© flickr user: lofaesofa
Schnaken, Tipula-Mücken, Weberknecht oder Daddy Long Legs – wie auch immer diese in der Zeit von Juni bis Oktober fliegende große Zweiflüglerart genannt wird, für Forelle & Äsche stellt dieses überdimensionierte Insekt einen nahrungsreichen Happen dar. Werden diese ufernah lebenden Landinsekten vom Wind ergriffen und landen auf der Wasseroberfläche, erheben sich die schlechten Flieger nur mühsam, wenn überhaupt jemals wieder. Ein auf der Wasseroberfläche zuckender 3-5 cm großer Daddy Long Legs, ist besonders im Spätsommer und Frühherbst eine willkommene und leichte Beute für Forellen an Seen. Ihre Fängigkeit haben ‘Daddies’ aber auch oft, an mit reichlich Ufervegetation versehenen Wiesenflüssen unter Beweis stellen können.
Trotz ihrer relativ geringen Verbreitung als Kunstfliegen, sind Daddy Long Legs sehr traditionelle Fliegen, die vermutlich bereits im 1496 erschienen ‘Treatyse of fysshynge wyth an Angle‘ von Dame Juliana Berners Erwähnung fanden. Der spätere Mitautor von Izaak Waltons ‘The Compleat Angler‘, Charles Cotton, führte die ‘Daddies’ in seiner Liste an fünfundsechzig unerlässlichen Fliegen unter ihrem altenglischen Namen ‘Harry Long Legs’.
Historische Ahnentafel hin oder her, Daddy Long Legs sind attraktive Muster, die als ‘Terrestrials’ häufig ihren Weg auf die Speisekarte von Forelle & Äsche finden. Als willkommene, üppige Abwechslung zu den zu der Jahreszeit kleinwüchsigen Vertretern der Eintagsfliegen und selbst Köcherfliegen, rufen Daddy Long Legs in Salmoniden eine besonders spektakuläre Reaktion hervor.
Ich erinnere mich an einen heißen Spätsommer 2010 an der Ahr. Eine gute Brise wehte den ganzen Tag und Bachforellen in allen Größen, stürzten sich gierig und laut klatschend aus den Tiefen auf meinen Daddy Long Leg. Beim Fliegenfischen in Seen, gilt es bei aggressiven Attacken auf den Daddy die Ruhe zu bewahren und den Zug in der Schnur abzuwarten. Aufgrund der stattlichen Größe der auf der Oberfläche sitzenden Schnaken, unternehmen Forellen gerne den Versuch das Insekt mit einem wilden, wallenden Angriff unter die Wasseroberfläche zu tauchen, bevor dieses in der Folgeattacke verschlungen wird.
Sitzt der Daddy Long Leg bereits tief im Wasser, veranlasst die hilflos erscheinende Fliege, Forellen zur visuell ansprechendsten Steigform. Erst letzte Woche konnte ich bei der Stillwasser Fischerei an Eyebrook Reservoir, cruisende Regenbogenforellen dazu verleiten, mit weit geöffnetem Maul langsam aus dem Wasser zu gleiten und wie ein Delphin über meinen tiefsitzenden Daddy Long Legs zu buckeln. Anders als im Fliesswasser, gilt es mit dem Anhieb solange zu warten, bis der Fisch Zeit zum Untertauchen fand. Nervenzerreisende Sekunden! Verfrühte Anschläge entreissen die Beute bzw. setzten den Haken nicht sicher.
Auch wer noch nicht die Gelegenheit dazu hatte, das Fliegenfischen an heimischen Seen zu probieren, oder sich der in Schottland oder Irland noch immer praktizierten traditionelle Methode des ‘Dapping’ (Tippfischen) hinzugeben, sollte sich nicht davon abhalten lassen auch für heimische Flüsse, dass eine oder andere Daddy Long Leg Muster in seiner Fliegendose aufzubewahren. Als Alternative zu verbreiteten Trockenfliegen, überzeugt der Daddy Long Leg als Garant für sensationelle Bisse. Wer möchte nicht gelegentlich Fische mit einem Muster aus den Tiefen locken, für das selbst konservierungsbedachte Fische bereit sind, beachtliche Energie aufzuwenden.
Sven Ostermann – Extended Body Daddy Long Legs
Sven Ostermann nimmt sich eines, besonders für das Tippfischern (Dapping) beliebtes Muster an. Beim Tippen ist die Schwimmfähigkeit des Musters von geringerer Bedeutung, da die Fliege vom Boot aus an kurzer Schnur fischend jeweils nur kurz an einer Stelle verharrt, bevor diese vom Wind bewegt an anderer Stelle wieder aufsetzt. Der mit Elchhaar gebundene Körper verfügt jedoch über ausreichend Auftrieb, sodass dieser falls mit genügend Gink versehen trotzdem gut schwimmt, oder gerade mal die Wasseroberfläche durchbricht und in den oberen Zentimetern der Wassersäule auf den am Fluss agierenden Fliegenfischer zutreibt. Dieses Muster darf aber ruhig ein wenig abtauchen. Ertrunkene Terrestrials sind für Forelle & Äsche die Norm und werden dankbar mit wenig Kraftaufwand konsumiert. Extended Bodies sind nicht ganz einfach zu binden, doch wird die Technik einmal gemeistert, findet sie Einsatz bei anderen großen Mustern wie z.B. Ephemera Danica.
*Wer keinen Nadel & Kopfeinsatz für den Bindestock besitzt, spannt eine längere Nähnadel zwischen die Backen des Bindestocks. Die Sicherheitsnadel ist ein Hilfsinstrument, dass während einiger Bindeschritte beim Aufbau des Extended Bodies dabei unterstützt, die Elchhaare zur Seite zu legen. Des weiteren wird ein kleines Stück Ventilgummischlauch als Bindehilfe herangezogen.
Bindematerialien:
Haken: Buckelhaken feindrähtig #10-12
Bindegarn: Dyneema
Körper: Moose Bodyhair/ Elchhaare (sehr lang)
Flügel: Kunstbast mit Tegaderm verstärkt (Spezialpflaster für offene nässende Wunden) , oder alternative Kunststoffflügel
Beinchen: braunes Nylon 0,25mm ( Platil oder Maxima)
Das Öhr der Sicherheitsnadel über die eingespannte Nadel schieben. Die Sicherheitsnadel ist ein Hilfsinstrument, dass während späterer Bindeschritte dabei unterstützt, die Elchhaare zur Seite zu legen. (s. Abbildung 5). Im ersten Schritt wird nun das Bindegarn an der Nadelspitze befestigt.
Mit dem Elchhaar wird der Körper der Fliege geformt. Dazu wird ein dünnes Büschel abgeschnitten und wie abgebildet an der Nadelspitze angebracht.
Mit der linken Hand die Elchhaare über die Nadel legen und mit der freien rechten Hand, den kleinen Ventilschlauch über die Nadel schieben. Dieses Hilfinstrument entlastet den Zug der linken Hand am Elchhaar und sorgt dafür, dass das Elchhaar nicht über die Nadelspitze abrutscht.
Das Elchhaar vor dem Ventilschlauch mit einigen festen Windungen fixieren. Wird das Röhrchen abgezogen, sieht die Bindestelle wie folgt aus und stellt das letzte Segment am Körperende des Extended Bodies dar.
Nun kommt die Sicherheitsnadel als Hilfsinstrument zum Einsatz. Sie wird über die Nadelspitze hinaus geführt und zieht dabei die Elchhaare mit sich.
Die Haare nun mit der rechten Hand fassen, die Sicherheitsnadel an die Backen des Bindestocks zurückschieben. Mit der linken Hand werden jetzt einige Windungen des Bindegarns an der Nadel vollführt – die Umwicklung entspricht der Länge des nächsten Körpersegments des Extendend Bodies.
Die Körperhaare werden jetzt in die linke Hand genommen, nach vor über die Nadel gelegt, und mit festen Umwindungen des Bindegarns das nächste Segment des Körper abgeschlossen. Danach werden die Schritt aus Abbildung 5 und 6 wiederholt. Also: mit der Sicherheitsnadel die Haare aus dem Weg nehmen und mit dem Bindegarn einige Windungen – Körpersegmentlänge – um die blanke Nadel legen.
Wurden Bindeschritt 5 und 6 nun wiederholt, vollführen wir den selben Schritt wie in der obigen Abbildung. Die Körperhaare werden in die linke Hand genommen, nach vor über die Nadel gelegt, und mit festen Umwindungen des Bindegarns das nächste Segment des Körper abgeschlossen.
Der beiden vorhergenden Bindeschritte werden somit insgesamt 6-7 Mal wiederholt, bis man an das Ende des noch zu bildenden Thorax gelangt. Das letzte Segment sollte dann etwas länger ausfallen, da darauf dann die Flügel befestigt werden.
Die Elchhaare werden nun über den Körper zurück gelegt und dabei am ersten und zweiten Segment erneut umwickelt. Danach bringen wir das Bindegarn nach vor zwischen die beiden letzten Segmente um die Flügel dort einzubinden.
Die Flügel die zuvor zurecht geschnitten wurden, werden jetzt an dieser Stelle mit einer Kreuzwicklung angebracht.
Danach wird die obere Hälfte der Haare über die Flügel nach vorne genommen und fixiert.
Im nächsten Schritt wird die untere Hälfte der Haare, unterhalb der Flügel nach vorne genommen und fixiert.
Sodann folgt noch ein letztes Segment und mit ein paar halben Schlägen (half-hitch) erfolgt der Abschluss des separat gefertigten Körpers.
Nun kommt ein etwas kniffliger Vorgang, denn der Körper muss von der Nadel gezogen werden. Je glatter die Nadel ist, desto einfacher geht das vonstatten. Mit Daumen und Zeigefinger greift man so über den gesamten Körper und unter festem Druck beider Finger, zieht man den Körper von der Nadel. Andernfalls rutscht der Körper zusammen wie eine Ziehharmonika und wird eventuell sogar unbrauchbar, weil hoffnungslos zusammengestaucht.
Als nächstes den Haken einspannen und drei ca. 10 cm lange Nylonfäden darauf mit Achterwicklungen festlegen. Zwischen den einzelnen Beinpaaren dann einige Wicklungen legen, damit diese sternförmig abgespreizt werden. Hier kann man etwas Lack oder Sekundenkleber zur Stabilisierung auftragen.
Die Beinchen werden allesamt nach oben gezogen und auf etwa doppelte bis 2,5-fache Körperlänge gestutzt.
Danach kann der Körper von oben auf dem Haken befestigt werden.
Nun werden zwei bis drei Windungen hinter der Flügelbasis und dieselbe Anzahl an Windungen zwischen Flügelbasis und Kopf angebracht. Danach mit einem Kopfknoten versehen und fertig soweit.
Zum Schluss wir mit leicht erwärmter Pinzette, jedes Beinchen noch mit je zwei Knicken versehen. Einer nach unten und andere wieder nach oben. In warmen Sommernächten findet man bei geöffneten Fenstern in hell erleuchteten Räumen, genügend Anschauungsmaterial wie die Beinchen aussehen sollen.
Und fertig ist somit der Daddy Long Legs. Ein sicherlich nicht einfach zu bindendes Muster, dass in der Herstellung jedoch Bindetechniken verwendet, die in weiteren großen Mustern – Ephemera Danica – Einsatz finden. Viel Spass beim Binden!
Hans Hilgers – Daddy Long Legs
Hans Hilgers hat sich für die vollkommen trockene Variante des Daddy Long Leg entschieden. Augenscheinlich ein etwas einfacher zu bindendes Muster, als das vorhergegangene. Doch auch diese Bindevariante hat seine Herausforderungen. Das Verknoten der Beinchen hat schon so manchen Binder an den Rand des Verstands gebracht. Die Fibern des Fasanenstoß sind brüchig und der Beinchen- Knoten muss mit viel Achtsamkeit angebracht werden. Abhilfe schaftt dabei der Kauf von bereits vorgefertigten, geknoten Fasanenstoßbeinchen. Der Popularität von Daddy Long Legs und Hoppers als Trockenfliegen, ist die Herstellung dieses bereits vorgefertigten Bindematerials zu verdanken.
Bindematerialien:
Haken: Trockenfliegen/Nassfliegen feindrähtig #10-12
Bindegarn: Schwarz
Körper: Flossseide (tan, hellbraun)
Rippung: Kupferdraht fein
Flügel: Hahnenhechel (helles Ginger)
Hechel: Hahnehechel (Red Game oder dunkles Ginger)
Beinchen: Fasanenstoss (dunkel gefärbt oder natur)
Den Haken in den Bindestock spannen, eine Grundwicklung legen und am Körperende ein etwa 7-10cm langes Stück Flossseide einbinden.
Am Körperende ein 5cm langes Stück Kupferdraht befestigen. Mit dem Floss einen schlanken Körper bilden, der etwa 2/3 des Hakenschenkels bedeckt. Ungefähr fünf Windungen des Kupferdrahts, in entgegen gesetzter Richtung zu den Umwindungen der Flossseide anbringen.
Sechs verknotete Fasanenstossfibern als Beinchen einbinden.
Im letzten Achtel des Hakens, zwei ginger Hechelspitzen als Flügel befestigen.
Am Körperende eine Hahnenhechel anbringen und mit sechs bis acht engen Umwindungen, einen dichten Hechelkranz formen.
Die letzten Hechelumwindungen vor den Flügelspitzen anbringen, mit einem Kopfknoten versehen und fertig ist der Daddy Long Legs. Wer zuviele vermeintliche Fehlbisse auf diese recht große Trockenfliege erlebt, stutze die Unterseite des Hechelkranzes. Somit sitzt der Daddy tiefer im Oberflächenfilm und Forelle & Äsche unterlassen den Versuch, das große terrestrische Insekt vor dem wirklichen Biss mit Körperattacken zu ertränken. Happy Tying!
Discover more from Forelle & Äsche | Fliegenfischen | Fliegenbinden
Subscribe to get the latest posts sent to your email.
Leave a Reply