Aus der Psychologie kennt man das Phänomen der Frequenzillusion. Unter dem Begriff versteht man “eine kognitive Verzerrung mit der Tendenz, etwas vermeintlich häufiger zu bemerken, nachdem es das erste Mal aufgefallen ist, was zum Glauben führt, dass das Betreffende auf einmal häufiger auftritt.” Ursprünglich kannte man den Effekt, der erst seit 2005 diese wissenschaftliche Bezeichnung führt, unter dem Begriff Baader-Meinhof-Phänomen. Geprägt wurde die Bezeichnung von einem Online-Forum-Benutzer der Mitte der 90er über diese terroristische Gruppe las und danach an allen Ecken und Enden auf Berichterstattung über sie stieß.
Mir begegnete das Phänomen während der letzten Wochen. Erst schickt mir Peter Ebert nach dem Interview mit ihm Fotos seiner Tarponfänge in Belize während der 90er Jahre. Danach berichtet mein Freund Milan auf dem Weg zur Salza euphorisch von seinen Vorbereitungen auf den Trip nach Puerto Rico, um endlich einen wirklich großen Tarpon zu fangen. Danach schickt mir ein Leser, des im F&Ä Verlag erschienenen Buchs Unendliche Stille, eine vor Begeisterung sprühende Nachricht. Es war ihm nicht bewusst, schreibt er, dass es rund um Thomas McGuane eine Szene an Fliegenfischern gab, die ähnlich wie Surfbums, sich aus dem Alltag zurückzogen, und ihre Tage nur mehr der Herausforderung widmeten, Tarpon mit der Fliege zu fangen – das war in den ganz frühen 70er Jahren!
Um Tom McGuane versammelten sich andere Schriftsteller (Jim Harrison – Legenden der Leidenschaft, Richard Brautigan –Forellenfischen in Amerika), Musiker (Jimmy Buffett) und Filmemacher (Guy De La Valdene), um im damals noch wenig erschlossenen Key West ihrem Hippie-Leben zu frönen: Fliegenfischen, ihrer Kunst nachgehen, Party feiern. Dieses Leben dokumentierten sie im ersten modernen Film über das Fliegenfischen: Tarpon. Lange galt der als verschollen. Aufgrund der Weigerung der Produzenten, strittige Aufnahmen aus Key West (Massentötung von Haien auf Ausflugsbooten) herauszuschneiden, erhielt der Film trotz seiner Einzigartigkeit keinen nationalen Vertrieb in den USA. So wurde der Film, dessen Raubkopien zu astronomischen Preisen gehandelt wurden, einzig auf Filmfestivals gezeigt.
Anlässlich der Restaurierung und Wiederveröffentlichung des lange verschollen geglaubten Films, widmet die Firma YETI der Entstehungsgeschichte des Films eine Dokumentation. Im April 2025 wird Tarpon wieder veröffentlicht werden. Bis dahin: Zurücklehnen, Popcorn zur Hand nehmen und die Akteuere kennenlernen, die sich früh einer Faszination hingaben, von der nicht nur mein Freund Milan gefesselt ist.
Bewegende Geschichten aus der Zeit der Protagonisten des Films finden sich auch in Unendliche Stille. Überzeuge dich selbst, warum es heißt, McGuane sei der beste Schriftsteller über das Fliegenfischen.
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