Ein Blick auf den Wetterbericht der nächsten vierzehn Tage, verstärkt meine Vermutung – der Herbst kehrt pünktlich zu seinem astronomischen Beginn in unseren Gefilden ein. Diese klimatische Ankündigung weist hin auf das bevorstehende Ende der Forellensaison, sich rasch verkürzende Tage und auf das Einpacken von Fleecejacken für die letzten Wochenenden an unseren Flüssen. Forellen widmen sich noch ein letztes Mal mit Hingabe der Nahrungsaufnahme, bevor sich ihr Instinkt wesentlicheren Dingen zuwendet.
Der Temperatureinbruch der letzten Tage lässt mich mit Wonne zurückdenken an das wohl letzte sommerlich warme Wochende dieses Jahres vor zwei Wochen. Die Tagesaussichten auf 30° ließen meine Frau und mich Holzkohle kaufen um an der Rheinriviera Rodenkirchen in Köln, Steaks, Köfte und süßen Paprika zu grillen. Und während meine Frau den Karotten-Kohlrabisalat zubereitete, die Kühltasche mit Bier und Wein füllte und die Picknickdecken faltete, bestückte ich eine kleine Fliegendose mit Boobies, Gurglers und weiteren Lures in der Vorfreude auf ein Stündchen zu fischen, um hoffentlich meinen ersten Rapfen zu fangen.
Um mir den Geifer einiger LeserInnen über die klassische Rollenverteilung unserer Ehe zu ersparen, bin ich geneigt den Kaufwert von Le Creuset und Stellar in Greys, Metz und Snowbee umzurechnen. Doch genug davon; was mir der Bindetisch, ist meiner Frau die Küchenablage. Unmissverständlich wird mir mit kurzem, scharfen Blick mein Platz zugeteilt, wenn Amy sich in ihre Kochtrance begibt. An den Computer oder Bindetisch – und anschliessend zum Esstisch. Und dieses Arrangement gefällt mir, auch wenn ich selbst gerne und akzeptabel gut koche.
Alle Köstlichkeiten, Geschirr und Barbecue in Satteltaschen gepackt, schwangen wir uns auf unsere Räder und machten uns auf den 13km langen Weg von Köln-Ehrenfeld an den Rodenkirchner Sandstrand. Eine wirklich zu empfehlende Oase am Stadtrand an dem ganz ohne Übertreibung, unweigerlich echte Urlaubsstimmung aufkommt – selbst beim Anblick von riesigen Lastkähnen die sich den Rhein auf und ab schieben. Bei km11 endlich am Rheinufer angekommen, war es Zeit für einen Zwischenstop und ein Büdchenbier. Und während das kühle Pils – bin eben kein Kölner – meinen von Hitze und Durst ausgetrockneten Mund erfrischte, glitt mein Griff nach der vermeintlich angelegten Watweste einzig an mein verschwitztes T-Shirt.
Als ich überlegte sofort ein zweites Bier zu trinken, oder mich auf den Rückweg zu machen um Vorfach, Fliegendose und Zange zu holen – für beide Optionen hätte das Verständnis meiner Frau dann noch nicht gereicht – betastete ich Rute, Rolle und Kescher mit dem Wehmut einer vertanen Chance auf meinen ersten Rapfen. Mich dem Schicksal fügend, erinnerte mich meine Frau an die vereinzelten Fliegenfischer, die wir doch während unserer Barbecues in den letzten Wochen am Rhein sahen. Wenn doch an diesem Tag nur auch einer sein Glück versuche, könne ich doch ganz bestimmt um eine Fliege und einige Meter Monofil bitten. In Momenten wie diesen wird mir der Wert unserer Partnerschaft immer wieder aufs Neue bewußt!
Also nichts wie weiter an den Strand, Picknickdecken ausgebreitet und erst mal Feuer gemacht.
Ein gutes Buch in der Hand – An Entirely Synthetic Fish: How Rainbow Trout Beguiled America and Overran the World – den Blick auf den Rhein gerichtet in dem sich meine Frau abkühlt, fällt mir Amy’s aufgeregte Gestik auf. Eine imaginäre Rute in der Hand, deutet sie Rück -und Vorschwung an und zeigt dabei auf eine Stelle hinter der Buhne. Tatsächlich hatte meine Frau mit der Ermutigung die sie einige Minuten vorher aussprach Recht behalten. Da stand doch wirklich ein Fliegenfischer mit Shorts und Strohhut – ey, es hatte 30° – bis zum Knie im Wasser und warf seine Schnur weit in Richtung Strömungskante.
Es bedurfte also nicht viel Mut, die Buhne zu erklimmen, den Sympathiefaktor des unbekannten Fliegenfischers einzuschätzen und auf den jungen Familienvater – dessen Frau und zwei Kinder die eleganten Würfe mit Interesse verfolgten – zuzugehen. Der Eindruck täuschte nicht und meine verlegene Bitte um EINE Fliege und 3 METER Vorfach wurde ohne mit der Wimper zu zucken nachgekommen. In der kurzen Unterhaltung erfuhr ich, das besagter Fischer sich auf seine bevorstehende Reise an den River Moy vorbereitete. Dem entsprechend fiel auch die großzügige Gabe an mich aus; zwei Tubenfliegen und Vorfach der Stärke 0.35mm.
Kein Problem für meine 5/6 9ft Rute dachte ich und begab mich nach aufrichtigem Dank für die Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit – mein Kaufvorschlag wurde abgelehnt – zurück an unser Feuer, dessen Kohlen sich in der Zwischenzeit weiss verfärbt hatten und durchdringende Hitze abgab. Fleisch und Gemüse am Grill und ein Glas Wein in der Hand, überschlug ich mich fast vor Freude in wenigen Stunden ebenfalls im Wasser zu stehen und mit mächtigen Reizfliegen, furchtlose Räuber zum Anbiss zu verleiten.
Und während Amy und ich genüsslich unsere Köstlichkeiten verzehrten, uns über mein Glück und ihre weise Voraussicht unterhielten mussten wir wieder einmal feststellen: das Leben ist voll von positiven Überraschungen und kleinen Freuden, die die gelegentlichen Sorgen und Nöten mehr als aufwiegen. Schliesslich war es soweit. Die Sonne begann sich zu senken, die meisten Sonnenanbeter packten ihre Sachen und endlich rüstete ich Rute, Schnur und Fliege auf.
Liebend gerne fische ich an großen Gewässern, egal ob See, Meer oder Fluß. Denn das Fischen an diesen Arten von Gewässern schärft, nach der ersten Ungewissheit wo zu beginnen aus Mangel an Strukturhinweisen, die Sinne für das mögliche Vorkommen von Fischen. Kleinstfische die panisch aus dem Wasser springen, Wasserwirbel die unter Umständen auf einen sich wendenden Fisch unter der Oberfläche deuten, Schwalben die schlüpfende Insekten aufgreifen oder Tauchvögel die derselben Beute nachstellen wie das Ziel unserer Bemühung – Raubfische.
Und bereits nach zwei Würfen wurde die kleine Tubenfliege ihrem Ruf, der unwiderstehlichen Anziehungskraft auf Fische gerecht. Ein, zwei Schläge an der Schnur – kurz noch schneller strippen, das nervenzerreissende Abwarten bis zum Strecken der Schnur und endlich Anhieb. Die erhoffte erste Flucht, die mir fast die Rute aus dem Arm reisst blieb aber aus. Nun gut dachte ich, ein furchtloser Barsch ist ein willkommener Fang an einem Gewässer, welches mich schon öfter ohne einen einzigen Biss nach stundenlanger Anstrengung nach Hause gehen liess.
Meine Überraschung war kaum zu fassen, als ich anstatt der erwarteten schwarzen Streifen am Fisch vor mir, das Schuppenkleid eines karpfenartigen erblickte, welcher sich nach dem Landen als Rotauge herausstellte. Das Rotaugen sich von Würmern, Larven und anderen wirbellosen Tieren ernähren war mir bekannt. Den Anblick des Drillinghakens der rasch gezupften Tubenfliege im unterständigen Maul, muss ich aber bis heute für mich einordnen. Wofür dieser Lure gehalten wurde ist mir bis jetzt ein Rätsel. Die Tubenfliege sollte in der nächsten Stunde aber noch eine weitere Rotfeder, sowie zwei Barsche fangen.
Der erhoffte Rapfen liess sich an diesem Tag nicht fangen. Doch Rapfen hin oder her. Dieser Tag am Rhein wird mir noch lange Zeit in Erinnerung bleiben für seine hoffnungslose Ausgangslage, die Zuversicht an die Erlösung durch eine spontane Begegnung und insbesondere die Großzügigkeit eines fliegenfischenden Kollegen, dessen Geschenk mir maßlose Freude, eine riesige Überraschung und immerhin vier Fische in kurzer Zeit bescherte.
Unbekannter Fliegenfischer des Rheins – ich wünsche dir reiche Fänge am Moy!
Alles zum Fischen mit der Nymphe auf Nicht-Salmoniden in unserem Buch – ‚Nymphenfischen: Geheimnisse entlarvt‘.
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Tankred Rinder says
Hi Daniel,
freut mich, dass Du jetzt doch meine Seite gefunden hast. Danke übrigens für den Hinweis mit der Googlesuche. Werde da wohl ein wenig Zeit in SEO investieren müssen.
Das die Fischerei in Irland einigermaßen gut geklappt hat beruhigt mich. War meine Danksagung somit nicht vergebens!
An der Rheinstrecke konnte ich des öfteren Rapfen bei der Jagd beobachten. Ich bin mir sicher, dass klappt auch bald einmal mit einem. Wenn Du das nächste mal dahin gehst, lass es mich doch wissen und wir könnten uns an jener Stelle treffen.
Eine Email mit meinen Kontaktdaten geht gerade an Dich. Es würde mich freuen, gemeinsam zum Rapfen oder Zanderfischen zu gehen.
Besten Dank auch für Dein Kompliment meine Seite betreffend. Schön das Dir diese gefällt und das ich Dich zu meinen Besuchern zählen kann.
Dir weiterhin alles Gute und bis hoffentlich bald!
Beste Grüße
Tankred
Daniel says
Moin.
hier steckst Du also. Hatte am nächsten Tag mal auf die Schnelle gegoogelt aber Deine Seite nicht gefunden.
Schön, dass Du noch was rausgeleiert hast, wenn auch keinen Rapfen. Die Stelle ist aber sehr heiss dafür, ein weiterer Angriff lohnt also.
Am Moy wars sehr schön, hat mir sehr gut gefallen. Der Fluss war total voll mit Fisch. Leider hauptsächlich alte Fische, die entsprechend schwer zu überreden waren. Ich habe in der Woche drei gefangen, meine kleinsten Lachse bislang, zwischen 2 und 5 Pfund. Meine Kumpels hatten auch ein paar, der größte war 7 Pfd. Schönes Ding. Nächstes Jahr fahren wir vermutlich wieder hoch nach Norwegen, da fangen wir meist weniger, dafür aber deutlich größer…Schön ist beides.
Dickes Lob für Deine Seite übrigens, Wahnsinn. Was für eine Arbeit. Sehr informativ.
Also – vielleicht sehen wir uns ja nochmal an der Stelle. ich werde da noch das ein oder andere Mal dieses Jahr aufschlagen, ist auch top für Zander und macht mit der Zweihandrute richtig Laune.
Herzliche Grüße
Daniel