© Jürgen Häfele
Sonne, Wind und Lufttemperatur haben sich in diesem Jahr etwas Zeit gelassen, die Ostsee auf eine für Meerforellen unangenehme Temperatur von 16° und mehr zu erwärmen. Somit bestehen selbst jetzt noch einigermaßen gute Chancen, während des ganzen Tages eine Silbrige zum Anbiss zu verleiten. Erreicht die Wassertemperatur mal konstant 18°, konzentriert man sich tagsüber besser auf die anderen, für den Fliegenfischer attraktiven Fische der Ostsee. Wie man während der Sommermonate, nachdem man der Familie einen Flug ans Mittelmeer ausredete, voll auf seinen Genuss kommt, verrät uns Jürgen Häfele im zweiten Teil der Serie, ‘Auf Meerforellen durch die Saison’.
Tagestaktik:
Ab Juni ziehen sich die – von vielen gehassten, zugleich aber Abwechslung bieteten – Hornhechte wieder zurück und so langsam bevölkern die Meeräschen die Strände. Letztere eine nicht zu unterschätzende Fischart, deren Fang eine große Herausforderung darstellt und die zudem durch ungemeine Kampfkraft überzeugen kann. Am liebsten konzentriere ich mich aber trotzdem auf Meerforellen, die auch im Sommer tagsüber noch zu fangen sind. Der Tisch ist reich gedeckt mit Garnelen, Tangläufern und Stichlingen, die ihre Verstecke im Sand, den Tangfeldern und Seegraswiesen zu allen Tageszeiten verlassen, um für den den eigenen Nahrungsnachschub zu sorgen. Das reichhaltige Angebot bedingt letztlich aber, dass die Meerforellen wählerisch sein können und bei der Nahrungsaufnahme durchaus selektiv vorgehen. Wer jetzt noch die Angewohnheit hat wie im Frühjahr zu fischen, – z.B. zumeist tief geführte Köder, moderate Einholgeschwindigkeit der Fliege, reduzierte Köderwahl – wird den Strand meist leer verlassen.
Standplätze:
Wie eingangs kurz angerissen, ziehen sich Meerforellen tagsüber in tieferes, kühleres Wasser, wenn die Wassertemperatur 16° anhaltend übersteigt. Für den Küstenfischer ohne Boot oder Kayak, wird es somit tagsüber etwas schwierig, einen Fisch ans Band zu bekommen. Ablandige Winde beeinflussen diese Ausgangslage zwar vorteilhaft, in dem sie strandnahes, warmes Wasser aufs offene Meer drücken, wodurch kühlere Schichten aus den Tiefen, an den Strand zurückgespült werden. Die besten Chancen für einen erfolgreichen Angeltag, findet man aber sicherlich früh morgens, abends und in der Nacht. Wassertemperaturen spielen immer eine Rolle bei der Standortwahl und wenn möglich, erschliesst sich der Meerforellenfischer im Sommer Stellen, unweit von tiefen und strömungsreichen Küstenbereichen. Interessanterweise sind Meerforellen im Sommer besser in der Lage, höhere Salzkonzentration zu ertragen als bei kühleren Temperaturen, sodass sie sich dann vermehrt ins kühlere, tiefere, salzreiche Wasser zurück ziehen.
Ein weiteres bemerkenswertes Phänomen, ist das Fortbleiben der Meerforellen im Sommer von vielen Küstengebieten, die im Frühjahr von ihnen reichlich aufgesucht werden. Es in Rügen oder Bornholm im Sommer auf Meerforellen zu versuchen, ist verschwendete Energie. Die Meerforellen folgen dann nämlich den Heringsschwärmen ins offene Meer. Dennoch bietet Dänemark viele Möglichkeiten auch während dieser Jahreszeit und auch an der schwedischen Westküste gibt es eine fantastische Sommerfischerei – und das nicht nur nachts. Selbst die deutsche Küste garantiert eine lohnenswerte Pirsch, besonders in Schleswig Holstein – Flensburger Förde, Gelingen Bucht, Fehmarn – wo man, noch immer im küstennahen Bereich auf ausreichend Meerforellen trifft.
Sag niemals nie – denn tatsächlich kann es sich lohnen, tagsüber sein Glück zu versuchen. Die Nachmittage verbringt man aber trotzdem besser damit, nach geeigneten Angelstellen Ausschau zu halten und diese für das nächtliche Fischen zu merken, besser noch irgendwie zu markieren. Riffe mit Übergang zu tiefem Wasser und Strömung sind ideal, da sie den Fischen tagsüber Schutz und Erholung bieten, und sie im Schatten der Nacht ihre Beutezüge von dort aus unternehmen können. Wie auch im Frühjahr ist bewegtes und leicht angetrübtes Wasser von Vorteil.
Taktik für die Nachtfischerei:
Es ist nicht jedermanns Sache und auch nicht ganz einfach in der Nacht zu fischen. Wurf und Präsentation stellen dabei das größte Problem dar. Ich habe es tagsüber mit geschlossenen Augen geübt, um ein Gefühl für die Abläufe zu bekommen. Wie eigentlich immer, ist auch in der Nacht ein gestrecktes Vorfach wichtig, um sofort Kontakt zur Fliege zu bekommen. Wurfweite spielt eine untergeordnete Rolle und 15 Meter Distanz reichen da alle Male aus. In der Nacht haben die Meerforellen ihre Scheu abgelegt und ziehen sehr dicht unter Land, um im Schatten der Nacht zu jagen.
Eine gute Vorbereitung ist für die unbeschwerte und erfolgreiche Nacht-Fischerei sehr wichtig. Die eigene Sicherheit sollte dabei nicht missachtet werden. Meine Empfehlung – am besten immer zu zweit. Um einen guten Platz im Dunkeln immer wieder zu finden, kann man ihn mit einer Knicklichtpose markieren. Ich habe mir stets immer tiefe Rinnen, die sehr dicht unter Land verlaufen, für diese Art der Fischerei ausgesucht und da spielt es keine Rolle, ob mit Leopardengrund oder Sand. Um hoch motiviert nachts zu fischen, bedarf es warmer Kleidung, sehr gut abgestimmtes Gerät und einer Kopflampe für die Landung eines gefangenen Fisches, sowie zum Wechseln von Fliegen.
Wenn irgendwie möglich, dreht man sich bei beiden Vorgängen in Richtung Strand, um mögliche vor sich befindliche Fische, mit dem Schein der Taschenlampe nicht zu verscheuchen. Bei sehr steinigem Untergrund ist ein Watstock sehr behilflich. Etwas zu essen und trinken, runden den ganzen nächtlichen Ausflug ab. Immer mal wieder eine Pause einlegen, ist für das Gesamtwohl wichtig und hilft die Konzentration über lange Strecken aufrecht zu halten. Denn die ungewohnten nächtlichen Eindrücke, verlangen viel von den eigenen Sinnen ab.
Den größten Fehler den viele machen ist, dass sie einfach viel zu zeitig am Wasser sind, um noch im Hellen zu fischen. Passiert dann nichts, verlässt den Angler der Mut und die Motivation, lange bevor die Meerforellen im strandnahen Bereich eintreffen. Es ist vollkommen ausreichend mit der untergehenden Sonne am Wasser zu sein, denn erst dann machen sich auch die Meerforellen auf den Weg. Gerätetechnisch unterscheidet sich die nächtliche Fischerei nicht und mit einer Rute und Schwimmschnur der Stärke #6, fischt man ermüdungsfrei durch die Nacht. Im Dunkel der Nacht bedarf es auch keiner überlangen und superfeinen Vorfächer – Standardlängen (8′-9′) nicht zu dünn gewählt sind ausreichend. Schwarze Fliegen wie Gurgler, Zigarren, oder unbeschwerte Streamer und Nassfliegen in Hakengröße #4-8, deren Silhouette sich gut gegen den Himmel abheben, sind so ziemlich die einzigen Muster die es braucht, wenn die Meerforellen nächtens in der obersten Wassersäule rauben.
Die sommerliche Nachtfischerei ist ein Sinneserlebnis, dass sich mit wenig anderem vergleichen lässt. Raubende Fische die das Wasser beim Biss explodieren lassen, der heftige Ruck und Zug in der Schnur, der sich nicht über den Anblick des Vorfachs ankündigt, der laute Knall einer Meerforelle, wenn der Körper nach einem Sprung auf das Wasser klatscht. Ich wünschte die Sommer wären länger!
Warum also nicht bei der nächsten Sommerurlaubsplanung mit der Familie, die deutsche oder skandinavische Ostseeküste prominent in den Vordergrund rücken. Tagsüber mit Frau und Kindern im Sand, nach dem Abendessen ins Wasser. Herzlichen Dank an Jürgen, der uns mitteilte wie es geht.
Zum Fliegenfischen kam Jürgen Häfele vor 25 Jahren in Irland am River Drowes. In Rostock lebend war die Leidenschaft für die Küste schnell entfacht und die meiste Zeit beim Fliegenfischen auf Meerforellen in Rügen verbracht. Für den Rostocker Raum betreibt er auch das feine regionale Forum “Der Ostseefischer”. Beruflich bedingt wurden die letzten 15 Jahre fischereilich fast ausschließlich an der schwedischen Südküste verbracht. Durch den Wohnortwechsel nach Niedersachsen, rücken Forelle & Äsche mehr und mehr in den Fokus seiner Ausritte mit Rute und Rolle.
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