© Jürgen Häfele
So richtig herbstlich fühlt es sich erst seit letzter Woche an. Ein ordentlicher Temperatursturz und innerhalb weniger Tage, scheint sich die Vegetation von Millionen Blättern entledigt zu haben. Andere Anzeichen waren da schon länger deutlich. Meerforellen im dunklen Laichkleid, bereit wertvolle Eigenschaften ihres Genpools weiterzugeben. Unter all diesen fortpflanzungsgesteuerten Vertretern, schwimmt aber eine Gruppe an pubertierenden Tieren in kleinen Trupps (5-10 Fische), manchmal auch in größeren Schwärmen von bis zu 40 Tieren, die sich während des Herbst und durch den Winter küstennah aufhalten. Die Grönländer wie sie genannt werden – blanke Fische zwischen 35-55cm, die den begeisterten Küstenfliegenfischer an den Strand locken. Wie es gemacht wird, teilt ‘Ostseefischer‘ Jürgen Häfele mit uns.
Auf Grund der Gesetzeslage ist eine Herbstfischerei nicht überall an der Deutschen Küste möglich. In Schleswig-Holstein hat man eine wirklich gute Lösung dafür gefunden und auch in Dänemark ist die Fischerei auf Meerforellen das ganze Jahr möglich. Die schwedische Südküste und auch Mecklenburg-Vorpommern dagegen haben die Meerforelle im Herbst ganz unter Schutz gestellt. Bevor jetzt jemand sofort in den Wagen steigt um hoch an die Küsten zu bomben, ist es also absolut ratsam sich über geltende Regelungen zur Schonzeit zu informieren. Wer einen Fisch mit nach Hause nehmen möchte, soll mit sich ehrlich ins Gericht gehen. Ist der Fisch absolut blank und verliert im Kescher einige Schuppen, darf man schon sein Abendessen abschlagen. Beim leisesten Zweifel, sollte jeder auf dieses Privileg verzichten.
Auch wenn es sich die letzten Wochen überhaupt nicht so anfühlte, werden mit Einsetzen des Herbsts die Tage und auch das Wasser zunehmend kälter. Für die Meerforellen die sich nicht der Fortpflanzung widmen, ebenfalls Grund genug strandnahe Bereiche aufzusuchen und dicht unter Land zu jagen. Noch immer sind es die Morgen- und Abendstunden (mit Dorsch als Beifang) die für uns interessant sind. Zunehmend verschieben sich aber die Zeiten mit fallenden Temperaturen, wieder weiter in den Tag hinein. Es ist nicht unbedingt die Zeit für große Forellen, sondern eben die Fischerei auf Grönländer. Die Chance auf einen blanken Überspringer besteht natürlich immer, der größte Teil der Fische ist aber bereits auf dem Weg zu den Laichplätzen in Flüssen und Bächen. Trotzdem ist die Herbstfischerei eine sehr interessante und anspruchsvolle Fischerei mit leichtem Gerät an schönen Tagen.
Leichte Winde und eine gekräuselte Oberfläche sind im Herbst ideale Voraussetzungen, um die oft launischen Grönländer an den Haken zu bekommen. Oft genug verraten sie sich an der Oberfläche ,oder als Nachläufer und lassen uns schnell verzweifeln. Da hilft meist auch kein Wechsel auf ein anderes Fliegenmuster. Für mich gibt es da nur drei Kriterien, um dem entgegen zu wirken. Vorfach verlängern – Vorfachspitze dünner wählen – gleiches Muster nur kleiner. In den meisten Fällen reicht das aus, um den Nachläufer zum Biss zu verleiten. Eine oder zwei zusätzliche Pause mehr, um am Platz Ruhe einkehren zu lassen und die Fische nicht komplett zu vergrämen, schadet auch auf keinen Fall.
Das Wissen um gute Plätze und den Aufenthaltsort der Grönländer ist die halbe Miete. Nicht wie zu anderen Jahreszeiten gewohnt, sind es die weit rausragenden Riffe, sondern die tiefen Rinnen, die dicht unter Land verlaufen und oft eine ganze Schule an Meerforellen beherbergen. Denn der Tisch ist noch reich gedeckt. Doch neben Garnelen, Krebstierchen und Borstenwürmer, sind vor allem Grundeln, Tobiasfische und Heringe von großer Bedeutung. Sehr vorsichtiges Waten ist trotzdem nötig und dort wo es nicht absolut sein muss, darf es ruhig komplett unterlassen werden. Ich habe solche Spots schon erfolgreich befischt, ohne mir die Füße naß zu machen. Die Süßwassereinläufe müssen jedoch gemieden werden, da noch immer viele laichbereitet Fische auf geeignete Konditionen warten, um in die Flüsse aufzusteigen. Zumal es aus genau diesem Grund gesetzlich untersagt ist, an jenen Stellen sein Glück zu versuchen.
Gerät:
Eine Rute Klasse 5 oder 6 in 9′ ist absolut ausreichend. Dazu eine schwimmende WF Leine mit einer Keulenlänge um die 10-11 Meter runden unser Gerät für eine sensible Herbstfischerei an der Küste ab. Vorfächer zwischen 12 und 15 Fuß reichen im Normalfall aus und können mitunter noch verlängert werden. Die Tippetstärke variiert zwischen 0,18 und 0,22 und garantiert trotz der relativ dünnen Spitze, einen schnellen und sicheren Drill.
Auf die Größe kommt es aber sehr wohl bei der Wahl der Fliege an. Egal welchem Muster man sein Vertrauen schenkt, es sollte nicht zu groß gewählt werden. Tatsächlich scheinen braune Muster besonders beliebt zu sein. Mini Wolly Bugger mit Goldkopf (kein Tungsten) in bräunlichen Tönen sind oftmals der Schlüssel zum Erfolg, wobei der Goldkopf gerne auch mal hinten sitzen darf. Im Prinzip kann man alles in gedeckten Farben fischen. Persönlich bevorzuge ich Grizzly Olive. Eine Red Tag auf 10 Streamerhaken mit weicher Hechel sollte man mal bei glatter See fischen und die Omø darf im Prinzip auch nicht im Herbst fehlen.
Im Herbst kann man mit viel Gelassenheit an der Küste fischen, den Blick suchend über das Wasser schweifen lassen und vor allem vom Alltag für ein paar Stunden abschalten. Hat sich dann eine der begehrten Meerforelle verraten, gilt es Ruhe zu bewahren, bloß jetzt den Fisch nicht überwerfen, sondern die Fliege seitlich präsentieren und die Fliegenschur so gut wie möglich aus dem Sichtfenster fern halten. Nicht die Quantität sondern die Qualität der Würfe entscheidet letztlich über den Erfolg. Auf jeden Fall sollte die Fliege immer am gestreckten Vorfach sanft präsentiert werden um die ohnehin sehr vorsichtigen Forellen gerade im Herbst nicht zu vergrämen, häufig kommen die Bisse auf den ersten Metern.
Der nachhaltige Umgang versteht sich von selbst. Auf blanke Färbung und lose Schuppen sind zu achten. Im Zweifelsfall immer zu Gunsten des Fisches.
Zum Fliegenfischen kam Jürgen Häfele vor 25 Jahren in Irland am River Drowes. In Rostock lebend war die Leidenschaft für die Küste schnell entfacht und die meiste Zeit beim Fliegenfischen auf Meerforellen in Rügen verbracht. Für den Rostocker Raum betreibt er auch das feine regionale Forum “Der Ostseefischer”. Beruflich bedingt wurden die letzten 15 Jahre fischereilich fast ausschließlich an der schwedischen Südküste verbracht. Durch den Wohnortwechsel nach Niedersachsen, rücken Forelle & Äsche mehr und mehr in den Fokus seiner Ausritte mit Rute und Rolle.
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