© Heiko Wehner
Endlich werden die Sommerwochen wieder etwas kühler. Musste man in den letzten Wochen bis spät nach Einbruch der Dunkelheit auf einen Insektenschlupf warten, so stehen jetzt die Chancen bereits gut, nachdem die Sonne sich hinter den Baumkronen versenkt, auf einen Schlupf von Blue Winged Olives (BWO) zu treffen. Diese Eintagsfliegenart zählt zu den weitverbreitesten, für den Fliegenfischer interessanten Insekten – man trifft sie in ganz Europa mit Ausnahme von Island an – und Ihr Auftreten erstreckt sich von Gebirgsbächen, über Seen bis hin an große Ströme des europäischen Tieflands.
Die sonnenempfindlichen Blue Winged Olives haben ihre Hauptschlupfzeit von Juni – September und sie schlüpfen in Massen nach Einfall der Dämmerung. Kühlen jedoch von August an die Tage merkbar ab, verlagert sich der Schlupf in den späten Nachmittag. Die Körpermaße sind relativ klein (Hakengröße 14 – 18). Doch diesen Mangel an Größe kompensiert die BWO durch ihr massenhaftes Auftreten. Ernähren sich Forelle & Äsche von BWO, treiben sie Fliegenfischer leicht an den Rand der Verzweiflung, werden doch zumeist andere Insektenarten beharrlich ignoriert.
Als Insekt ist die BWO leicht von anderen Eintagsfliegen zu unterscheiden, mittels der drei Schwanzfäden die sie besitzt und durch die nach hinten geneigten, in ungefähr 30º vom Körper abstehenden Flügeln. Erstere Unterscheidung ist nicht immer leicht auszumachen, da die Nymphenhülle – so besagt die Theorie – dazu neigt rasch zu verhärten oder auszutrocknen, wodurch die BWO während des Schlupfs manchmal einen ihrer Schwanzfäden verliert. Somit verwechselt der Hobbyentomologe am Wasser, gerne die BWO mit einer Medium Olive (Baetis) oder der Small Spurwing (Centroptilum).
Farblich weist die BWO große Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen auf, als auch zwischen den Herkunftsgewässern – dunkler in Gebirgsbächen, heller in Niederungsflüssen – sowie zwischen Schlupfzeiten. So wechselt das Farbkleid der weiblichen BWOs von hellgrün im Juni, zu mittel- bis dunkleolive im Juli, hin zu einem rostigen olivfarben oder dem Rot des Alkoholgeträns ‘Sherry’ im August und September. Die Bezeichnung ‘Sherry Spinner’ für am Wasser treibende, sich der Eiablage entledigter Weibchen, geht auf dieses Farbmuster zurück. Männliche Vertreter sind in der Regel orange bis braun, wovon das klassische G.E.M. Skues Muster – ‘Orange Quill’ – zeugt.
Mehr als andere Eintagsfliegenarten müssen sich BWO besonders anstrengen, um sich von ihrer Nymphenhülle zu befreien, oder die Oberflächenspannung des Wassers zu durchbrechen. Und so driftet die BWO Nymphe über weite Strecken unter der Wasseroberfläche. Viele der vor sich hintreibenden Nymphen werden während dieses hyperaktiven Vorgangs, in dem sich die Nymphe krümmt und windet um an die rettende Wasseroberfläche zu gelangen, mit durchaus heftigen Attacken, die einen Schwall der sich drehenden Forelle & Äsche an der Wasseroberfläche hinterlassen, vom Erreichen dieses Zwischenziels abgehalten.
Diese Steigform wird leicht fehlinterpretiert, zumal der Schlupf besonders Abends zeitgleich zum Spinnerfall stattfindet. Das Rätsel betreffend der richtigen Musterwahl entschlüsselt man am einfachsten so:
- Tagsüber eine kleine PTN (Pheasant Tail Nymphe) die den versuchten Aufstieg imitiert – die Nymphen unternehmen mehrere Anläufe an die Wasseroberfläche um Temperatur und Sonnenlichtgrad einzuschätzen und lassen sich bei nicht idealen Konditionen wieder absinken.
- Ein schwimmfähiges Muster wie eine Devaux -artige Fliege während des Sonnenuntergangs, welches in der oberen Wassersäule fischt.
- Sobald es dämmert, die Dunkelheit einbricht und gute Sichtverhältnisse abnehmen, sind Mustern wie einer BWO Dun oder einem Sherry Spinner an der Wasseroberfläche, sowie einer Flymph im Film der Oberfläche der Vorzug zu geben.
Walter Reisinger – Blue Winged Olive – Flymph
Walter Reisinger ist ein großer Fan der Nassfliegen von Leisenring/Hidy. Werden diese Softhackle Nymphen leicht gefettet, hängen diese bevor sie als Nassfliege fischen, verführerisch im Oberflächenfilm. Durch die Fadensicherung der Thorax-Kopfhechel ist dieses Muster darüberhinaus sehr haltbar.
Bindematerial
Haken: Trockenfliegenhaken mit geradem Öhr Gr. 14/16
Bindefaden: Olivegrün 8,0
Schwanzfäden: Hennenhechelfibern helles dun
Körperdubbing: Davy Wotton SLF Squirrel Dubbing Golden Olive
Thoraxdubbing: Davy Wotton SLF Squirrel Dubbing Dark Olive
Thorax-Kopfhechel: Hennenhechel helles dun
Bindefaden anlegen und Schwanzfäden einbinden. Dubbing sparsam anwinden und einen zarten Körper formen.
Die Hechelstamm nach hinten gerichtet einbinden und die Fibern über das Öhr ragen lassen.
Thoraxdubbing anwinden und den Thorax von vorne nach hinten formen. Der Bindefaden hängt am Übergang vom Körper zum Thorax.
Die Hechel mit mehreren Windungen über den Thorax nach hinten führen und mit dem Bindefaden abfangen. Den Bindefaden in mehreren Windungen durch den Hechelkranz nach vorne führen. Aufpassen, dass keine Fibern eingeklemmt werden. Mit einem Kopfknoten abschließen. Die fertige BWO Flymph!
Hans Hilgers – Blue Winged Olive – Dun
Hans Hilgers entschied sich für die bereits geschüpfte Dun der Blue Winged Olive. BWO Duns verharren relativ lange auf der Wasseroberfläche und machen sich dadurch zu einer leichten Beute von Forelle & Äsche. BWO Schlüpfe sind in der Regel besonders produktiv und das eigene Muster im Meer treibender Duns und aufsteigender Nymphen hervorzuheben, ist dabei die größte Herausforderung. Gezielt steigende Fische anzuwerfen führt dabei zum Erfolg.
Bindematerial
Haken: Trockenfliegenhaken Gr. 14/16
Bindefaden: olivegrün 8,0
Schwanzfäden: Hahnenhechelfibern helles Dun
Körper: Turkey Biots hellbraun
Thoraxdubbing: Dunkel Olive
Thorax-Kopfhechel: CDC Blue Dun
Den Haken im Bindestock einspannen, eine Grundwicklung legen und einige Fibern einer hellen Hahnenhechel am Hakenende anbringen.
Zwei CDC Federn mit der Hechelspitze nach vor einbinden, wobei die Spitzen ungefähr eine Hakenlänge ausmachen. Mit einer Kreuwicklung die beiden Federn leicht abspreizen (s. nächste Abbildung).
Eine hellbraune Truthahnbiot (Biot = Horngrannen) an der Hakenbeugung anbringen. Biots sind leicht gewölbt und abhängig von der Wölbungsrichtung, erzeugen Biots einen gerippten oder flachen Körper. In diesem Beispiel achten wir darauf, die konkave (ausgehöhlte) Seite vor Augen zu haben.
Das Biot in offenen Wicklungen um den Haken winden. Wurde das Biot von der richtigen Seite her eingebunden, ergibt sich dieser herrliche, durch die ganz feinen Federstrahlen erzeugte Effekt. Bei ungefähr 2/3 der Hakenlänge abbinden
Den Bindefaden in einer Schlaufe um den Haken legen, und das Dubbing mit einem Twister zu einem Dubbingstrang verdrallen.
Mit dem Dubbingstrang, den für BWO typisch ausgeprägt geformten Thorax bilden. Mit einem Kopfknoten versehen und presto, fertig ist die BWO Dun.
Sven Ostermann – Der Besen
Sven Ostermann liess sich vom Mitautor der Forelle & Äsche Serie ‘Fliege des Monats’ Walter Reisinger und einem, in seinem Buch ‘Entomologie für Fliegenfischer – vom Vorbild zur Nachahmung‘ vorgestellten Muster inspirieren. In dem Buch sprechen die Autoren von einem walisischem Muster, deren genaue Herkunft nicht mehr geklärt werden konnte.
Bindematerial
Haken: Trockenfliegenhaken ‘up-eye’ Gr. 14/16
Bindefaden: Polypropylen – gekräuselt dünn in Olivgrün oder Claret
Hechel: Gizzly Hahnenhechel
Mit dem Polypropylen eine Grundwicklung legen und vor dem Öhr mit dem Bindefaden einen Thorax formen.
Ungefähr ein Drittel vor dem Hakenöhr eine Grizzly Hechel einbinden.
Die Hechel 4-5 in Richtung Beugung um den Haken winden, und den Rest der Hechel bis auf Höhe des Widerhakens umwickeln.
Mit abrupten Zug an der Hechelklemme die Hechel abreissen. Die durch diesen Vorgang verbleibenden Fibern als Schwanzfäden nutzen. Als nächstes werden die Hechelfibern nach vorne in Richtung Hakenöhr gestriffen. Danach mit dem Bindefaden einen gleichförmigen Körper formen und im Stil der Devauxbindeart die Hechel umwickeln.
Zu guter Letzt den Bindefaden zwischen den Hechelfibern durchführen – dabei darauf achten die Fibern nicht niederzudrücken. Abschliessen wie gewohnt, die Fliege mit einem Kopfknoten abbinden. Fertig ist der einfache, jedoch äusserst effektive Besen. Viel Spass beim Binden der BWO!
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Tankred Rinder says
Hallo Alex,
finde ich gut, dass Du unseren Lesern bestätigst – gelegentlich ist die exakte Imitation des natürlichen Vorbilds und Verhaltens unerlässlich. Hoffe Du hattest das richtige Sortiment dabei!
Beste Grüße
Tankred
Alex says
Wenn die Fische an der Weser/Vesdre steigen, dann hilft meist nur eine “genaue” Imitation. Bei knapp unter der Oberfläche und durchs Wasser brechende Fische hilft oft auch noch eine aufsteigende Nymphe direkt vorm Fisch.
Alex says
Hallo zusammen,
vielen Dank für die tollen Muster. Die oben beschriebene Situation kenne ich nur zu gut und durfte sie auch am Sonntag wieder erleben. Eine der wenigen Situationen an der Vesdre, wo man ohne entsprechendes Muster gänzlich hilflos da steht.
Viele Grüße
Alex