Fliegenfischer oder Angler fühlen sich gerne überhört, wenn es um ihre Anliegen geht. Verbündete beim Thema Prädation zu finden ist leider nicht einfach, ohne ein Tierschutzinteresse gegen das andere auszuspielen. An anderen Fronten hingegen erstarken Bündnisse verschiedenster Interessens-gemeinschaften. So scheint bei Wasserqualität, Rückzugsflächen und Durchgängigkeit von Flüssen Bewegung in eine für uns wichtige Sache zu kommen.
Anders kann ich es mir nicht erklären, als mich vor wenigen Wochen zur besten Sendezeit vor dem Sonntagstatort, unter dem Hashtag #unsereFlüsse der Aufruf zur Mitmachaktion Checkt unsere Bäche erreicht. Das groß angelegte CitizenScience Projekt der ARD ruft uns Bürger bundesweit dazu auf, als interessierte Laien Aufzeichnungen an Kleinstgewässern durchzuführen, die dann in einer interaktiven Karte auf der Webseite der ARD einzusehen sind. Die Publikums-Beobachtungen sollen helfen, Wissenslücken den Zustand heimischer Gewässer betreffend zu schließen.
Die Bedeutung von Bächen die für die Erhebung durch dich und mich vorgesehen sind – maximal 3m breit – kann man nicht oft genug wiederholen. Sie machen immerhin 70% der deutschen Fließgewässer aus. Dabei sprechen wir von 500.000 Bachkilometern. Bachforellen, Meerforellen und Lachse suchen jährlich ihren Weg dorthin zur Paarung, um ihrem Nachwuchs eine beruhigte, von Prädatoren kaum heimgesuchte, Oase zum Aufwuchs zu bieten. Ob sie bei ihren Bemühungen von Hindernissen, Begradigung oder Sedimenteinträgen gehindert werden, möchte diese Untersuchung erforschen. Denn anders als bei mittelgroßen bis großen Fließgewässern ist der Wissensstand um ihren Zustand spärlich dokumentiert.
Wenn die Bedingungen stimmen, siedeln sich Forellen auch sehr gerne an diesen von vielen Fliegenfischern ignorierten Gewässern permanent an. Frag mal einen Experten, der mit Vorliebe an diesen Bächen fischt und du wirst überrascht sein, welch Prachtfische dort relativ ungestört ihr Leben einrichten. Dem nicht genug sind sie Heimat tausender Tier- und Pflanzenarten, ihre Auen (so vorhanden) speichern CO2 und sind wichtige Retentionsflächen bei Hochwasser und zu guter Letzt dienen sie auch der Trinkwasserversorgung.
Das erweckte Interesse an unseren kleinen Fließgewässern seitens eines Bevölkerungsanteils der vermutlich selten bis nie mit der Angelrute loszieht, begrüße ich. Da die ARD unter der Schirmherrschaft der Moderatorin Jessy Wellmer (Sportschau, Tagesthemen) für die Aktion u.a. den Schulterschluss mit dem Deutschen Angelfischerverband gesucht hat, keimt Hoffnung auf, dass die Wichtigkeit unserer Zunft bei der Verbesserung heimischer Gewässer endlich erkannt wird. Das ist auch höchste Zeit bei 6,57 Millionen Angler:innen bundesweit, die mindestens ein Mal im Jahr angeln gehen. Das entspricht fast 8% der Gesamtbevölkerung – eine nicht zu unterschätzende Größe für politische Parteien.
Ob du bei der Europawahl letztens deine Stimme an der richtigen Stelle abgegeben hast, findest du auf der Seite vom DAFV bei den Antworten auf die Wahlprüfsteine der im EU-Parlament vertretenen Parteien.
Doch zurück zur Bürgerforschung #unsereFlüsse. Erstaunlich an der Initiative ist das Interesse eines breiten Bündnisses an Organisationen am Geschehen unter Wasser: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundesamt für Naturschutz, Umweltbundesamt, BUND, Greenpeace, Grüne Liga und WWF, Deutscher Städtetag, Deutscher Wanderverband, Deutscher Angelfischerverband, Ring Deutscher Pfadfinder*innenverbände, Bund Deutscher Forstleute und Omas for Future.
Nicht wenige Angler, mich eingeschlossen, waren bislang der Meinung, deren Interesse ende an der Wasseroberfläche. Der Eindruck ließ sich gewinnen, wenn man bedenkt, wie vehement am Schutzstatus des Kormoran festgehalten wird. Doch auch hier gibt es Bewegung mit der von der EU finanzierten Forschungsinitiative Protect Fish.
Bezüglich der Gesundheit unserer Gewässer scheint sich aber die Erkenntnis breit zu machen, dass Deutschland nicht nur seine gesteckten Ziele zur Erreichung der Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 nicht erreichen wird, sondern auch dass:
- Querverbauungen Fische daran hindern, ihre Laichplätze zu erreichen,
- Kleinkraftwerke einen unbedeutenden Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung leisten
- eingezwängte Bachläufe ein hohes Gefahrenpotential bei immer regelmäßiger auftretenden Starkregen darstellen
- Uferrodungen zur Maximierung von Ackerflächen und Einträge durch Überdüngung aus der Landwirtschaft, Gewässer zerstören
Wenn du also möchtest, dass deine Sorgen um unsere Gewässer Gehör finden, gehe raus, sieh dich um und dokumentiere den Zustand des Baches in deiner Nähe auf der Seite der ARD. Ist allemal besser, als zu lamentieren, was Gesellschaft und Politik je für uns Angler tun.
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