Am Wochenende ist es wieder so weit. 4.000+ Besucher aus ganz Europa werden sich im mit Sicherheit beeindruckendsten Ambiente für eine Fliegenfischer Fachmesse, auf dem Areal eines ehemaligen Zisterzienserklosters in Fürstenfeldbruck einfinden. Bereits zum 13. Mal findet dort nun die ‘Erlebniswelt Fliegenfischen (EWF)’ statt. Für manchen mag die Anreise zu weit sein, für andere die Sorge zu groß, das Familenurlaubsbudget für Produktneuheiten zu verprassen. Warum es sich für einige Tausend begeisterte oder neugierige FliegenfischerInnen trotz der zuvor genannten Vorbehalte lohnt, sich dem jährlichen Trek Richtung Bayern anzuschließen, könnt ihr in der folgenden Zusammenfassung von meinem ersten EWF Besuch vor drei Jahren lesen.
1. Expertentipps einholen – unterrichten, unterhalten, beeindrucken
Die EWF verstand sich von Anfang an nie nur als Messe, die einzig Herstellern und Händlern eine Plattform bietet, den locker sitzenden Portmonnaies ihrer Besucher näher zu kommen. Ziel war es seit jeher ein Rahmenprogramm zu schaffen, dass den Besuch der Messe zum Ereignis werden lässt. Ein Programm musste her, dass den Einsteiger mitreisst und den erfahrenen Fliegenfischer stillhalten und überlegen lässt. Die gute Vernetzung der Veranstalter noch vor dem ersten Event zog nach sich, einen riesigen Pool an Protagonisten zur Verfügung zu haben. Der vergrößerte sich aufgrund des Erfolgs der EWF von Jahr zu Jahr – Topcaster, talentierte Fliegenbinder, engagierte Vortragende. Wer möchte, kann volle acht Stunden Wurfdemos, Bindevorführungen, Vorträge und Filme sehen, ohne nur einmal zur Kreditkarte zu greifen.
Beeindruckend fand ich das Showtalent der Caster. Jeder einzelne schaffte es mühelos, den Unterhaltungswert der Vorführung ganz hoch zu halten. Den englischsprachigen Werfern steht mit Jürgen Friesenhahn ein höchst qualifizierter deutscher Casting Instruktor als Koordinator und Übersetzer zur Seite. Jedem Zuseher ist es also erlaubt, den Ausführungen zu folgen und wertvolle Hinweise zur Verbesserung der eigenen Technik mitzunehmen. Gut vorbereitete Messebesucher haben sich schon lange vorher zu einem Casting Clinic Termin eingetragen. Für den moderaten Preis einer Eintrittskarte sicherten sie sich eine halbstündige persönliche Betreuung von einem Experten am obersten der Ende der Rangtafel.
2. Gerätevergleich – anfassen, ausprobieren, kaufen
Auf insgesamt weiß was ich wie vielen Quadratmetern, untergebracht in zwei Gebäuden – eines davon auf zwei Etagen –findet sich alles, was einem vor dem Ausflug ans Wasser bereits ein erfolgversprechendes Gefühl verleiht. Und anders als beim Aktualisieren des Browserfensters und dem vergleichenden hin-und herspringen zwischen Händlerseiten, lässt sich das Grammgewicht der superleichten Rute nicht nur erahnen. Auf einer fußballfeldgroßen Wiese stehen dann jede Menge, bestens aufeinander abgestimmte Ruten/Rolle/Schnur – Systeme zum Probewurf bereit. Das nächste Gerät soll nicht nur gut aussehen, es soll gut in der Hand liegen.
Und wenn das Geld für das verständlicherweise hauptsächlich aus dem High-End Bereich bereitgestellte Gerät nicht reicht, so finden sich doch verschiedenste Aussteller mit Gerätschaft unterschiedlichster Preisklassen unter einem Dach. Ein Privileg das man nicht oft in der Form vorfindet, da nicht selten Händler exclusive Vertriebsvereinbarungen mit Hersteller eingehen. Die örtliche Nähe zu einem bestimmten Händler schliesst den potentiellen Käufer möglicherweise vom Angebot anderer Hersteller aus. Nicht hier auf der EWF jedoch. Alle namhaften Marken sind vertreten und dem überlegten Vergleich steht nichts mehr im Weg.
Die nicht selten erlebte Enttäuschung beim Kauf von Bindematerial kann elegant umgangen werden. Bälge, Felle und andere Materialien in Farben die nicht exakt den Vorstellungen entsprechen, kommen nicht in den Einkaufskorb. Nicht zuletzt erspart man sich die nicht selten überhöht ausfallenden Portokosten. Ganz clevere Käufer warten mit dem Kauf bis kurz vor Messeende am Sonntag. Aussteller wünschen sich immer mit sowenig als möglich Material wieder heimzukehren und das eine oder andere Schnäppchen ist vielleicht vor Messeschluss zu haben.
4. Inspirieren lassen – Reiseziele erkunden, Umwelt schützen,
Nicht wenige der von weit her angereisten Gäste nutzen die Gelegenheit, im Anschluss an den zweitägigen Event, Flüsse und Seen des südlichen Teils der Republik, oder Österreich und Südtirol zu besuchen. Macht man die weite Anreise aus Hamburg, ist es dorthin auch nur ein Katzensprung.
Ist dafür keine Zeit, so kann man zumindest neue Reiseziele in Europa in Erfahrung bringen. Reiseaussteller an vertraute – Slowenien, Dänemark, Irland – als auch weniger bekannte Ziele in Europa – Polen, Rumänien, Frankreich – verlocken mit attraktiven Angeboten. Warum vielleicht nicht einmal breitgetrampelte Pfade des Fliegenfischer Tourismus verlassen. Und die Sahnestücke des Angeltourismus erfahren in Form von Filmen Aufmerksamkeit, sodass man am liebsten auf der Stelle die Urlaubsplanung bei Familie und Arbeitgeber einreichen möchte.
Die Veranstalter der Messe verstehen sich neben ihrer Tätigkeit als Ausrichter, Händler und Hersteller ebenfalls als Teil einer fragilen und schutzbedürftigen Umwelt. Wofür Gerät und Ausrüstung herstellen und verkaufen, wenn die Möglichkeiten zum Einsatz im unmittelbaren Umfeld immer mehr eingeschränkt werden. Immer wieder sanft zu betonen, dass jedem Fliegenfischer eine tragende Rolle bei der Instandhaltung eines ökologischen Gleichgewichts zukommt, darf somit nicht vernachlässigt werden. Infostände und Vorträge zum Schutz von Fischarten und Ökosystemen können der Anlass sein Fördermitgliedschaften einzugehen. Vielleicht geben diese sogar den Impuls, selbst Initiativen ins Leben zu rufen, deren Wirksamkeit vielleicht erst in vielen Jahren zum Tragen kommt. Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt.
5. Ambiente – familiär, historisch, international
Nicht zuletzt punktet die EWF mit einer Örtlichkeit und einem Umfeld, womit herkömmliche Messegelände nicht mithalten können. Egal wo, ob an den zwei Castingpools im Schatten der Klosterkirche Fürstenfeldbruck, oder den Messeständen und Seminarräumen im ehemaligen Ökonomietrakt des Klosters: Besuchern und Akteuren liest man die Freude am Dabeisein an den Gesichtern ab. Ausnahmlos offen zeigten sich Letztere und ein kurzes “Hi” reichte, um mit Legenden des Sports aus Übersee oder Zuhause ins Gespräch zu kommen und sich abbilden zu lassen.
Den beiden Damen des vierköpfigen Veranstalterteams ist es wahrscheinlich zu einem gehörigen Teil zu verdanken, dass sich die EWF seit Jahren dafür einsetzt, mehr Frauen für das Fliegenfischen zu interessieren. Lehrprogramme und Workshops von Frauen für Frauen stehen somit selbsverständlich auf dem Programm.
Wie auch das Wecken der Leidenschaft für das Hobby unter Kindern. Wurfkurs und Bindeecken bemannt und befraut von namhaften Experten, sorgen für das Fortbestehen des Interesses am Fliegenfischen durch eine Generation, dessen Teilnahme an Frischluftaktivitäten nicht mehr als Selbstverständlichkeit angesehen werden darf.
Trotz der relativen Größe scheint es der EWF zu gelingen, unter allen Beteiligten ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu vermitteln und sich vordergründig als Teil eines einzigen familiären Umfeld zu verstehen. Während der zwei Tage hatte ich viele Menschen kennen gelernt, hatte viel geschnackt und gelacht, und rundum in eine Menge frohe Gesichter gesehen. Mein Jahreskalender wird nun auch um eine fixe Anlaufstelle erweitert.
6. Lerne die Macher von Forelle & Äsche kennen
Hätte mir jemand bei meinem Erstbesuch der EWF in 2015 mitgeteilt, dass ich drei Jahre später mit einem Stand vertreten sein werde, wäre die Frage was ich denn ausstellen wolle nicht abwegig gewesen. Seit damals kann ich mich jedoch daran erfreuen, in der Zwischenzeit drei viel beachtete Bücher veröffentlicht zu haben, und Dutzenden Leuten eine spannende Zeit beim Fliegenfischen in Nordengland ermöglicht zu haben.
Beide Tätigkeitsfelder – Forelle & Äsche Verlag sowie Forelle & Äsche Reisen – sind Konzepte mit Potential, die es verdienen weiteren Interessenten vorgestellt zu werden. Doch wenn ihr eines oder mehrere der Bücher meines Verlags bereits besitzt, oder sogar eine Reise nach Nordengland angetreten habt, kommt trotzdem vorbei und sagt ‘Hallo’. Mich freut es immer wieder neue Gesichter kennenzulernen.
“Kein Mensch ist eine Insel” heißt es, also komme ich in Begleitung. Am Stand in der Tenne (TOG 28) wird der Gestalter unseres Buches Veit Dresmann anwesend sein und Michael Wenzel wird sich beim Binden semi-realistischer Oliver Edwards Nymphen zusehen lassen. Der ‘Nymphenfischen’ Mitautor Alexander Keus wird am Samstag 14.4. von 14:15 – 15:00 einen Vortrag halten und Mitautor Sven Ostermann wird sich das ganze Wochenende auf der Fliegenbinder Hauptbühne im Stadtsaal austoben.
Wenn das mal keine Gründe sind, sich kurzfristig für einen Besuch der EWF zu entscheiden.
Herzlichen Dank an SCALE-Magazine für die Nutzung der Fotos.
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