6. Januar – drei Weise – drei Gaben. Aus diesem Anlass habe ich erneut meine wunderbaren Weihnachtsgeschenke zusammengetragen und ein letztes Mal unter den Christbaum gelegt. Der muss nämlich heute raus. Anders als dieser müssen meine Vorsätze aber nicht zum Fenster raus, sondern raus aus meiner Gedankenwelt, um sich in der realen Welt zu manifestieren. Gedanken sind frei, aber erst das gesprochene oder geschriebene Wort verleiht diesen Leben.
Traditionell werden Neujahrsvorsätze mit Einschränkungen in Verbindung gebracht. Weniger essen, weniger oder gar nicht rauchen, weniger Zeit mit Dingen verbringen die nur einen geringen Beitrag zu Glück und Gesundheit leisten. Der freiwillige Verzicht auf etwas, dass Genuss und Freude bereitet verlangt aber ungleich mehr Disziplin ab, als die Konzentration auf Ziele die ein Plus an Zufriedenheit nach sich ziehen. Nun ja, mehr Sport ist hier wohl die große Ausnahme. Die positiven Auswirkungen – Gewichtsverlust, bessere Kondition, gesteigerter Sex Drive – müssen sich hart und mühevoll erarbeitet werden. No pain, no gain – as they say.
Um der Enttäuschung der nicht erfüllten Vorsätze vorbeugen zu können, fokussieren sich meine – mal vorsichtig ausgedrückten – Versuche der erfüllenderen Lebensgestaltung in 2013 auf das ‘mehr an, mehr von’ Dingen die ich frei von Anstrengung und Qual zur Umsetzung bringen möchte. Nun ja, mehr Casten am Rasen ist wohl auch die große Ausnahme. Auch wenn ich mir der Vorteile des Trockenübens bewusst bin – Reichweite, Eleganz, Präzision – fügt sich Casten am Rasen nicht ganz in das Mantra frei von Qual und Anstrengung. Nun gut, einige Mal im Winter muss es einfach klappen. Punkt. Aus. Ende.
Ganz fest vorgenommen habe ich mir jedoch folgende Dinge, um das Erlebnis Fliegenfischen für mich in 2013 noch abwechslungsreicher zu gestalten.
Mehr Nassfliegen fischen
Nassfliegen erleben ein Comeback in den letzten Jahren. Bisse auf Nassfliegen haben eine besondere Qualität, die weder das Nymphen noch das Trockenfliegen fischen bietet. Schärft das Nymphenfischen unter Verzicht eines Bissanzeigers die Sinne und verzückt der visuelle Moment des Einsaugens einer Trockenen, so fasziniert der Biss auf die Nassfliege zumeist aufgrund der Vehemenz mit der Forelle & Äsche die Beute aufnehmen. Der kräftige Ruck oder Zug in der Leine, ist ein atemberaubender Augenblick den ich nicht vermissen möchte.
Auch wenn mir selbst noch die Erfahrung im Fliegenbinden fehlt, die Muster mit eigenen Ticks zu versehen, so schätze ich am Binden von Nassfliegen das Basisbindekönnen und die Kerntechniken die ich mir dabei aneigne. Progressive Fliegenbinder reichern die traditionellen Bindematerialien mit modernen, synthetischen Zugaben an. Etwas Sparkle und Glister hier, ein hot butt oder tag dort und schon wird aus einem altehrwürdigem Muster eine moderne Variante.
Mehr auf Rapfen und Barben fischen
Meine formativen Fliegenfischerjahre verbrachte ich an den Reservoirs und Talsperren Englands, an denen aus Schutz vor Kormoranprädation Bach- und Regenbogenforellen in bereits stattlicher Größe eingesetzt werden. Futterreichtum trägt das seine dazu bei, dass Fänge von Forellen mit 1,5kg die Norm, von 3kg aufwärts keine Seltenheit darstellen. In meinem Cortex sitzen tief verankert Bisse die mir beinahe die Rute aus der Hand rissen und lange Fluchten die anfangs nur zu bremsen aber nicht zu stoppen waren.
Der bevorstehende Büroumzug des Unternehmens für das ich arbeite – voraus sichtlich in die Kölner Südstadt, sollte sich dieses Objekt durchsetzen – löst in mir heftige Vorfreude aus. Freude auf mehr Zeit am Wasser, bestückt mit Gurglern und Boobies das Büro verlassen, den Rhein zehn Minuten hochfahren, heftig Kielwasser erzeugen und auf die Bugwelle eines Rapfen warten.
Fliegenfischen in den Weiten von Großflüssen, Seen oder dem Meer fasziniert mich. Zum einen ist es die Kampfkraft der anzutreffenden Fische, zum anderen ist es der Platz und die Weiten die es den Fischen erlaubt, ihren Schutz in den Tiefen der Gewässer zu suchen. Der oft zitierte Gesang einer Rolle – ein viel zu rares Ereignis – wird aus Platzgründen im Pool eines Mittelgebirgsfluss, für viele von uns sicherlich nur mäßig oft erzeugt.
Mehr Bachfischen
Mein Freund Tobias und seine fliegenfischende Partnerin Sarah entschlossen sich im letzten Jahr kurzer Hand einem Fliegenfischerverein beizutreten, um ein in der Nähe befindliches Wasser mehr oder weniger das ganze Jahr über zur Verfügung zu haben. Aufgrund der Nähe zu Köln fiel dabei die Wahl auf den FSV Bröltal bei. Einem wunderbar geführten Club mit einer witzigen, engagierten und wissensreichen Kerntruppe die 50km Fluss verwalten und bewirtschaften. Die Bröl ist ein Prachtstück an Fluss/Bach in NRW und drei der insgesamt acht Lose stehen der Öffentlichkeit zum Fliegenfischen zur Verfügung.
Doch die Bröl muss man nehmen – speziell in den oberen Losen – wie sie ist. Verwachsen, schmal und auf weiten Strecken im grünen Tunnel verlaufend. Diese Form der Indianerfischerei ist herausfordernd, häufig frustrierend, im wesentlichen aber enorm spannend. Meine Standardrute 8ft WT4 war auf jeden Fall bereits zu lang um unter geeigneten Vorrausetzungen dem Fischfang nach zu gehen. Meine Erfahrungen an der Bröl im letzten Jahr waren maßgebliche Treiber, mein Rutenarsenal um eine 6ft WT3 aufgestockt zu sehen. Freue mich bereits ungemein auf die Wochenenden in Tobias und Sarahs Campinghütte.
Mehr Microfliegen binden
Wenn man noch keine Jahrzehnte an Fliegenfisch Erfahrung auf dem Rücken hat, reihen sich Beschreibungen von Ereignissen in eine lange Schlange, wie wartende Engländer auf den Bus. Und nach und nach verwirklichen sich die herbeigesehnten, manchmal auch gefürchteten Vorkommnisse der Fischerei in Erlebnisse, deren Erinnerung weitergegeben wird wie das Tafelsilber.
So traf ich im letzten Jahr zum ersten Mal auf eine wirklich ‘selektive’ Forelle, die sich erst nach einem Dutzend oder mehr Fliegenwechsel, von einer für mich im Microbereich angesiedelten Trockenfliege überlisten liess. Dieser Fang führte vor Augen, wie wichtig oft das letzte Ass im Ärmel sein kann. Die dünn besetzten Microfliegenreihen meiner Fliegendosen schreien danach gefüllt zu werden.
Weniger Goldkopfnymphen fischen
Warum das, werden sich manche ganz bestimmt fragen! Haben sich doch die von Roman Moser an der Gmundner Traum entwickelten Goldkopfmuster in den letzten zwanzig Jahren, als sichere Bank zum Fang von Forelle & Äsche entwickelt. Genau darin liegt auch das Problem des sicherlich fängigsten Fliegenmusters der Gegenwart. Gelegentlich frage ich mich, ob das Fliegenfischen mit Goldkopfnymphen nicht zu einfach sei, und die Fänge dabei bereits vorprogrammiert oder zumindest vorhersehbar sind.
Auf Verhältnisse wie an der Gmundner Traum – breit, tief und schnell fliessend – stosse ich bei meinen Ausflügen an die Flüsse NRWs sehr selten. Eine gute Bleiumwicklung soll dieses Jahr reichen um Fliegen in Grundnähe zu befördern.
Doch ähnlich wie der Vorsatz zu mehr Sport, ist der Versuch des Verzichts auf Goldkopfnymphen mit Sicherheit von Qualen begleitet und das Scheitern der Umsetzung in ständiger Griffweite. Spätestens wenn meine Begleiter den x-ten Fisch aus dem Wasser ziehen werden, oder ich nach drei Stunden noch immer keinen Biss verzeichnet haben werde, wird die Versuchung groß sein das selbst auferlegte Handicap über Bord zu werfen. Einen Versuch ist es alle Mal wert.
Den Orthopäden aufsuchen
Weniger Vorsatz denn Notwendigkeit. Vermehrt stelle ich fest, dass eines meiner beiden Knien nach einem Tag verrenkt auf Geröll, sich deutlich spürbar macht. Und wenn auch der Schmerz nach ein bis zwei Tagen abebbt, so wurden mehrtägige Ausflüge mir dadurch bereits leicht vergällt. Mein letzter Vorsatz für das kommende Jahr entspringt dem Wunsch, auch in fünfunddreißig Jahren noch wendig über Stock und Stein zu springen.
Nun wünsche ich Euch allen und Euren Liebsten heile Knochen, denkwürdige Ausflüge mit vielen Fischen, tolle selbst gebundene Fliegen, Erfolg bei der Umsetzung Eurer Ziele und zu guter Letzt Glück und Gesundheit in allen weiteren wichtigen Lebensbelangen in 2013. Tight Lines, Tankred Rinder
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Alex says
Lieber Tankred,
da hast Du Dir ein paar schöne Dinge vorgenommen! Ich wünsche Dir viel Spass bei der Umsetzung – hier und da vielleicht wieder gemeinsam.
Viele Grüsse!
Alex
Tankred Rinder says
Moin Alex,
danke für die moralische Unterstützung meiner Ziele in 2013. An der Rur werden wir uns ganz sicherlich häufig in diesem Jahr treffen. Bin auch gespannt auf den Aachener Fliegenfischerstammtisch und dessen ersten Termin.
Allerbeste Grüße
Tankred