Flügelwurzel hat einen oivegrünen Farbton.
Die Fliege, die auch immer wieder als Märzbraune bezeichnet wird, gehört zu einer anderen Familie und gehört auch als Nymphe nicht zu den Steinklammerern, sondern zu den Schnellschwimmern. Es ist die Large Dark Olive Dun (Baetis rhodani).
Wieso diese Fliege von Fliegenfischern immer wieder als Märzbraune bezeichnet wird, lässt sich nur aus Unwissenheit erklären. Vermutlich ist für diese Fliegenfischer jede Eintagsfliege die in den Monaten Februar/März/April schlüpft eine Märzbraune. Larven und Nymphen, findet man meist gemeinsam in so ziemlich allen Fliessgewässern in Höhenlagen von 200 bis 1.600 m.
Sie ist eine der wichtigsten Eintagsfliegen für uns Fliegenfischer und auf jeden Fall die wichtigste Frühjahrsfliege. Die Large Dark Olive Dun hat eine sehr lange Flugzeit, und kann das ganze Jahr über auftreten. Sogar in den Wintermonaten sieht man an manchen Tagen vereinzelte Fliegen auf der Wasseroberfläche sitzen.
Als erste Fliege im Jahreszyklus überschneidet sich ihre Flugzeit mit allen hier vorgestellten Fliegen und sie tritt mit diesen meist gemeinsam auf. Sie schlüpft wie die Echte Märzbraune und die Neglected March Brown um die Mittagszeit, gleich diesen mit einem Massenschlupf an der Wasseroberfläche.
An der Form des Hinterflügels ist sie einfach von allen anderen hier vorgestellten Arten zu unterscheiden. Ebenfalls ein deutliches Unterscheidungsmerkmal, jedoch nur bei männlichen Fliegen, sind die seitlich aufgesetzten Komplexaugen. Bei den Baetiden werden diese aufgrund ihrer Form (nur bei den Baetiden) auch Turbanaugen genannt.
Large Dark Olive Dun – Baetis rhodani Subimago ♂
Körperlänge Frühjahrsgeneration 9 – 13 mm,
Vorderflügel Frühjahrsgeneration 10 – 13,8 mm.
Die Art hat zwei Generationen. Die zweite (Herbstgeneration)
ist kleiner mit Körperlängen von 5 – 7 mm und
dementsprechend kürzeren Flügellängen
Flügelbild Large Dark Olive Dun – Baetis rhodani, Subimago
Einfärbige dun-farbene Flügel, die manchmal heller oder dunkler sein können
Hinterflügel Large Dark Olive – Baetis rhodani, Subimago ♀
Der Hinterflügel ist kleiner als bei den Arten der anderen Gattungen und hat einen deutlichen Sporn.
Es gibt noch mehrere Eintagsfliegenarten aus der Familie der Baetidae die bereits im April fliegen. Sie unterscheiden sich nach den gleichen Bestimmungsmerkmalen von den Märzbraunen wie die hier besprochene Large Dark Olive Dun. Als einzige Fliege neben Baetis rhodani fliegt im März Baetis pentaphlebodes (Plains Olive Dun). Es ist eine Tieflandart, die im Unterlauf von Flüssen vorkommt. Sie ist minimal größer als die Large Dark Olive Dun, kann aber ohne technische Hilfsmittel (Mikroskop) nicht von dieser unterschieden werden.
Flugzeitentabelle
Legende
gelb – die Art kann auftreten, aber üblicherweise nicht in großer Zahl.
blau – Hauptflugzeit mit Massenauftreten.
hellgrün – die Art hat in dieser Zeit ihre Flugzeit und kann in größerer Zahl auftreten.
Alle hier angeführten Flugzeiten treffen für Mitteleuropa zu. In anderen Gebieten Europas können andere Flugzeiten bestehen, bedingt durch geografische oder meteorologische Faktoren. In England wird z.B. für die Echte Märzbraune eine Flugzeit bis Mai angegeben.
Aufgewachsen im oberösterreichischen Linz, kam Walter Reisinger vor vierzig Jahren mit der Fliegenfischerei in Berührung. Autodidaktisch entwickelte er sich zum versierten Hobby-Entomologen und machte sich als Co-Autor von ‘Entomologie für Fliegenfischer: Vom Vorbild zur Nachahmung‘ einen Namen weit über den deutschsprachigen Raum hinaus.
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Walter Reisinger says
Es gibt von der Märzbraunen neue Beobachtungen aus Österreich. So soll Rhithrognea gratinaopolitana an der Mur oberhalb von Graz vorkommen. Möglicherweise gemeinsam mit der echten Märzbraunen, die ja im Stadtgebiet von Graz nachgewiesen ist. An der Steyr im Stadtgebiet von Steyr habe ich Mitte März erstmals die echte Märzbraune gefunden, gemeinsam mit Rhithrogena gratianopolitana, der Negelected March Brown. Es ist dies das erste Mal das beide Arten im gleichen Gewässer zum gleichen Zeitpunkt in einem Gewässer aufgetreten sind.
Tankred Rinder says
Sehr interessante Hinweise wie immer Walter, vielen Dank dafür. Ich frage mich, wie lange oder ob die echte Märzbraune im Stadtgebiet von Graz noch nachgewiesen werden wird. Denn die Mur gleicht leider nicht mehr dem Fluss, der sie vor wenigen Jahren noch war. Steinklammerer werden wahrscheinlich bald keine idealen Lebensbedingungen mehr dort vorfinden. Möchte mich aber sehr gerne vom Gegenteil überzeugen lassen und bin gespannt auf den Graz Besuch im Sommer.
LG Tankred
Darius says
Hallo Tankred,
wieder mal ein super Artikel mit schönen Bilder. Danke natürlich auch an Hr.Reisinger.
Es geht bald los, ich werde die Augen offen halten und Ausschau nach der Märzbraune halten.
Bis dann und Gruß aus Bergischen
Darius
Tankred Rinder says
Hallo Darius,
Walter Reisinger wird sich mit Sicherheit über Dein Feedback freuen. Lass uns bitte wissen, wie es Dir auf der Suche nach der Märzbraunen erging. Viel Glück dabei und vor allem einen fulminanten Start in die Forellensaison 2017.
Tight lines, Tankred
Blog@fliegenfischen-deutschland.de says
Sehr informativer Artikel….toll gemacht! Übrigens konnte ich die “Neglected March Brown” – Rhithrogena gratianopolitana schon an der Rur in Monschau beobachten, fotografieren und nachweisen! Das hat mir Walter auch anhand der Bilder bestätigt.
Tankred Rinder says
Danke Detlef… Walter Reisinger eben. Dann bezieht sich sein Vermerk im Beitrag also auf Dich! Gut gemacht, dass Du einen Schnappschuss des Insekts hinbekommen hast.
Beste Grüße, Tankred